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EINS

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Ich stellte den Fuß in den Steigbügel, während ich die Zügel und den Sattelknauf ergriff – und rührte mich dann nicht mehr. Irgendwie hing ich, das Gewicht ungleichmäßig auf wunde Beine verteilt, die schmerzhaft zwischen dem Steigbügel und dem Boden ausgestreckt waren. Da der Steigbügel am Sattel befestigt war – der wiederum auf einem Pferd festgezurrt war, wie kurzzeitig auch immer –, erkannte ich, daß es nicht die vorteilhafteste Position war, wenn das Pferd sich bewegen sollte. Aber im Moment war ich zu Besserem nicht fähig.

»Uff«, bemerkte ich. »Wessen Idee war das?«

Der Hengst schwang den Kopf herum und betrachtete mich nachdenklich mit einem dunklen Auge, durch nichts Wahrnehmbares vieles versprechend. Aber ich konnte ihn verstehen.

Ich zeigte ihm eine Faust. »Lieber nicht, Cumfaköder.«

Del sagte von ihrem Schecken aus ziemlich schroff: »Tiger!«

»Oh, beruhige dich.« Mit einer Aufwärtsbewegung, die weder meinen Kopfschmerzen noch der Auflehnung meines Magens gerecht wurde, schwang ich mich auf den Pferderücken. »Natürlich hätte ich von dir nicht erwartet, daß du dich nicht beruhigst.« Ich warf ihr einen wütenden, gehässigen Seitenblick zu, der, wie ich tief im Innern wußte, nur ein Schatten dessen war, was hervorzubringen ich sonst imstande bin. Aber ein zerschlagener Körper und zuviel Alkohol – und ein Tritt an den Kopf – hemmten meine Ausdruckskraft.

Eine helle Augenbraue wurde hochgezogen. »Letzte Nacht hast du etwas anderes gesagt.«

»Letzte Nacht hatte ich Kopfschmerzen.« Ich nahm die losen Zügel auf, während ich meinen Körper auf dem Lederhügel einrichtete, den manche Leute einen Sattel nennen. »Ich habe noch immer Kopfschmerzen.«

Del nickte. »Das passiert einem Mann häufig, der sich für eine angesehene Persönlichkeit hält. Der Kopf schwillt an ...« Sie vollführte eine müßige, aber vielsagende Geste.

»Das ist ein Panjandrum. Ich habe niemals behauptet, ein Panjandrum zu sein – obwohl ich vermutlich eines bin, da ich der Sandtiger bin.« Ich rieb meine sandigen, von der Sonne angegriffenen Augen. »Nein, ich bin ein Jhihadi. Sogar das Orakel sagt das.« Ich zeigte erneut die Zähne. »Willst du deinen Bruder als Lügner bezeichnen?«

Sie sah mich fest an. »Vor dem gestrigen Tag hätte ich meinen Bruder als tot bezeichnet. Du hattest mir gesagt, er sei es.«

Ich öffnete den Mund, um erneut ausführlich zu erklären, daß der Vashni mir gesagt hatte, Jamail wäre tot. Ich hatte keinen Grund, dem Krieger nicht zu glauben, da der Stamm es mit der Ehre sehr genau nimmt. Es ist nicht die Art der Vashni, Lügen zu verbreiten, so daß kein vernünftiger Mensch so etwas auch nur in Erwägung zöge. Ich hatte es gewiß nicht getan. Und ich hatte es auch nicht geglaubt.

Nein, Dels Bruder war nicht tot, egal, was der Vashni mir erzählt hatte. Denn Jamail – der totgeglaubte, stumme Jamail – hatte über eine wirre Menschenmenge inmitten eines wilden Schwertkampfes zwischen seiner älteren Schwester und dem Mann, der seine Familie ermordet hatte, hinweggedeutet – und mich zum Messias erklärt.

Mich, nicht Ajani, der große Mühen auf sich genommen hatte, um jedermann davon zu überzeugen, daß er der Jhihadi sei. Obwohl niemand, einschließlich Del (noch immer), glaubte, daß Jamail auf mich gedeutet hatte.

Was ein wenig mit unserer gegenwärtigen mißlichen Lage zu tun hatte.

Ich schaute leicht verschwommen ostwärts an Del vorbei und hob eine Hand, um mich gegen den Glanz der Sonne abzuschirmen. »Ist das Staub?«

Sie schaute hin. Sie blinzelte, genau wie ich, hob eine abgeflachte Handfläche. Sie bildete eine dunklere Silhouette vor dem neuen Tag: ein Viertelprofil, überwiegend helles Haar. Eine Schulter, ein Ellbogen, die Rundung einer Hüfte und die Linie des Oberschenkels unter der Seide des Südens.

