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Vorwort der Herausgeber
ОглавлениеDieses Buch ist das Produkt einer mehr als 20-jährigen Erfahrung in der Diagnostik und Behandlung von Schluckstörungen. Dabei handelte es sich vorwiegend um Patienten der neurogeriatrischen Klinik des St. Martinus-Krankenhauses Düsseldorf, das als eine der ersten Kliniken in Deutschland über die Möglichkeit der endoskopischen Schluckdiagnostik (FEES) verfügte. Die Entwicklung der damaligen Fallzahlen von anfänglich 100 auf 345 stationäre endoskopische Schluckuntersuchungen im Jahr, zeigte, dass mit zunehmender klinischer Erfahrung die Notwendigkeit einer detaillierten Schluckdiagnostik bei deutlich mehr Patienten1 gegeben war, als anfänglich vermutet. Hierbei war sicherlich die geriatriespezifische Multimorbidität bzw. auch ein gemeinsames Auftreten altersbedingter Veränderungen des Schluckens mit dysphagieassoziierten Erkrankungen, wie z. B. dem Schlaganfall von Bedeutung.
Eine wesentliche Erkenntnis, die wir in diesem Zusammenhang allerdings gewannen, war, dass einige Erkrankungen, die gemeinhin nicht oder nur sehr selten mit Dysphagien in Verbindung gebracht werden, tatsächlich mit teils schweren Schluckstörungen einhergehen können und das Outcome der Betroffenen dabei maßgeblich ungünstig beeinflussen. Hierzu zählen z. B. die chronischobstruktive Lungenerkrankung (COPD) und die zervikale Spondylose, die in Bezug auf Dysphagien in der Fachliteratur bisher noch keine hinreichende Beachtung finden und als Dysphagieursache im klinischen Alltag noch häufig übersehen werden.
Daher sollen in diesem, sehr praktisch orientierten Fallbuch, nicht nur typische Befunde von Dysphagien, beispielsweise als Folge eines Schlaganfalls oder eines Parkinson-Syndroms dargestellt werden, sondern auch seltenere Erscheinungsformen, wie bei der Myasthenia gravis oder dem Miller-Fisher-Syndrom, aber auch nicht-neurogen bedingte Dysphagien Erwähnung finden. Damit wollen wir die ätiologische Vielschichtigkeit von Schluckstörungen abbilden, um den klinischen Blick auf derartige Phänomene zu schärfen.
Da sich die fiberoptische endoskopische Evaluation des Schluckens (FEES) zu einem obligaten Bestandteil der Basisdiagnostik oropharyngealer Dysphagien entwickelt hat und inzwischen fast überall verfügbar ist, bildet sie auch bei allen hier dargestellten Kasuistiken einen wesentlichen Teil der Diagnostik, die in einigen Fällen auch durch videofluoroskopische oder gastroenterologische Befunde ergänzt wird. Gerade vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren veröffentlichten FEES-Ausbildungscurricula verschiedener medizinischer Fachgesellschaften und der darauffolgenden Etablierung curricularer FEES-Kurse, möchten wir diese Veröffentlichung auch als ein unterstützendes Medium für derartige Fortbildungsinitiativen und Zertifikatskurse begreifen. So besteht ein wesentlicher Teil dieses Buches auch aus insgesamt 22 Kasuistiken und 37 Originalvideos, die auf der Verlagswebseite heruntergeladen werden können, die Dysphagien unterschiedlichster Genese abbilden und ihre Symptomatik praxisnah darstellen. Diese sind jeweils in den aktuellen dysphagiologischen Forschungsstand eingebunden, um einen optimalen Lernerfolg zu gewährleisten.
Dabei hat der Leser die Möglichkeit, den diagnostischen Prozess von der Anamnese, über die klinische Diagnostik bis hin zur apparativ gestützten Evaluation nachzuvollziehen. Die instrumentellen Verfahren liegen in Form von FEES- und teilweise auch videofluoroskopischer Aufnahmen vor, die zum Download bereitstehen. In einigen Fällen kommen auch die Betroffenen selbst zu Wort, die in Auszügen aus Erstgesprächen, ihre individuelle Symptomatik eindrücklich schildern.
So wenden wir uns mit diesem Fallbuch nicht nur an die bereits in der klinischen Versorgung von dysphagischen Patienten tätigen erfahrenen Ärzte und Sprachtherapeuten, sondern auch an Studierende aus den Bereichen der Medizin und Logopädie sowie an interessierte Kolleginnen und Kollegen anderer Fachgebiete, die sich zum Thema »Schluckstörungen« fortbilden möchten.
Wir hoffen, damit einen nützlichen Beitrag zur qualifizierten Weiterbildung in der klinischen Dysphagiologie zu leisten.
Jochen Keller und Herbert F. Durwen
Düsseldorf im Januar 2022
1 Zugunsten einer lesefreundlichen Darstellung wird in der Regel die neutrale bzw. männliche Form verwendet. Diese gilt für alle Geschlechtsformen (weiblich, männlich, divers).