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a) Direkte aktive Sterbehilfe

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Die gezielte Tötung eines anderen sowie die Beschleunigung des Todeseintritts bei einem anderen durch ein aktives Tun stellt eine strafbare Tötung dar, auch wenn der Sterbende dies ausdrücklich verlangt.[85] Dies gilt auch bei nur geringfügiger Verkürzung des Lebens des Opfers.[86] In diesem Zusammenhang unterstreicht die Bestimmung von § 216 StGB (Tötung auf Verlangen), dass selbst das Verlangen als gesteigerte Form der Einwilligung keinen Ausschluss der Strafbarkeit bewirkt.[87] Somit bleibt etwa das Setzen einer Giftspritze durch einen Arzt, um den leidenden Patienten auf dessen ausdrücklichen Wunsch von seinen qualvollen Schmerzen zu erlösen, nach § 216 StGB strafbar.[88] Eine Rechtfertigung nach § 34 StGB scheidet nach h.M. aus.[89] In der Literatur wird jedoch durchaus auch die gegenteilige Meinung vertreten, dass in Fällen extremen Leidens des Moribunden eine Rechtfertigung der gezielten aktiven Lebensverkürzung nach den Regeln des rechtfertigenden Notstands in Betracht kommen soll.[90] Insbesondere in Fällen, welche substanziell einem Suizid gleichkommen, der aber aufgrund des physischen Zustandes des Sterbenden nicht mehr von ihm selbst ausgeführt werden kann, erscheint eine Rechtfertigung vertretbar.[91] Duttge schlägt die Einführung eines „minderschweren Falls“ in einem Abs. 3 in § 216 StGB vor, mit welchem für aussergewöhnliche und einzigartige Fälle aufgrund einer Gesamtwürdigung der konkreten Umstände die blosse Verurteilung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) erlaubt würde.[92] Rosenau plädiert ebenfalls für eine gesetzliche Regelung der begrenzten Freigabe aktiver Sterbehilfe; ein fakultatives Absehen von Strafe reiche nicht weit genug, da klare und vor allem berechenbare Konsequenzen nötig seien.[93] Diesen Tendenzen ist zuzustimmen, ist es doch nicht logisch zu begründen, dass eine Abwägung zwischen dem Lebensinteresse des Patienten und seinem Interesse an Schmerzfreiheit im Falle der indirekten Sterbehilfe zulässig, bei nicht mehr therapeutisch beherrschbaren Qualen jedoch unzulässig sein soll.[94] Das auf § 216 StGB gestützte absolute Verbot ist in Fällen medikamentös nicht mehr unterdrückbarer Vernichtungsschmerzen rechtspolitisch sowie dogmatisch zweifelhaft.[95] Im genannten Grenzbereich ist eine auf die Befürchtung eines „Dammbruchs“ gestützte Abgrenzung zur indirekten Sterbehilfe kaum realistisch.[96] Die geltende Rechtslage führt in der Praxis zu einem Dunkelfeld von Mitleids-Tötungen im Grenzbereich zur indirekten Sterbehilfe.[97]

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