Und das in der Scheide steckende Schwert, diagonal über ihren Rücken gebunden, wobei ein gebieterisches Heft über eine muskulöse Schulter hinausragte.

»Aus Iskandar«, sagte sie ruhig aus dem gazeartigen Dunst heraus. »Ich würde keine Kupfermünze für die Wette verschwenden, daß es etwas anderes sein könnte.«

Was eine Entscheidung unumgänglich machte.

»Nördlich über die Grenze in dein Gebiet«, schlug ich vor, »aber wenn man deine Verbannung bedenkt, ist das keine gute Lösung ...«

»... oder südlich«, warf sie ein, »wieder in die Punja, in dein Gebiet, was sicherlich für uns beide den Tod bedeutet, wenn wir ihm die Gelegenheit dazu geben.«

»Andererseits«, fuhr ich fort, »ist da noch Harquhal. Einen halben Tag vielleicht ...«

»... wo sie sicherlich hinkommen werden, sie alle, da sie wissen, daß es der einzige Ort ist, wo man Vorräte kaufen kann, und auch wissen, daß wir nicht mehr viel übrighaben.«

Das war die Wahrheit. Unser plötzlicher und unerwarteter Aufbruch – oder noch besser, unsere Flucht – aus Iskandar hatte uns wenig Zeit gelassen, unsere Pferde zu beladen. Dank einem Freund besaßen wir jeder zwei Satteltaschen, aber die Nahrung war begrenzt, desgleichen der Wasservorrat, und Wasser war unverzichtbar, wenn wir die Punja durchqueren wollten. Obwohl ich viele Oasen, Zisternen und Ansiedlungen kannte – ich war in der Punja aufgewachsen –, ist die Wüste eine launische und unversöhnliche Bestie. Das einzig Sichere ist der Tod, wenn man das Spiel nicht richtig spielt.

Zusammen mit beißendem Sand stieß ich einen kurzen Fluch aus, während ich vielsagend die Zügel anhob und die Aufmerksamkeit des Hengstes auf mich zog. »Anscheinend haben wir keine große Wahl. Es sei denn, du kannst uns mit deinem Schwert hier herauszaubern.«

»Nicht mehr als du mit deinem«, antwortete sie ernst. Aber das Glitzern in den blauen Augen war deutlich sichtbar.

Die Waffe in meinem Harnisch wog plötzlich zehnmal soviel, einfach durch ihre Erwähnung. Und durch das, was ihre Erwähnung beinhaltete.

»Du weißt zufällig, wie man einen wunderschönen Morgen verdirbt«, murmelte ich und wandte den Hengst um.

»Und du weißt, wie man eine wunderschöne Nacht verdirbt.« Del wandte ihren Schecken auf Harquhal zu, das einen halben Tagesritt von der Grenze entfernt lag. »Wenn du den Mund schließen würdest, wäre dein Schnarchen vielleicht nicht mehr so schlimm.«

Ich machte mir nicht die Mühe zu antworten. Das Donnern der Hufe des Hengstes übertönte alles, was ich vielleicht hätte sagen können.

Das Donnern in meinem Schädel übertönte den Wunsch, es auch nur zu versuchen.

Wir hatten nicht viel getan, Del und ich. Nicht wenn man wirklich darüber nachdenkt. Wir waren nur durch die Punja gen Süden gezogen und hatten einen vermißten Bruder gesucht, der von südlichen Sklavenhändlern entführt worden war. Nach Julah, der Stadt am Meer, wo wir, ohne eine Wahl zu haben, einen Tanzeer getötet hatten. Diese Art Vergehen wird mit dem Tode bestraft, wie es auch zu erwarten ist, wenn man einen mächtigen Wüstenprinzen tötet. Aber Del und ich waren sicher aus Julah und von dem gerade erst ermordeten Tanzeer entkommen. Und waren am Meer entlang in die Berge gezogen, wo wir den Vashni begegnet waren. Jenem Stamm also, der ihren Bruder festhielt.

Nur daß er nicht wirklich festgehalten wurde. Nicht mehr. Stumm und entmannt, hatte er es dennoch geschafft, sich sein Leben einzurichten. Dels Rettungspläne wurden von Jamail selbst durchkreuzt, der eindeutig nicht den Wunsch hatte, den Stamm zu verlassen, nachdem dieser ihn aus seinem Leben als Sklave befreit hatte. Obwohl er nicht eigentlich ein Vashni war – sie empfinden keine freundschaftlichen Gefühle gegenüber einem Mischling, noch dazu wenn er ein Fremder ist –, eignete er sich nicht als Opfer. Er hatte sich seinen Platz erobert.

