Читать книгу ÜBER BOCK UND STEIN NACH SANTIAGO - Johannes Borer - Страница 4
ОглавлениеVorwort
Ich bin ein Pilger. Seit vielen Jahren unterwegs auf geraden und krummen Wegen, auf Autobahnen, Sackgassen und Holzwegen, Haupt- und Seitenstraßen, über den Wolken und in seichten Gewässern und manchmal auch auf dem Jakobsweg. Dort habe ich Menschen getroffen, die aus ganz verschiedenen Gründen unterwegs waren. Manche laufen den achthundert Kilometer langen Spanischen Jakobsweg aus religiösen oder spirituellen Gründen, manche konzentrieren sich auf die sportliche Seite, manche interessieren sich für die Geschichte und einige verbringen einen kostengünstigen Urlaub. Genauso vielseitig wie die Beweggründe der Pilger sind die verfügbaren Informationen zu diesem Pilgerweg. In unzähligen Büchern, Internetblogs und Videos werden Wegbeschreibungen, Erfahrungen und Tipps widergegeben. Es scheint, dass schon alles gesagt und geschrieben wurde. Humoristische Bücher über den Jakobsweg gibt es allerdings nur wenige. Deshalb habe ich versucht, meine Erzählungen mit Humor zu würzen und mit Cartoons zu illustrieren.
Gibt es eine Bibelstelle, die beschreibt, wie Jesus seinen Jüngern einen Witz erzählt? Oder ihnen einen Streich spielt? Ich kenne keine. Es scheint, als habe Humor in der Bibel nichts verloren. Deshalb möchte ich keine religiösen Gefühle verletzen und werde keine kirchlichen Rituale kommentieren. Ich verzichte auf blasphemische Wortspielereien und Zeichnungen.
Ich bin katholisch, war mal Ministrant und wollte Missionar werden. Ich entschied mich anders und wurde Cartoonist. Vor Jahren habe ich Hape Kerkelings Buch »Ich bin dann mal weg« gelesen und mir vorgenommen, diesen Weg auch mal zu gehen. Mit bald fünfundsechzig Jahren habe ich von Mitte April bis Ende Mai 2014 diese Reise endlich realisiert.
Für wen ist dieses Buch?
Mein persönlicher Reisebericht vom Spanischen Jakobsweg soll unterhalten, die Lust aufs Wandern wecken und vielleicht Erinnerungen wachrufen. Ich empfehle dieses Buch allen Jakobsweg-Interessierten, Menschen, die den Weg noch vor sich oder bereits eigene Pilgererfahrungen gesammelt haben, und allen Daheimgebliebenen, Neugierigen und Lesehungrigen, die sich für Reiseberichte interessieren. Genaue Wegbeschreibungen oder Besprechungen kultureller Sehenswürdigkeiten finden Sie in diesem Buch allerdings nicht, hierfür gibt es ausgezeichnete Reiseführer.
Die Vorbereitungen
Vor einer Urlaubsreise in ein fernes Land habe ich immer am Tag vor der Abreise ein paar Sachen in den Koffer geworfen und fertig war die Packerei. Beim Pilgern zu Fuß und mit der Ausrüstung auf dem Rücken war alles etwas komplizierter. Eine ganze Menge neuer Kleidungsstücke und Krimskrams musste gekauft und vorher getestet werden. Den Rucksack, den mir meine Tochter Vanessa ausgeliehen hatte, habe ich dann auf einer mehrstündigen Wanderung ausprobiert. An dem Gewicht von dreizehn Kilogramm hatte eine sieben Kilo schwere Bibel von National Geographic einen nicht unerheblichen Anteil.
Bisher bin ich immer ohne Stöcke gewandert. Zur Entlastung meines spinnigen Knies, wie ich es gern nenne, fand ich es sinnvoll, für meine Reise gefederte Trekkingstöcke zu kaufen und diese natürlich vorher zu testen. Nach langen Testläufen mit Wanderschuhen und diversen Sohlen habe ich mir eine Woche vor Abreise eine Sehnenscheidenentzündung eingefangen. Trotzdem wollte ich die Reise antreten. Würde ich die achthundert Kilometer zu Fuß schaffen oder sollte es eher eine Busreise durch Nordspanien werden? Alles war geplant und ich wollte es zumindest versuchen. Die sieben Minuten von zu Hause bis zum Bahnhof von Sion habe ich am ersten Tag jedenfalls locker geschafft.