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3. Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB
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Der in § 370 Abs. 1 bzw. Abs. 3 vorgesehene Strafrahmen kann aufgrund des Vorliegens gesetzlich geregelter Milderungsgründe nach § 49 Abs. 1 StGB zugunsten des Angeklagten zu verschieben sein. Verweisen die Milderungsvorschriften auf § 49 Abs. 1 StGB, so kann oder muss der Strafrahmen in dem in den Ziff. 1-3 der Vorschrift bestimmten Umfang reduziert werden. In Betracht kommende obligatorische Strafrahmenverschiebungen sehen die § 27 Abs. 2 StGB für den Gehilfen[876] und § 28 Abs. 1 StGB beim Fehlen besonderer persönlicher Merkmale vor. Nach geänderter Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei der in den Unterlassensvarianten des § 370 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 für die Haupttat vorausgesetzten steuerlichen Erklärungspflicht um ein solches besonderes persönliches Merkmal.[877] Als Folge kommt für den Gehilfen, dem in einem Fall des für den Haupttäter strafbaren Unterlassens der Abgabe einer Steuererklärung selbst keine steuerliche Erklärungspflicht obliegt, eine doppelte Strafrahmenverschiebung in Betracht, einerseits nach § 49 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB, andererseits nach § 28 Abs. 1 StGB[878] (siehe dazu auch Rn. 24).
§ 30 Abs. 1 StGB kommt beim Versuch der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung nicht in Betracht, da insoweit kein Verbrechenstatbestand existiert. § 35 Abs. 2 StGB für den Irrtum über das Vorliegen eines entschuldigenden Notstands spielt praktisch keine Rolle, da eine Notstandssituation, die die Begehung einer Steuerhinterziehung entschuldigen würde, kaum vorstellbar ist. Für fakultative Strafrahmenverschiebungen verweisen folgende Vorschriften des allgemeinen Teils des StGB auf den § 49 Abs. 1 StGB: § 13 Abs. 2 StGB (Begehen durch Unterlassen), § 17 StGB (Verbotsirrtum), § 21 StGB (verminderte Schuldfähigkeit), § 23 Abs. 2 StGB (Versuch), § 35 Abs. 1 S. 2 StGB (hinzunehmender Notstand), § 46a StGB (Täter-Opfer-Ausgleich/ Schadenswiedergutmachung).
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Die Anwendbarkeit der für den Täter-Opfer-Ausgleich in § 46a Nr. 1 StGB vorgesehenen Strafrahmenverschiebung wird für die Steuerhinterziehung verneint, weil der Täter-Opfer-Ausgleich in erster Linie der Wiedergutmachung immaterieller Schäden dient und einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraussetzt. Der Anwendungsbereich wird deshalb auf Straftaten mit individuellen Opfern beschränkt. Da Schutzzweck des § 370 die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, die Steuerhinterziehung somit ein Delikt gegenüber der Allgemeinheit ist, sei der in der Vorschrift vorgesehene umfassende Ausgleich mit einem individuellen Opfer nicht möglich.[879] Hingegen wird die Anwendbarkeit der Regelung des § 46a Nr. 2 StGB (Schadensausgleich) in aktueller Rspr. grundsätzlich, wenn auch nur in „besonders gelagerten Ausnahmefällen“ bejaht.[880] Diese Regelung diene dem materiellen Ausgleich des durch die Tat angerichteten Schadens und sei damit auch auf Delikte zum Nachteil der Allgemeinheit anwendbar.[881] Insoweit genüge – entspr. der ständigen Rspr. des BGH zu § 46 Nr. 2 StGB in anderen Fällen – der Schadensausgleich durch die Nachzahlung der hinterzogenen Steuer nicht, sondern müsse der Täter einen darüber hinaus gehenden Beitrag leisten.[882] Das Verhalten des Täters müsse Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein. Insoweit sei erforderlich, dass der Täter das Opfer ganz oder überwiegend entschädigt und durch seine persönlichen Leistungen oder den Verzicht die materielle Entschädigung erst ermöglicht hat.[883] Zur strafmildernden Wirkung i.S.v. § 46 StGB einer missglückten Selbstanzeige siehe § 371 Rn. 307 und § 369 Rn. 104.