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Kongresswahlen im November 2010
ОглавлениеDie Kongresswahlen am 2. November, auch midterms genannt, veränderten die politischen Machtverhältnisse im Kongress grundlegend und legten den Grundstein für die zukünftigen Pattsituationen und Regierungskrisen, die die USA innenpolitisch mehrfach erschüttern werden. Die Republikaner gewannen mit 242 Sitzen die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die Demokraten verloren 63 Sitze und kamen nur noch auf 193 Sitze. Obama kann jetzt ohne republikanische Stimmenanteile im Repräsentantenhaus seine Politik nicht mehr fortsetzen. Im Senat konnten die Republikaner 6 Sitze hinzugewinnen. Unter den Demokraten verblieben 51 Senatoren, während die Republikaner 47 Senatoren stellten. Nur 2 Senatoren sind parteilos. Damit könnte es im Kongress zu einer Pattsituation kommen, falls sich beide Kammern nicht auf einen Kompromiss in den Gesetzesentwürfen einigen können.
Die politische Dynamik würde als Erstes leiden, dass wussten auch die Parteistrategen der Demokraten. Sie vermuteten, dass Obamas Gesundheitsreform nicht mehr aufzuhalten ist, jedoch durch republikanische Initiativen im Repräsentantenhaus zu verzögern wäre. In der Vergangenheit musste ein Patt in den Kammern keinen Regierungsstillstand auslösen. Unter George W. Bush war die Machtverteilung ähnlich aufgebaut. Das Repräsentantenhaus hatte eine knappe Mehrheit der Republikaner und der Senat war zur Hälfte mit demokratischen Senatoren besetzt. Dennoch konnte Bush republikanische Gesetzespakete auf den Weg bringen. Doch hatte er als Präsident 2001 mit massiven Steuererleichterungen ein leichtes politisches Ziel umzusetzen, das auf allgemeine Zustimmung traf.
Der überragende Sieg von Barack Obama 2008 hatte den Republikanern eine große Demütigung eingebracht. Durch die nun erkämpfte Mehrheit im Repräsentantenhaus gingen sie gestärkt hervor und fühlten sich für ihren Kampf gegen seine Politik bestätigt. Auch wenn die Partei eines neugewählten Präsidenten in der nachfolgenden Kongresswahl traditionell Sitze in beiden Häusern verliert, so waren Obamas Stimmenverluste durch enttäuschte Wähler beeindruckend hoch ausgefallen. Doch Obama gab nicht allein sich selbst die Schuld über das schlechte Abschneiden der Kongresswahl. Der erste afroamerikanische Präsident der USA regiert auch in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren. Die anhaltende Banken- und Hypothekenkrise macht den USA schwer zu schaffen. Die Arbeitslosigkeit lag in den USA während der Kongresswahl bei 9,5 Prozent und die Staatsverschuldung der USA wuchs im Jahr 2010 mit knapp 49.000 US-Dollar pro Sekunde weiter rasant an.
Viele Tea Party Abgeordnete sahen ihren Einzug ins Repräsentantenhaus als eine „Berufung“ an und verkündeten, Gott und ihren Enkelkindern diese Regierungszeit zu widmen. Denn sie wollen Amerikas Zukunft mitbestimmen und zur alten Stärke einer Weltmacht zurückführen. Dafür wollen sie das Haushaltsdefizit des Landes mit aller Kraft beenden. Mit ihrem Eifer und ihren Wutreden, mit denen sich die Tea Party Mitglieder so zahlreich in das Repräsentantenhaus gewählt haben lassen, wollen sie auch in der Innenpolitik mitwirken. Dabei haben sie schon zu erkennen gegeben, dass jede Kürzung in den Staatsausgaben zu begrüßen sei, egal wie hoch sie ausfallen würde. Denn die Bundesregierung selbst ist in den Augen der Radikalkonservativen das eigentliche Problem in diesem Land. Sie stehen einer Regierung vor, die sie rundheraus ablehnen. Mit ihrer Minderheitenmeinung wollen die Tea Party Anhänger ein Kräftemessen im Kongress lostreten. Die erste Maßnahme zur Haushaltskonsolidierung mussten die Bundesangestellten spüren, die für 2011 von Lohnsteigerungen ausgeschlossen wurden. Eine zehnprozentige Lohnkürzung für alle Bundesangestellten konnten die Demokraten jedoch abwehren.
