Читать книгу Schwertmagier - Jennifer Roberson - Страница 6

PROLOG

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Es gibt Dinge im Leben, die man einfach weiß, ohne daß man viel darüber nachdenken muß.

Wie es zum Beispiel jetzt der Fall war.

Ich richtete mich in der Dunkelheit taumelnd auf, stolperte zwei Schritte durch Felsen, landete schmerzhaft auf den Knien.

»O Hoolies«, murmelte ich.

Prompt entledigte ich mich meines Abendessens.

Wenn überhaupt von Abendessen die Rede sein konnte. Del und ich hatten am Abend zuvor kaum Gelegenheit gehabt, eine angemessene Mahlzeit zu uns zu nehmen, da wir zu müde, zu unruhig, zu angespannt waren. Und auch zu benommen, was mich betrifft.

Um mich herum stiegen lautlos Insekten herab. Die einzigen Geräusche, die ich hörte, waren das Scharren von beschlagenen Pferdehufen – mein kastanienbrauner Hengst und Dels Schecke waren nur wenige Schritte entfernt angepflockt – und meine eigenen, eher unwürdigen Laute, die halb Schluckauf, halb Aufstoßen und ganz und gar kein Ausdruck guter Laune waren.

Hinter mir erklangen eine verschlafene Stimme und das Knirschen von Kieselsteinen und körnigem Sand, ausgelöst von einem sich bewegenden Körper. »Tiger?«

Ich kauerte auf den Knien, schwitzend und frierend und elend. Mein Kopf schmerzte zu sehr, um in Worten zu antworten, und so vollführte ich eine kraftlose, abwehrende Handbewegung, durchschnitt die Luft zwischen uns und hoffte, daß es genügte. Natürlich genügte es nicht. Bei ihr genügt niemals etwas.

Die Schläfrigkeit schwand. Sie verschwendet wenig Zeit aufs Aufwachen. »Bist du in Ordnung?«

Meine Haltung war unmißverständlich. »Ich bete«, murmelte ich säuerlich und wischte mir den Mund an einem Burnusärmel ab. Er war bereits scheußlich verschmutzt. »Kannst du das nicht sehen?« Erneut knirschte Sand. Sie warf von hinten eine Bota in meine Richtung, die neben mir landete. Das schwappende Aufschlagen von Leder auf Fels klang laut in der Fahlheit des ersten Lichts. Der Hengst schnaubte protestierend. »Hier«, sagte Del. »Wasser. Ich werde das Kheshi aufwärmen.«

Mein Magen rebellierte bei dem Gedanken. Jetzt war ich mit einem Protest an der Reihe. »Hoolies, Bascha – Kheshi ist das letzte, was ich brauche!«

»Du mußt etwas in den Bauch bekommen, sonst spuckst du dir den ganzen Tag die Seele aus dem Leib.«

Eine feine Art, den Morgen zu beginnen. Verdrießlich, vorsichtig, griff ich hinab und nahm den Riemen der Bota auf, wobei ich mein Gewicht verlagerte, um die schmerzenden Knie zu entlasten. Ich war innerlich und äußerlich steif und wund von den Anstrengungen des Schwerttanzes.

Nun, nein, es war kein richtiger Schwerttanz gewesen. Eher ein Schwertkampf, was eine völlig andere Sache mit völlig anderen Regeln ist. Noch besser, ein Schwertkrieg. Del und ich hatten den Kampf gewonnen, unterstützt durch Glück, Freunde und Magie – nicht zu vergessen die allgemeine Verwirrung –, aber die Feindseligkeiten waren noch nicht beendet.

Ich erwog kurz, mich zu erheben, überdachte dann den Zustand meines Kopfes und Bauches und beschloß, nah am Boden zu bleiben, in Bethaltung, ungeachtet meiner wahren Absichten, da dies eine durchaus nützliche Haltung war.

Gegen meine erneut aufkommenden Kopfschmerzen anblinzelnd, entkorkte ich die Bota, trank ein wenig und entdeckte, daß Hammer und Amboß überhaupt nicht leiser wurden, wenn ich den Kopf nach hinten neigte. Mit großer Sorgfalt richtete ich den Kopf wieder auf und spähte in den fahlen Morgen, konzentrierte mich starr auf verblassende Sterne, um mich von dem Unbehagen in meinem angegriffenen Schädel und Bauch abzulenken.