Also hatten wir ihn zurückgelassen und waren nach Norden geritten, über die Grenze in Dels Heimat. Dort brachte sie mich nach Staal-Ysta, der Insel im schwarzen Wasser, und trat mich als Pfand für ihre Tochter ab.

Nun, es war nicht ganz so, kam aber der Wahrheit nahe. Nahe genug, um mich erkennen zu lassen, wie zielstrebig sie sein konnte, so zielstrebig, daß nichts sonst auf der Welt mehr wichtig war, nur die Aufgabe, die sie sich selbst gestellt hatte: Ajani zu finden und zu töten, den Mann, der ihre Familie ermordet, ein fünfzehnjähriges Mädchen geschändet und einen zehnjährigen Jungen in die südliche Sklaverei verkauft hatte.

Um Rjani finden zu können, mußte sie von der Blutschuld frei werden, die sie dem Ort der Schwerter schuldete, hoch in den nordischen Bergen, wo sie ihre kleine Tochter zurückgelassen hatte, um den Vater dieser Tochter zu finden und zu töten. Und wo sie letztendlich, ohne daß ich etwas davon wußte, meine Dienste angeboten hatte, um einen Teil ihrer Blutschuld zu bezahlen.

Meine Dienste ... ohne mich auch nur zu fragen.

Ich habe immer gewußt, daß Frauen zu fast allem fähig sind, was sie sich in den Kopf gesetzt haben, wenn sie sich erst einmal dazu entschlossen haben. Zu dieser Entscheidung zu gelangen, ist nicht immer einfach oder auch nur logisch, aber letztendlich gelangen sie dorthin. Und wenn sie gedrängt werden, machen sie notwendige Versprechungen, egal um welchen Preis.

In Dels Fall war ich der Preis. Und beinahe unser beider Tod. Oh, wir haben überlebt. Aber erst als ich mir ein nordisches Schwert besorgt hatte, ein magisches Jivatma, das genauso gefährlich war wie Dels Waffe – nur daß ich nicht wußte, wie man es stimmte, und beinahe hätte es mich gestimmt.

Und dann war da natürlich noch dieser dreimal verfluchte Drache gewesen, der überhaupt kein Drache war, und der Magier namens Chosa Dei.

Ein Mann, der kein Mann mehr ist. Vermutlich würde man ihn als einen Geist bezeichnen, der jetzt in meinem Schwert lebte. Vor mir wandte sich Del in vollem Galopp im Sattel um. Ein pferdegeborener Wind schnappte nach weißblonden Locken, zog sie aus dem Burnus frei: Helle, prächtige Seide, als Haar verkleidet ... und das makellose Gesicht, das davon umgeben war, wandte sich jetzt mir zu.

Es ist mir niemals gelungen, nicht über ihre Schönheit zu staunen, nicht ein einziges Mal.

»Beeil dich«, sagte sie.

Natürlich, da ist noch ihr Mund.

»Eines Tages«, murmelte ich, »werde ich dich festnageln – mich auf dich setzen, wenn es sein muß – und soviel Wein diese sanfte, selbstgerechte Kehle hinabgießen, wie ich kaufen kann, damit du wissen wirst, wie sich mein Kopf anfühlt.«

Ich sagte es nicht laut genug, daß sie es hören konnte. Aber natürlich hatte sie es doch gehört.

»Selbst ein Narr würde sich nicht betrinken, nachdem er einen Tritt an den Kopf bekommen hat«, bemerkte sie über den Lärm unserer Pferde hinweg. »Was bringt dir das also?«

Ich bewegte mich im Sattel, fand eine bequemere Stellung auf dem buckelnden Rückgrat meines galoppierenden Pferdes. »Du hast mich im Stich gelassen«, erinnerte ich sie mit erhobener Stimme. »Du hast mich dort am Boden mit meinem angeschlagenen, blutigen Kopf einfach liegenlassen. Wenn du geblieben wärst, hätte ich wahrscheinlich nichts getrunken.«

»Oh, also war es mein Fehler.«

»Statt dessen bist du davongestürzt, um Abbu Bensir zu bekämpfen – mein Tanz, wie ich bemerken möchte ....«

