Читать книгу Außenwirtschaftsrecht - John Barker - Страница 223
Оглавление§ 10 Deutsche Bundesbank
Beschränkungen nach einer Vorschrift dieses Gesetzes oder nach einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder vollziehbaren Anordnung gelten nicht für Rechtsgeschäfte und Handlungen, welche die Deutsche Bundesbank in ihrem Geschäftskreis vornimmt oder welche ihr gegenüber vorgenommen werden.
Kommentierung
I.Historische Entwicklung, Inhalt und Bedeutung1 – 3
II.Die Bundesbank im Außenwirtschaftsverkehr4 – 8
III.Gegenstand/Umfang der Ausnahme9 – 14
1.Rechtsgeschäfte und Handlungen im Geschäftskreis der Bundesbank11, 12
2.Geschäftspartner der Bundesbank13
Literatur:
Schulz Außenwirtschaftsrecht, 1965.
I. Historische Entwicklung, Inhalt und Bedeutung
1
Die Vorschrift des § 10 nimmt die Deutsche Bundesbank von Beschränkungen des Außenwirtschaftsrechts aus. Bei den relevanten Beschränkungen handelt es sich namentlich um solche, die den Kapital- und Zahlungsverkehr sowie den Verkehr mit Auslandswerten und Gold betreffen.[1] Zweck dieser Freistellung ist es, die Erledigung der Hauptaufgaben der Bundesbank zu gewährleisten.[2] Die besondere Stellung der Bundesbank im Rechtsleben ergibt sich aus Art 88 GG. Art 88 S 1 GG enthält die institutionelle Garantie der Bundesbank als Währungs- und Notenbank. Art 88 S 2 GG erklärt es für möglich, Aufgaben an die Europäische Zentralbank zu übertragen. Die Europäische Zentralbank wird darin als unabhängig und dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet beschrieben. Hieraus lässt sich auch die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank und ihre Verpflichtung, für Preisstabilität zu sorgen, ableiten.[3] Die Vorschrift besteht nahezu wortgleich seit der Ursprungsfassung des AWG 1961 unverändert fort und hat sich auch durch die Neufassung des AWG 2013 nicht geändert.[4]
2
Die nähere Ausgestaltung im einfachgesetzlichen Recht erfolgt im Bundesbankgesetz (BBankG). In § 3 S 1 BBankG wird die Teilnahme am System Europäischer Zentralbanken (ESZB) festgeschrieben. Die Ziele des ESZB sind nach Art 127 Abs 2 AEUV, die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen, Devisengeschäfte durchzuführen, Währungsreserven zu verwalten und das Funktionieren der Zahlungssystem zu fördern.
3
Nach Art 131 AEUV müssen Regelungen zur Bundesbank mit Verträgen der Europäischen Union und der Satzung des ESZB vereinbar sein. Dies gilt auch für Aufgaben, die über die Erfüllung der Aufgaben im Rahmen des ESZB hinausgehen. Gem Art 14.4 der Satzung des ESZB können nationale Zentralbanken auch Aufgaben wahrnehmen, die nicht in der Satzung bezeichnet sind. Im nationalen Recht ergibt sich die Möglichkeit, der Bundesbank weitere Aufgaben zu übertragen, aus § 3 S 3 BBankG.
II. Die Bundesbank im Außenwirtschaftsverkehr
4
Die Bundesbank erfüllt verschiedene Funktionen im Außenwirtschaftsverkehr. Zunächst ist sie zuständige Stelle für den Erlass verbindlicher Entscheidungen. Diese berühren regelmäßig den Bereich des Kapital- und Zahlungsverkehrs, den Verkehr mit Auslandswerten und Gold. Nach § 13 Abs 2 Nr 1 ist die Bundesbank ausschließlich zuständig, Verwaltungsakte (zB Genehmigungen) zu erlassen und Meldungen in diesem Bereich entgegenzunehmen.
5
Gem Abs 3 muss beim Erlass von Vorschriften in Rechtsverordnungen, die den Kapital- und Zahlungsverkehr oder den Verkehr mit Auslandswerten und Gold betreffen, das Benehmen mit der Bundesbank hergestellt werden. In § 23 Abs 1 und 2 werden der Bundesbank Auskunfts-, Vorlegungs- und Prüfungsrechte eingeräumt. Danach kann die Bundesbank Auskünfte einfordern, die zur Überprüfung der Einhaltung des AWG erforderlich sind. Zudem kann sie beim Auskunftspflichtigen Prüfungen durchführen.
6
Die Zuständigkeit als Meldestelle ist in § 72 Abs 1 AWV konkretisiert. Danach ist die Bundesbank zuständige Meldestelle für nach §§ 64 ff AWV erforderliche Meldungen im Kapital-[5] und nach §§ 67 AWV erforderliche Meldungen im Zahlungsverkehr.[6] Dabei unterscheidet die AWV zwischen allgemeinen Meldevorschriften in §§ 64–69 AWV und besonderen Meldevorschriften für Geldinstitute in § 70 AWV.[7] Adressaten der allgemeinen Meldevorschriften sind Inländer, inländische Unternehmen, Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten. Der Begriff des „Inländers“ wird gem § 63 Nr 2 AWV abweichend von § 2 Abs 15 definiert als „institutionelle Einheit im Inland iSv Kap 2 des Anhangs A der VO (EG) Nr 2223/96“.
