Читать книгу Konstruktive Rhetorik in Seminar, Hörsaal und online - Jürg Häusermann - Страница 23

Eine Rede hat ein Handlungsziel

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Ein Gespräch im Alltag dient oft verschiedenen Zwecken. Das Ziel ist Verhandlungssache, und manchmal einigt man sich erst in seinem Verlauf, worauf man hinauswill – z.B. eine Beziehung zu klären oder einen Beschluss zu fassen. Zur öffentlichen Rede hingegen gehört, dass sie einem eindeutigen Ziel untergeordnet ist. Es ist von vornherein festgelegt, was die Rednerin oder der Redner tun wird: zum Beispiel neutral informieren (wie bei einer Nachrichtensendung oder einer Durchsage am Bahnhof), zu praktischer Tätigkeit anleiten (wie bei einer sportlichen Trainingseinheit oder einer naturwissenschaftlichen Übung) oder Texte auslegen (wie im juristischen Vortrag oder in der Predigt). Die Redetypen sind verschieden; das Ziel ist aber immer klar definiert:

»Unterhaltung

»Aufklärung

»Anleitung

»Befehl

»Anklage

»Verteidigung

»Verkündigung

»Begrüßung

»Nachruf usw.

Dass die Rede jeweils einem Hauptziel verpflichtet ist, ist die Voraussetzung dafür, dass sich Redner und Publikum zu einer gemeinsamen Veranstaltung finden. Im Verlauf der Rede sind zwar auch Nebenziele möglich. So kann ein informativer Vortrag über Klimaveränderung durchaus auch werbenden Charakter haben, eine unterhaltende Erzählung kann auch eine weltanschauliche Botschaft enthalten usw. Aber sie ordnen sich dem Hauptziel unter. Dennoch ist es für die praktische Rhetorik wichtig, auch eine kleinteiligere Handlungsstruktur zu erkennen, die die Rede in einzelne Schritte aufteilt. Ein längerer Vortrag zerfällt zum Beispiel in Thesen und Argumente, denen Hintergrundinformationen vorausgeschickt werden. Zwischendurch werden Hauptaussagen mit Beispielen illustriert, Fragen werden gestellt, Zusammenfassungen formuliert usw. Wir werden sehen, dass es für die attraktive Gestaltung einer Rede wichtig ist, dass man sich dieser Handlungsformen bewusst ist, dass man weiß: Jetzt stelle ich eine These auf – jetzt erzähle ich eine kurze Geschichte – jetzt unterbreche ich die Darstellung mit einer Frage usw.

Handlungsziele der Rede

Jede Rede hat ein Hauptziel, das als Handlung verstanden werden kann: Informieren, Unterhalten, Überzeugen, Auffordern usw. Die Rede ist weiter aufgeteilt in Teilhandlungen: Ankündigen, Behaupten, Begründen, Illustrieren, Zusammenfassen usw.

Typisch für die öffentliche Rede ist, dass die jeweiligen Handlungsformen von der Rednerin oder vom Redner bestimmt werden. Aber je dialogischer die Rede gehalten wird, desto eher können sich alle Gesprächspartner daran beteiligen. In einer abwechslungsreich gestalteten Schulstunde zum Beispiel erarbeiten die Schülerinnen und Schüler einleuchtende Beispiele. In der Präsentation eines neuen Produkts sind Fragen der Kundinnen oft informativer als die Behauptungen des Verkäufers. In einem Live-Streaming sind die Chat-Beiträge mindestens so wichtig wie die eigentliche Präsentation. Deshalb ist es sinnvoll, auch den Handlungsaspekt der öffentlichen Rede nicht einseitig aus dem Blickwinkel des Redners zu sehen. Die Vorstellung, dass Publikum und Organisatoren an der Ausrichtung der Rede mitbeteiligt sind, nimmt viel Gewicht von den Schultern der hauptverantwortlichen Person. Wenn Redner und Publikum auf Augenhöhe sind, sich unter dem Zeichen der Gleichberechtigung finden, ist die Gliederung in Teilhandlungen auch eine Gliederung in Rede und Gegenrede.

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