»Du warst nicht in der Verfassung, zu tanzen.«

»Das ist ein anderes Thema ...«

»Das ist das Thema.« Del zügelte ihren Schecken, führte ihn um eine kleine Ansammlung von Felsen herum, strich sich dann das Haar aus dem Gesicht und wandte sich erneut zu mir um. »Ich habe deinen Platz im Kreis eingenommen, weil jemand es tun mußte. Du warst verdingt worden, gegen Abbu zu tanzen ... hätte ich deinen Platz nicht eingenommen, wäre der Tanz verwirkt gewesen. Willst du über die Konsequenzen nachdenken?«

Wohl kaum. Ich kannte sie. Der Tanz war mehr als nur ein Schwerttanz: Er war eine verbindliche Entscheidung zwischen zwei Tanzeerparteien, mächtige, unbarmherzige Alleinherrscher, die den Süden, wann immer es möglich war, in kleine Stücke unter sich aufteilten und die Überreste als Belohnungen verteilten.

Eine Belohnung war mir versprochen worden, wenn ich siegen würde. Aber ich hatte nicht gesiegt, weil mir der Hengst an den Kopf getreten und Alric mich betrunken gemacht hatte.

Mein Magen schwebte, wie ich unglücklich feststellte, irgendwo in der Nähe meines Brustbeins, schüttelte sich und rüttelte sich und preßte sich in meinem Brustkorb zusammen. Die Knie, die durch verkürzte Steigbügel gebeugt waren, erinnerten mich, wann immer es möglich war, daß ich älter wurde und an Beweglichkeit verlor. Und dann war da mein Kopf, der unerwähnt bleiben soll, damit er nicht auf dumme Gedanken kommt.

Hoolies, diese Art Probleme genügen, um einen Mann außer Gefecht zu setzen. Sie können ihn ziemlich kraß daran erinnern, daß es bessere Möglichkeiten als diese gibt, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Aber ich kenne keine.

Der Fehltritt des Hengstes drohte einen Teil meines Körpers, den ich ziemlich mochte, umzuordnen. Ich stieß einen Fluch aus, hob mein Gewicht vom Sattel an und dachte eher sehnsüchtig an andere, fleischliche Sättel.

»Du fällst zurück«, sagte sie.

»Warte nur«, murmelte ich. »Einst wird der Tag kommen ...«

»Das glaube ich nicht«, sagte Del und beugte sich tiefer über ihren Schecken.

Harquhal ist ... nun, Harquhal. Eine Grenzsiedlung. Die Art Stadt, die niemand wirklich bauen will, sondern die ohne jegliche Planung zufällig entstehen.

Oh, sie genügte, aber sie war nicht die Art Stadt, in der ich eine Familie gründen wollte.

Andererseits hatte ich weder eine Familie noch die Absicht, eine zu gründen, was bedeutete, daß die Art Stadt, zu der Harquhal gehörte, gut genug für mich war.

Del und ich ritten im verhaltenen Trab auf die Stadt zu, hatten den Galoppschritt schon vor einiger Zeit aufgegeben, und verfielen schließlich in Schritt, als wir uns der von einer Mauer umgebenen Stadt näherten. Der Hengst, der über einen angemessenen Galoppschritt und einen weichen, gleichmäßigen Schrittschritt verfügt, kann ganz entschieden nicht besonders gut traben. Er ist einfach nicht dafür gebaut, genauso wie ich nicht für niedrige Eingänge und kurze Betten gebaut bin.

Ein verhaltener Trab, von einem Pferd ausgeführt; das diese Gangart nicht annähernd weich zustande bringt, grenzt an Marter. Besonders, wenn man ein Mann ist. Besonders, wenn man ein Mann ist, dessen Kopf von Aqivi und dem Tritt des Pferdes, das er reitet, beeinträchtigt wurde.

Warum also überhaupt traben? Weil ich Del einen Vorteil überlassen hätte, wenn ich in Schritt verfallen wäre, aber ich vermute, es war nicht wirklich ein Vorteil, da wir eigentlich kein Wettrennen veranstalteten. Aber sie kann manchmal so verflucht gönnerhaft sein ... besonders wenn sie glaubt, daß ich mich irre oder etwas Dummes getan habe. Ich denke, es hat tatsächlich Situationen gegeben, in denen ich mich geirrt oder in denen ich mich so verhalten habe, daß man an meiner Intelligenz Zweifel hegen konnte, aber diese gehörte nicht dazu. Es war nicht mein Fehler gewesen, daß mich der Hengst getreten hatte. Und auch nicht meine Entscheidung, soviel Aqivi zu trinken. Und überhaupt, ich hatte es doch geschafft, sie zu retten.

Egal, was sie sagte.