Während ich dies tat, erkannte ich, daß noch etwas anderes entleert zu werden wünschte.

Was bedeutete, daß ich ohnehin aufstehen mußte, wenn auch nur, um einen Busch zu finden.

Hoolies, das Leben war viel einfacher gewesen, bevor ich mich mit einer Frau zusammengetan hatte.

»Tiger?«

Ich zuckte zusammen und wünschte dann, ich hätte es nicht getan. Sogar das Blinzeln verursachte meinem Kopf Schmerzen. »Was ist?« »Wir können nicht hierbleiben. Wir werden weiterreiten müssen.« Ich brummte, dachte statt dessen über Möglichkeiten nach, meine Kopfschmerzen loszuwerden. Vielleicht würde es helfen, Aqivi zu trinken, aber leider hatten wir keinen. »Kann schon sein«, stimmte ich halbherzig zu. »Aber eins nach dem anderen. Bascha. So sollten wir zum Beispiel erst einmal herausfinden, ob ich laufen kann.«

»Du brauchst nicht zu laufen. Du mußt reiten.« Sie hielt inne: kunstvolle, sarkastische Besorgtheit. »Glaubst du, daß du reiten kannst, Tiger?«

Ich wandte ihr weiterhin den Rücken zu, so daß sie meinen in die Dämmerung hinein ausgestoßenen Fluch nicht bemerkte. »Ich werde es schaffen.«

Sie beschloß, meine Ironie zu übergehen. »Du wirst es bald schaffen müssen. Bestimmt sind die hinter uns her.«

Ja, das stimmte. Es würden zehn und zwanzig sein, vielleicht sogar hundert.

Die Sonne kroch allmählich über die Schwertklinge des Horizonts. Ich blinzelte gegen das Licht an. »Vielleicht sollte ich beten«, murmelte ich. »Bin ich nicht der Jhihadi?«

Del grunzte skeptisch. »Du bist kein Messias, egal wie du die Tatsache deutest, daß Jamail auf dich gezeigt hat.«

Verletzte Unschuld: »Aber ich habe bei meinem Schwert geschworen.«

Sie formulierte etwas Knappes, sehr Kurzes in nordischer Sprache, die ihre Muttersprache ist und in der man genauso leicht fluchen kann wie in meiner südlichen Sprache.

»Ha«, sagte sie dann höflicher. »Du vergißt, Tiger – ich weiß es besser. Ich kenne dich. Du bist ein Mann, dem man einen Tritt an den Kopf verpaßt hat –und der sich noch obendrein betrunken hat.«

Nun, der erste Teil stimmte: Man hatte mir einen Tritt an den Kopf verpaßt, und zwar, was die größte Schmach bedeutete, hatte mein eigenes Pferd das getan. Aber der zweite Teil stimmte nicht. »Ich bin nicht betrunken.«

»Du warst es gestern. Und letzte Nacht.«

»Das war gestern – und letzte Nacht. Und das meiste davon kam durch den Tritt an den Kopf ... außerdem kann ich nicht erkennen, daß es mich davon abgehalten hätte, dich zu retten.«

»Du hast mich nicht gerettet.«

»O nein?« Mit ungeheurer Anstrengung erhob ich mich von einer knienden in eine stehende Haltung und wandte mich langsam zu ihr um. Die Bewegung schmerzte wie die Hoolies. Süßlich fragte ich: »Und wer war es, der eine ärgerliche Menschenmenge zurückgehalten hat, die dich in Stücke reißen wollte, weil du den Jhihadi getötet hast?«

Dels Tonfall klang überraschenderweise völlig nüchtern. »Es war nicht der Jhihadi. Es war Ajani. Ein Bandit. Ein Mörder. Ein Schänder.« Sie schaute durch dünnen Rauch, der von der Handvoll Kohlen, die sich als Feuer aufspielten, aufwärts zog. Klumpiges, knochengraues Kheshi tropfte aus einer beschädigten Schale, als Del diese großzügig füllte und mir hinhielt. »Frühstück ist fertig.«

Der Hengst wählte genau diesen Moment, um den Boden zu überfluten. Was mich an etwas erinnerte.

»Warte ... «, platzte ich eifrig heraus und stolperte zum nächstgelegenen Busch davon, um den Göttern meinen Tribut zu zollen.

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