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Gemeinsam oder einsam
ОглавлениеZunächst einmal gilt: durch den Souverän legitimiertes staatliches Recht gilt vor Eigenrecht. Ein wichtiger Grundsatz, der nicht nur in unsrem Land sondern auch anderswo schon lange nicht mehr uneingeschränkt gilt. Die Aushöhlung begann mit Reichen und Politikern, die sich Sonderrechte kauften oder sicherten, die Gesetze so schreiben ließen, dass es nicht mehr für alle gut war, sondern für die Machthaber und Kapitalisten zuerst und am meisten. Dazu gibt es eine lange Geschichte der Unterdrückung, die vielleicht sogar mehr Leid und Tränen erzeugt hat als Kriege. Was Trump mit Amerika gerade macht, ist lange schon ein neo-kapitalistisches, ein feudal-herrschaftliches System: My Money first. Man hat über Ron Hubbard gelacht, ihn als Sektenführer kleinreden wollen und ihn gleichzeitig für die eigenen Zwecke hoffähig gemacht: Make money, make more money, make money make more money! Damit war der Anfang vom Ende gesetzt. Die Gier. Eine Haltung, die sich jeden Mittels bedient, das zum Erfolg für die eigenen Bedürfnisse und Wünsche führt.
Leider ist festzuhalten, dass dieser Virus auf der ganzen Welt grassiert, egal in welche Himmelsrichtung das Auge auch schweift. Aus meiner Sicht hat es zum Ersten wesentlich damit zu tun, dass man eine Wachstumsphilosophie in die Wirtschaftstheorie eingetragen hat, die nicht zugleich an eine soziale Komponente gekoppelt wurde. Zum Zweiten hebelte die Möglichkeit aus Geld Geld zu machen, ohne dafür Arbeit einzusetzen, das Prinzip des Gleichgewichtes in der Wirtschaft grundsätzlich aus, denn damit war die Spirale geboren, dass Reiche immer schneller immer reicher werden und Arme immer ärmer. Und mit Finanzmitteln wie Bitcoins, die nicht einmal mehr einer Finanzaufsicht unterstellt sind, gipfelt das Börsenspiel im Zockertum. Die dritte Keule besteht wohl in der Rechtsprechung, als sie anfing nicht mehr nach der Wahrheit zu fragen, sondern nach dem „Recht bekommen“. Hinterzimmer Juristerei in den sog. Schiedsgerichten und die Suche nach Lücken und Unvereinbarkeiten verschiedener Rechtsysteme im globalen Raum (siehe Steueroasen) pervertieren das Recht zum Spielball der skrupellos Gerissenen zum Schutz des Großkapitals. Alle drei Hebel befördern wieder das Faustrecht, von dem wir menschheitsgeschichtlich herkommen. Es wurde durch die kulturelle Entwicklung des Menschen einmal zurückgedrängt bis zur Entwicklung des Humanismus, in dem das, was die Religionen schon lange in ihren Grundsätzen sagen, auch philosophisch und damit allgemein anzuerkennen begründet wurde.
Geistesgeschichtlich ist das ein gut nachvollziehbarer Weg, der als Weg der Freiheit bezeichnet werden könnte und in allen Hochkulturen zu studieren ist. Das Scheitern dieser Kulturen kann stets abgelesen werden am Macht- und Materialismus-Besitz der Herrschenden, was ab einem gewissen Maße stets zum dekadenten Hochmut und dann zum Untergang geführt hat, aber von der staatlich bestimmten Philosophie als „Freiheit“ verkauft wurde. Aber Freiheit, die sich jemand für sich herausnimmt ohne auf alle anderen zu sehen, führen zum zerstörerischen Chaos, ist nicht wirklich Freiheit, sondern vergifteter Libertinismus. Dieser Fall einer Hochkultur begann mit dem Chinesischen Großreich in der frühen Kaiserzeit, gefolgt von Ägypten, Syrien, Babylonien, Persien, Griechenland, Rom… und jetzt sind wir dran. Die Globalisierung führt dazu, dass es keine einzelnen Staaten mehr sein werden, die davon betroffen sind, sondern vielleicht die ganze Menschheit. Ich denke an dieser Weichenstellung stehen wir.
Anzeichen dafür gibt es wie Sand am Meer. Die Erfolge des Rechtspopulismus nahezu auf der ganzen Welt zeigen diesen Weg als von vielen bereits eingeschlagen und akzeptiert, wiewohl ich meine, dass die meisten BefürworterInnen noch nicht begriffen haben, dass sie selbst erste Opfer sein werden. Aber auch das war schon immer so. Zurzeit sehe ich nur noch das politische Kabarett als im Versuch auf diese Entwicklungen und seine Folgen aufmerksam zu machen, die Medien sehen offensichtlich mehrheitlich ihren Auftrag darin, den Mainstream zu stützen, statt kritisch zu fragen. Denn das, was ich in den Medien als „kritischen Journalismus“ erlebe, ist oft genug nur ein Bohren um vorher Vermutetes zu rechtfertigen, Skandalöses zu erzeugen, Einschaltquoten zu erjagen. Wahrheiten sind aber nicht selten so komplex, dass sie nicht mehr ins Nachrichtenformat eines nach Sekunden getakteten und an Einschaltquoten ausgerichteten Journalismus passen.