Auf der Agenda stehen auch Einsparungen bei der NASA. Die Raumfahrt hat für die Öffentlichkeit der USA seit dem Fall der Berliner Mauer keine allzu hohe Priorität mehr. Schon im Februar 2010 nahm Obama Gelder aus dem Constellation Program, der bemannten Raumfahrt, heraus. Andere Forschungen und Entwicklungen sollen eingestellt oder verschoben werden. Die Entwicklung neuer Schwerlastraketen wird mehrere Milliarden US-Dollar in den nächsten Jahren einfordern und Fragen um eine Fortführung der bemannten Raumfahrt in den USA aufwerfen. Aufstrebende Nationen wie China bauen ihre Raumfahrtprogramme derzeit aus und zeigen gegenüber den angeschlagenen USA große Erfolge auf.
Kurz vor Ende des Jahres flammte die Debatte um die Fortführung der Einkommenssteuersenkungen aus der Regierungszeit von George W. Bush auf, die Ende Dezember auszulaufen drohten. Beide Parteien wollten die Steuererleichterungen beibehalten, auch wenn sie unterschiedliche Ermessungsgrundlagen verwendeten. Die Demokraten wollten die Steuererleichterungen für Jahreseinkommen von Familien auf 250.000 US-Dollar begrenzen, wogegen die Republikaner auch höhere Einkommen von den Steuererleichterungen profitieren lassen wollten. Die schon seit fast zehn Jahren reduzierten Steuereinnahmen nützten vor allem höher verdienende US-Amerikaner mit einem Jahreseinkommen von über einer Million US-Dollar. Um nach der Wahl der Kongresskammern einen Separatfrieden mit den Republikanern zu schließen, erhöhten die Demokraten die Grenze der zu versteuernden Jahreseinkommen auf eine Million US-Dollar.
Ende November wurden die Verhandlungen zumeist im Büro McConnells, dem republikanischen Minderheitsführer im Senat, geführt. Die parteiübergreifenden Verhandlungen zeigten erste positive Signale, auch weil beide Seiten zumeist über lohnenswerte Wählergeschenke verhandelten. Formelle Erklärungen wurden nicht unterzeichnet, jedoch bahnte sich ein möglicher schneller Kompromiss zwischen dem Weißen Haus und den Republikanern an. Obama versuchte nun kurz vor Jahresende eine andere Verhandlungsstrategie, die mehr auf die Republikaner zugehen sollte.
Eine Schlüsselrolle in den Verhandlungen hatten der republikanische Senator John McCain zusammen mit Präsident Obama und seinem Vizepräsidenten Biden. Obama wollte mit den Republikanern sein Making Work Pay Program umsetzen, welches ihm erlauben würde für weitere 13 Monate die verlängerte Arbeitslosenunterstützung zu finanzieren. 150 Milliarden US-Dollar plante er für Investitionen in die heimische Wirtschaft und für Steuererleichterungen für Familien und Studenten ein. Eine Schätzung aus dem Weißen Haus würde nach Obamas Wirtschaftsplänen allein 600.000 Arbeitsplätze sichern, falls alle seine Forderungen mit den Republikanern umgesetzt werden würden. Parallel zu den Verhandlungen führten der Finanzminister Timothy F. Geithner und der Budget-Chef des Weißen Hauses, Jacob Lew, über Telefonkonferenzen und in geschlossenen Sitzungen Verhandlungen mit den Republikanern über die Finanzierung.
