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Die Erwählten sind evangelikal

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»Warum erlauben sie niemandem, eine andere Meinung zu haben?«

Die Frage zielt ins Leere. Die Erwählten bleiben so lange unverständlich, wie wir sie nicht als Religion betrachten. Genauer: als evangelikale Religion.

Tatsächlich wundern wir uns doch auch nicht, wenn fundamentalistische Christen ihren Glauben nicht als eine von vielen gültigen Meinungen betrachten. Sie halten sich für Überbringerinnen und Überbringer einer Frohen Botschaft, die, wenn alle Menschen sich ihr öffnen und sie erkennen würden, eine perfekte Welt zur Folge haben würde. Dass der Großteil dieser Welt sich ihnen nicht anschließt, lernen sie mit Toleranz zu ertragen, in der Hoffnung, dass sich die Dinge in Zukunft zu ihren Gunsten wenden. Christen, die den Rest von uns für Heiden halten, finden wir plausibel. Auch wenn wir nicht seiner Meinung sind: Einen Menschen, der seine Weltsicht – einen unerreichbaren Glauben an die Wirklichkeit von Dingen, die wir niemals sehen oder fühlen können – für richtig hält, unsere hingegen für falsch, können wir uns problemlos vorstellen. Viele von uns wachsen mit dem Christentum (beziehungsweise einer der anderen abrahamitischen Religionen) auf oder sind zumindest seit früher Kindheit damit vertraut. Es fühlt sich normal an, weil es normal ist.

Erwählt zu sein bedeutet, genauso zu denken. Im Mittelpunkt des Erwähltseins steht die Überzeugung, dass es immer eine große Schar unbekehrter Heidinnen und Heiden gibt. Viele dieser Nichtgläubigen gehören zu den Weißen »da draußen«, also zu jenen Menschen, die verbreitet gefürchtet wurden, weil sie die Wahl von Barack Obama (zweimal) hätten verhindern können. Die Erwählten fragen sich, wie sie diese Leute »da draußen« erreichen können. Aus mormonischer Perspektive sind sie die Menschen hinter den Türen, an die noch nicht geklopft wurde.

Bitte beachten Sie, dass, wenn von »da draußen« gesprochen wird, damit jeder Ort in diesem Land gemeint sein kann. Nicht nur Bewohnerinnen und Bewohner der Ostküste sagen »die Weißen da draußen« und denken dabei an den Mittleren Westen. Der Begriff wird in Chicago, in Louisville, in Portland, in Madison und in Atlanta gleichermaßen benutzt. Genauso wenig ist es ein reines Stadt-Land-Problem. Eine New Yorkerin zum Beispiel, die vage von »den Weißen da draußen« spricht, könnte Leute meinen, die in Birmingham, Alabama, oder im texanischen El Paso leben – oder auf Staten Island. Verglichen mit dem, was für ›hier drinnen‹ gehalten wird, sind die betreffenden Leute eben ›draußen‹. Hier drinnen sind wir gesegnet mit wahrer Weisheit, mit einer Art mütterlichem Schoß, wo wir baden in der Gnade … Wessen eigentlich? Belassen wir es bei: hier drinnen, wo wir’s kapiert haben und ritualisiert Buße tun für den Makel des White Privilege.

Hier eine gewisse Selbstgefälligkeit und Arroganz zu wittern und die Frage zu stellen, warum so viele Leute so schnell derart unausstehlich werden konnten, ist einfach. Aber so sollten wir die Erwählten nicht sehen. Sie sind nicht arrogant. Sie sind Jünger, begeisterte Künderinnen einer Idee. Und sie sind normal – wie alle religiösen Menschen.

Die Erwählten

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