Wir erreichten den ersten Abschnitt der Mauer aus Adobeziegeln, die Harquhal umgab. Ich parierte den Hengst zum Schritt durch und murmelte Verwünschungen, als er den Hauptteil des Gangartwechsels auf die Vorderbeine verlagerte, anstatt ihn auf seinen ganzen Körper zu verteilen. Das zwang mich dazu, mich aufzusetzen und gut auf mich aufzupassen.

Del warf mir einen Blick über die Schulter zu. »Wir sollten nicht lange bleiben. Nur um Vorräte einzukaufen ...«

»... und etwas zu trinken«, fügte ich an. »Hoolies, ich brauche einen guten Schluck.«

Gewissenhaft eröffnete sie den Tanz mit Worten, auf diese eiskalte Art, die sie um drei Jahrzehnte älter wirken läßt. »Wir werden keine Zeit mit solchen Dingen wie Wein oder Aqivi verschwenden ...«

Ich parierte den Hengst neben ihrem Schecken durch, verhakte ein Knie genau unter der inneren Beuge des ihren. Dies ist eine Technik, die, wenn man sie völlig beherrscht, einen Feind vom Pferd werfen kann. Und obwohl Del und ich nicht wirklich Feinde waren, waren wir zeitweise doch nah daran. »Wenn ich nichts zu trinken bekomme, werde ich den Tag nicht überstehen. In diesem Fall ist die medizinische ... Hoolies, Bascha, hast du niemals etwas davon gehört, daß man einen Hund zurückbeißen soll?«

Del befreite ihr Bein, indem sie den Schecken seitwärts führte. Sie schaute erstaunlich verwirrt drein. »Einen Hund zurückbeißen? Welchen Hund? Du wurdest nicht gebissen. Du wurdest getreten

»Nein, nein, so ist das nicht gemeint.« Ich rieb über mein stoppeliges, schmutziges Gesicht. »Es ist ein im Süden gebräuchliches Sprichwort. Es hat damit zu tun, daß man zuviel zu trinken hat. Wenn man eine Ahnung hat, was einen krank gemacht hat, dann fühlt man sich schon besser.«

Blonde Brauen wurden zusammengezogen. »Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Wenn dich etwas krank macht, wie kann es dann bewirken, daß du dich besser fühlst?«

Ein Gedanke kam mir in den Sinn. Ich betrachtete sie nachdenklich. »Die ganze Zeit, seit ich dich kenne, habe ich dich niemals betrunken erlebt.«

»Natürlich nicht.«

»Aber du trinkst. Ich habe dich trinken sehen, Bascha.«

Ihre Stimme war sehr ausdrucksvoll. »Man kann trinken, ohne betrunken zu werden. Wenn man Zurückhaltung übt ...«

»Zurückhaltung ist nicht immer erstrebenswert«, erklärte ich. »Warum soll man Zurückhaltung üben, wenn man betrunken werden will

»Aber warum betrinkt man sich überhaupt?«

»Weil man sich dann gut fühlt.«

Sie furchte die Stirn. »Aber du hast gerade eben gesagt, daß geistige Getränke einen krank machen können. So krank, wie du heute morgen warst.«

»Ja, nun ... das war etwas anderes.« Ich runzelte die Stirn. »Geistige Getränke, wie du sie nennst, sind nicht geeignet, wenn man gerade einen Tritt an den Kopf bekommen hat.«

»Es ist niemals gut, so viel zu trinken, Tiger. Besonders für einen Schwerttänzer.« Sie strich sich eine Haarsträhne zurück. »Das habe ich in Staal-Ysta gelernt: Überantworte deinen Willen oder dein Können niemals starken geistigen Getränken, oder du verlierst vielleicht gegen dich selbst.«

Ich kratzte müßig an meinen Sandtigernarben. »Ich verliere nicht oft, weder mit starken geistigen Getränken noch ohne. Tatsächlich habe ich niemals verloren, wenn es darauf ankam ...«

Dels Tonfall klang gleichmütig, als sie mich unterbrach. »Weil wir beide niemals ernsthaft gegeneinander getanzt haben.«

Dieser Gegenschlag war zu einfach. »Oh, aber gewiß haben wir das getan, Bascha. Wir wurden fast dabei getötet.«

Das brachte sie vollkommen zum Verstummen, was ich auch beabsichtigt hatte. So gewinnt man einen Tanz: indem man den Schwachpunkt findet und ihn dann nutzt. Das ist eine Strategie, die man sogar auf das Leben außerhalb des Kreises übertragen kann, in jeder Hinsicht. Del wußte das sehr gut. Del wußte, wie man das machte. Del wußte, wie man siegt.

Aber dieses Mal siegte sie nicht.

Und dieses Mal wußte sie, daß sie nicht siegen könnte.

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