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2 Verhaltenstherapeutische Diagnostik 2.1 Klassifikatorische Diagnostik

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Die Erfassung der Symptomatik, der psychopathologische Befund nach dem AMDP-System, der somatische Befund und die Krankheitsanamnese sind die Basis für eine Diagnose nach gängigen Klassifikationssystemen (ICD-10, DSM-5).

Klassifikatorische (psychiatrische) Diagnostik hat als zentrales Ziel die Stellung einer Diagnose. Es besteht ein wesentlicher und prinzipieller Unterschied zwischen psychiatrischer und verhaltenstherapeutischer Diagnostik. Moderne psychiatrische Diagnostik weist die folgenden Charakteristika auf: Sie ist symptombezogen, deskriptiv (AMDP-System), operationalisiert, nicht ätiologisch orientiert, abstrahierend und klassifizierend. Eine Diagnose nach ICD-10 stellt die Basis für eine Behandlungsfinanzierung in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung dar. Eine derartige Abstraktion und Klassifikation ist also notwendig und sollte mit der nötigen Sorgfalt und Präzision durchgeführt werden. Eine Diagnose ermöglicht eine Orientierung für ein standardisiertes, manualgeleitetes Vorgehen. Mit der richtigen Diagnose kann man geeignete Behandlungsmanuale auswählen, die man für die Therapie nutzen kann und auch einsetzen sollte. Eine Klassifikation ist also wichtig, aber nicht ausreichend. Sie ist hilfreich, um die spezifisch verhaltenstherapeutische Exploration vorzubereiten.

Das Hauptziel der ätiologisch orientierten verhaltensanalytischen Diagnostik ist ein funktionales Bedingungsmodell, also eine Verhaltensanalyse, aus der Therapieziele und Behandlungsplan individualisiert abgeleitet werden. Zentrale Ziele der Verhaltensanalyse sind also die hypothesengeleitete Ableitung von konkreten/operationalisierten Therapiezielen und die Konstruktion eines individualisierten Veränderungskonzepts.

Der epochale Aufsatz zur Verhaltensanalyse wurde von Kanfer und Saslow 1965 unter dem Titel »Behavioral Analysis« publiziert. Schon der Untertitel »An Alternative to Diagnostic Classification« zeigt, dass bei der Verhaltensanalyse etwas grundlegend anderes als Klassifikation intendiert wird, nämlich Individualisierung und ein plausibles ätiologisch orientiertes Störungsmodell. Kanfer und Saslow (1965) vollzogen einen Paradigmenwechsel von der klassifikatorischen Statusdiagnostik zur funktionalen Verhaltensanalyse (Ubben 2017, S. 13). Auch das im aktuellen PTV 3 geforderte funktionale Bedingungsmodell steht in der Tradition von Kanfer und Saslow. Der erwähnte bahnbrechende Aufsatz von Kanfer und Saslow aus dem Jahr 1965 ist die Basis für alle späteren Schemata der Verhaltensanalyse.

Für eine korrekte Diagnosestellung muss man zwei Dinge kennen und beachten: die Definition der psychopathologischen Begriffe und die Diagnosekriterien nach ICD-10 (und nach DSM-5).

Für eine verhaltenstherapeutische Exploration sind zusätzliche Kenntnisse nötig. Man muss mit der Lerntheorie vertraut sein und gängige Störungsmodelle kennen, um gezielt beim individuellen Patienten die relevanten Informationen für die Verhaltensanalyse zu explorieren. Hier gilt der Satz von Jean-Jacques Rousseau: »Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.«

Die verhaltensanalytische Exploration zeichnet sich durch zwei Spezifika aus: Sie ist ätiologisch orientiert und hypothesengeleitet. Die ätiologische Orientierung von Richtlinien-Psychotherapie ist in der Psychotherapie-Richtlinie (§ 3) verankert. Explizit wird betont (Psychotherapie-Richtlinie § 17 Abs. 1): »Verhaltenstherapie im Sinne dieser Richtlinie erfordert die Analyse der ursächlichen und aufrechterhaltenden Bedingungen des Krankheitsgeschehens (Verhaltensanalyse). Sie entwickelt ein entsprechendes Störungsmodell und eine übergeordnete Behandlungsstrategie, aus der heraus die Anwendung spezifischer Interventionen zur Erreichung definierter Therapieziele erfolgt.«

Der Antrag in der Verhaltenstherapie

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