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EINE LEBENSRETTENDE ENTSCHEIDUNG

Newtons Gesetze von Kraft und Bewegung taten ihr Übriges, dass das rasende Auto die zweite Kurve nicht schaffte. Der Hyundai kam unkontrolliert ins Schleudern, rotierte heftig und rammte mit der Hinterseite mit voller Wucht eine alte Weißeiche. Der ausgeblichene Kofferraum und die rostigen Kotflügel wurden zusammengedrückt wie die platten Dosen, die Mary kurz zuvor aus dem Kofferraum geworfen hatte. Die Scheiben zerbarsten in Tausende winzige Scherben wie kleine Diamanten. Die Türen wurden verbogen und sprangen auf und Mary flog ungesichert wie von einer Schleuder katapultiert nach draußen. Die mächtige Eiche stand unbeschadet mitten in den zerbeulten Blechtrümmern. Zischende Geräusche verklangen in der Stille.

Hilfe nahte in Form eines Autofahrers, der noch außer Sichtweite und anderthalb Kilometer entfernt war. Als der schockierte Unfallhelfer den Horrorschauplatz erreichte, fand er Mary reglos auf der Erde, ihren Kopf in einer anschwellenden Blutlache. William saß sicher angeschnallt hinter dem Lenkrad, benommen, aber nicht ernsthaft verletzt. Blut rann ihm am Kinn herunter, weil er sich am Lenkrad die Lippe aufgeschlagen hatte.

Marys Leben hing an einem seidenen Faden, als der Autofahrer auf seinem Motorola-Handy hektisch den Notarzt rief. Innerhalb einer Viertelstunde war ein Rettungswagen aus dem nahe gelegenen Columbia vor Ort und stellte gleich fest, dass Mary ein schweres Schädeltrauma erlitten hatte und dringend intensivmedizinische Hilfe brauchte. William wurde ins Kreiskrankenhaus gebracht, wo er behandelt und mit kleineren Verletzungen wieder entlassen wurde. Mary wurde in die Vanderbilt-Uniklinik geflogen, wo sie ein Krankenhaus von Weltrang und hochausgebildete Spezialisten empfingen. Das erfahrene Trauma-Team der Hubschrauberbesatzung stabilisierte sie für den 23-minütigen Flug zum Helikopterlandeplatz des Krankenhauses.

Die Familienangehörigen wurden informiert und beide Mütter eilten mit William zur Vanderbilt-Klinik in der Innenstadt von Nashville. Die Ärzte machten Marys Familie kaum Hoffnung, dass sie die Nacht überleben würde. Ein einfühlsamer Arzt kümmerte sich um die schockierte Familie und bereitete sie auf das Schlimmste vor. Reaktionen des Gehirns waren kaum mehr vorhanden, und ohne die immense Anzahl medizinischer Geräte um sie herum, die Leben in ihren Körper pumpten, wäre sie bereits tot gewesen. Da durch Marys schwere Kopfverletzungen praktisch keine Hoffnung blieb, dass sie überlebte, lenkte der Arzt den Blick der Familie behutsam auf den ungeborenen und noch immer lebensfähigen Fötus.

In einfachen Worten erklärte der Arzt, dass selbst ein Kind, das ohne einen Unfall drei Monate zu früh auf die Welt kommt, ungleich geringere Chancen hat. Zudem war zu befürchten, dass Syndrome, die auf Marys Alkoholkonsum zurückzuführen waren, und die mangelnde Vorsorge gegen die Gesundheit des Kindes sprachen. Ein zweiter Arzt gesellte sich hinzu und gemeinsam erläuterten sie viele denkbare Erkrankungen, die diesem Baby möglicherweise drohten. Die umfangreiche Liste umfasste eine mangelnde Entwicklung von Herz und Lungen, zudem Hirnschlag, Blindheit und Hirnschäden. Jeder Punkt bedeutete, dass das Kind sein Leben lang auf Hilfe angewiesen sein würde – vorausgesetzt es überlebte. Sie fügten hinzu, dass die Wahrscheinlichkeit gering war, dass das Kind länger als ein paar Tage leben würde. Trotz all dieser denkbaren Szenarien sah Marys mitgenommene Mutter den Ärzten verzweifelt in die Augen und wies sie an, alles zu unternehmen, um den Säugling zu retten.

Das auf neonatale Intensivmedizin spezialisierte Team bereitete den Kreißsaal fieberhaft für einen Notkaiserschnitt vor. Am Sonntagmorgen, dem 8. Juli 1990, um 6.01 Uhr, wurde der kleine Sohn von William Derryberry und Mary Davidson auf die Welt geholt. Zwei Stunden und 29 Minuten später schaltete man das lebenserhaltende Gerät ab, das Marys verwundeten und angeschwollenen Körper mit den letzten Überresten ihres Lebens verbunden hatte. Ihr Schädeltrauma und weitere innere Verletzungen waren zu schwerwiegend, als dass Hoffnung auf eine Genesung bestanden hätte. William streichelte ihre weiche, geschwollene Hand ein letztes Mal und schluchzte unkontrolliert bei Marys letztem Atemzug.

Auf demselben Flur klammerte sich ihr noch namenloser Sohn an sein eigenes, labiles Leben. Draußen erfüllten Kirchenglocken der Belmont United Methodistengemeinde die schwüle Luft dieses Julisonntags – ernste und doch fröhliche Klänge, die den Tod betrauerten und die Geburt feierten.

Der kleine Junge, der 13 Wochen zu früh zur Welt gekommen war und weniger als ein Kilo wog, rang um seinen ersten Atemzug. Für seinen erbitterten Kampf ums Leben hätte man ihn gut Rocky nennen können, aber nach drei Tagen bekam er den ersten Vornamen seines Vaters William. Sein Zweitname bestand aus den Anfangsbuchstaben der Zweitnamen seiner Eltern. Im Standesamt wurde er offiziell als »William HK Derryberry« registriert, aber anschließend einfach HK genannt.

Für immer beste Freunde

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