Am Freitagnachmittag, dem 10. Dezember 2010 warb der ehemalige Präsident Bill Clinton zusammen mit dem amtierenden Präsidenten Barack Obama auf einer Pressekonferenz für die mit den Republikanern ausgehandelte Fortführung des Steuersenkungsprogramms. „Es ist die beste parteiübergreifende Vereinbarung, die wir erreichen können“, sagte Clinton mit Verweis auf die wiedererstarkte Position der Republikaner. Die mit Obama und dem Repräsentantenhaus vor Kurzem vereinbarten Ziele mussten noch von beiden Kammern des Kongresses beschlossen werden. Darin ausgehandelt war die Fortführung der Lohnsteuererleichterung aus der Regierungszeit von George W. Bush um ein weiteres Jahr sowie eine Finanzierung der verlängerten Arbeitslosenzahlung, die zusammen ein Volumen von 858 Milliarden US-Dollar ausmachen. Weitere Vorhaben waren Steuererleichterungen für Unternehmen und Selbstständige sowie für Familien und Studenten.
In beiden Kammern des Kongresses stellten die Demokraten noch die Mehrheit. Die frisch gewählten Republikaner würden erst zum 3. Januar 2011 das erste Mal im 112. Kongress tagen. Eigentlich hätte Obama mit den Demokraten eine schnelle Abstimmung über die Weiterführung der Steuererleichterungen erreichen müssen, doch viele Demokraten störten sich an den Steuererleichterungen für Millionäre, die sie nicht hinnehmen wollten. Obama wies in einer Rede die Demokraten zu Recht und forderte sie umgehend zur Abstimmung auf. Die Steuererleichterungen sollten nicht als „Kollateralschäden für politische Kriegsführung” wegfallen. Er kritisierte die „symbolischen Schlachten” der Demokraten, die nur „symbolische Siege” erzielen würden.
Am Mittwoch, dem 15. Dezember stimmten 81 zu 19 Senatoren mit großer Mehrheit für das Gesetzespaket. Einen Tag darauf stimmte auch das Repräsentantenhaus dem Deal mit 277 zu 148 Stimmen zu. Präsident Obama unterzeichnete das Gesetz am Freitag, dem 17. Dezember 2010. Das Weiße Haus und die beiden Kongresskammern zeigten damit parteiübergreifende Handlungsbereitschaft. Obama konnte diesen Deal als Sieg verbuchen und sich als „Dealmaker“ in den Medien präsentieren. Doch waren über Steuerthemen verhandelt worden, die den US-amerikanischen Wählern keine Schmerzen bereiten würden. Radikalkonservative Kongressmitglieder drohten jedoch schon, dass das riesige Haushaltsdefizit in den kommenden Verhandlungen eine wichtigere Rolle spielen würde.
In dem Steuerkompromiss jedoch verabschiedeten beide Seiten nicht zugleich einen Bundeshaushalt für 2011, der schon am 1. Oktober begonnen hatte und nur durch einen Nothaushalt bis Ende 2010 finanziert wird. Würde es keine Abstimmung über das laufende Haushaltsjahr geben, droht den US-Amerikanern ein Regierungs- und Verwaltungsstillstand. Doch im Hintergrund laufen die Verhandlungen mit den Kongressführern beider Seiten.
Kurz vor Weihnachten beschloss der Senat mit der Mehrheit von 79 Stimmen am Dienstag, dem 21. Dezember 2010 einen weiteren Nothaushalt bis zum 4. März 2011. Dieses magere Ergebnis wurde von allen Beteiligten erwartet. Keine der beiden Seiten setzte Forderungen oder nutzte die Medien zur öffentlichen Debatte. Stunden zuvor stimmte die Mehrheit der Abgeordneten im Repräsentantenhaus für den Nothaushalt, der auch die Gehälter der Bundesarbeiter für zwei Jahre einfror und somit nur minimale Einsparungen bewirkte. Obama selbst brachte diesen Vorschlag Anfang Dezember in die Haushaltsverhandlung mit ein.
Mit 157 Bankenpleiten endete das schwache Regierungsjahr 2010. Im neuen Jahr werden dringende Fragen zur Gesundheitspolitik, über die Bundesausgaben und Staatsverschuldung in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Obama wird sich mit der Truppenstärke der im Ausland stationierten Soldaten befassen und zugleich Tatsachen bei seinen eigenen Reformvorschlägen vor seiner möglichen Wiederwahl schaffen müssen.