7
Die Meldungen werden von der Bundesbank als Grundlage genutzt, die Zahlungsbilanz zu erstellen.[8] Gem § 73 AWV kann die Bundesbank vereinfachte Meldungen zulassen oder bei Vorliegen besonderer Gründe von einer Meldepflicht freistellen.
8
Darüber hinaus ist die Deutsche Bundesbank oftmals zuständig für die Durchführung von Embargos auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs.[9] In der Regel beruhen die Sanktionsmaßnahmen auf Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Sie richten sich an Staaten und bedürfen der Umsetzung in den jeweiligen Rechtsordnungen. In der Europäischen Union erfolgt die Umsetzung zunächst durch einen Beschluss des Rates gem Art 29 EUV, der wiederum nicht unmittelbar in den Mitgliedstaaten gilt, sondern der Umsetzung bedarf. Diese erfolgt idR durch eine EU-Verordnung gem Art 215 AEUV. Sanktionsmaßnahmen der europäischen Union sind jedoch auch ohne zu Grunde liegende Maßnahmen der Vereinten Nationen möglich und üblich. Daneben können auch die Mitgliedstaaten in Ausnahmefällen bei Vorliegen schwerwiegender politischer Umstände aus Gründen der Dringlichkeit einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs treffen. Hiervon wird regelmäßig dann Gebrauch gemacht, um kurzfristig agieren zu können und bereits vor Erlass von Maßnahmen durch die EU Beschränkungen auf dem Kapital- und Zahlungsverkehr zu treffen. Zuständige nationale Behörde für die Umsetzung der EU-Verordnungen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs ist die Bundesbank. So war die Bundesbank von Oktober 2010 bis Januar 2016 zuständig für die Entgegennahme von Meldungen bzw die Erteilung von Genehmigungen für Geldtransfers unter dem Iran Embargo.[10] Daneben ist sie für die Freigabe eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen unter Embargoverordnungen zuständig.[11] Darüber hinaus ist sie für die Genehmigung der Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen nach den Embargoverordnungen, wie etwa unter dem Russland Embargo zuständig.[12]
III. Gegenstand/Umfang der Ausnahme
9
§ 10 ist keine Kompetenznorm, sondern eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches außenwirtschaftsrechtlicher Beschränkungen. Diese Vorschrift ist konsequent im Hinblick auf die aufgezeigten Kompetenzen der Bundesbank. Es wäre nicht sinnvoll, die Bundesbank einem Genehmigungserfordernis unterzuordnen, in einem Bereich in dem sie selbst zum Erlass der Genehmigung zuständige Stelle ist.
10
Die Freistellung gilt laut Wortlaut für Beschränkungen, die das AWG enthält, und solche, die durch Rechtsverordnung vorgeschrieben werden. Beschränkungen innerhalb des Gesetzes berühren den Außenwirtschaftsverkehr nicht.[13] Mit der AWG-Novelle wurde der Anwendungsbereich von § 10 auch auf vollziehbare Anordnungen gem § 6 erweitert. Damit wurde ein zuvor bestehendes Redaktionsversehen beseitigt.[14]
1. Rechtsgeschäfte und Handlungen im Geschäftskreis der Bundesbank
11
Die Freistellung erstreckt sich auf Rechtsgeschäfte und Handlungen im Geschäftskreis der Bundesbank. Rechtsgeschäfte sind dabei idR privatrechtliche Geschäfte.[15] Für die Erfüllung der Rechtsgeschäfte können Handlungen erforderlich werden. Der Rahmen für Geschäfte der nationalen Zentralbanken wird in Art 23 der ESZB-Satzung bestimmt.
12
Im 5. Abschnitt des BBankG werden Geschäfte der Bundesbank in §§ 19–25 aufgeführt. Dies sind im Einzelnen Geschäfte mit Kreditinstituten (§ 19 BBankG) und öffentlichen Verwaltungen (§ 20 BBankG) und Geschäfte am offenen Markt (§ 21 BBankG). Nach § 22 BBankG können Geschäfte iSd § 19 Nr 2–7 auch mit natürlichen und juristischen Personen im Ausland vorgenommen werden. Diese Jedermanngeschäfte sind für den Außenwirtschaftsverkehr von besonderer Bedeutung.[16] Für den Außenwirtschaftsverkehr sind insbesondere Bankgeschäfte im Verkehr mit dem Ausland, An- und Verkauf ausländischer Zahlungsmittel, Forderungen und Edelmetallen (Gold) wichtig. Regelungen zum Warenverkehr fallen in aller Regel nicht in den Geschäftskreis der Bundesbank.[17]
2. Geschäftspartner der Bundesbank
13
Die Bereichsausnahme des § 10 erstreckt sich auch auf Geschäftspartner der Bundesbank. Die Begünstigung der Geschäftspartner dient als Gegenstück zur Begünstigung der Bundesbank. Rechtsgeschäfte der Bundesbank sind idR Verträge. Um diese von Beschränkungen zu befreien, muss auch der Geschäftspartner der Bundesbank ausgenommen sein. Dies betrifft sowohl inländische als auch ausländische Geschäftspartner der Deutschen Bundesbank.[18]
3. Grenzen der Ausnahme
14
Die Freistellung gilt nicht für sonstige Geschäfte der Bundesbank iSd § 10.[19] Zudem wird nur von nationalen Rechtsvorschriften freigestellt. Von unionsrechtlichen Beschränkungen müsste auf Ebene des Unionsrechts freigestellt werden.[20]