Читать книгу Der Antrag in der Verhaltenstherapie - Jürgen Brunner - Страница 18
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3 Leitfaden zur Strukturierung von Sprechstunden und Probatorik
Nach der aktuell gültigen Psychotherapie-Richtlinie muss im Regelfall vor einer Richtlinien-Psychotherapie mindestens eine psychotherapeutische Sprechstunde von mindestens 50 Minuten Dauer erfolgen. Maximal möglich sind bis zu drei Sprechstunden (6 Einheiten von 25 Minuten Dauer, also 150 Minuten). Danach sind mindestens zwei probatorische Sitzungen Pflicht. Maximal möglich sind vier probatorische Sitzungen (Psychotherapie-Richtlinie § 12 Abs. 3). Der Antrag kann schon gestellt werden, wenn die zweite probatorische Sitzung terminiert ist. Neu ist, dass auch nach Antragstellung noch probatorische Sitzungen möglich sind.
Diese Neuerung ist eigentlich paradox, denn probatorische Sitzungen dienen der Einleitung einer Richtlinien-Psychotherapie. Probatorische Sitzungen sind keine Richtlinientherapie. Das ist der Grund dafür, dass die Probatorik nicht auf das Therapiekontingent angerechnet wird. Dass Probatorik jetzt auch nach Antragstellung möglich ist, hat pragmatische Vorteile. Die Zeit zwischen Antrag und Bescheid der Kasse kann dadurch überbrückt werden. Seit 2013 ist ein beschleunigtes Bewilligungsverfahren geregelt. Nach § 13 Abs. 3a SGB V darf die Zeit zwischen dem Eingang des Antrags auf Psychotherapie bei der Krankenkasse längstens drei Wochen betragen, wenn kein Gutachten eingeholt wird. Wenn eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt wird, verlängert sich diese Frist auf maximal fünf Wochen.
Durch die psychotherapeutische Sprechstunde sollen Versicherte einen zeitnahen und niedrigschwelligen Zugang zu einer ambulanten Psychotherapie bekommen. Ziel ist die orientierende Abklärung, ob (der Verdacht auf) eine krankheitswertige Störung vorliegt und welche Hilfsmaßnahmen im System der gesetzlichen Krankenversicherung notwendig sind (Psychotherapie-Richtlinie § 11). Bei Verdacht auf eine krankheitswertige und behandlungsbedürftige Störung findet eine orientierende diagnostische Abklärung (ODA) und, falls erforderlich, eine differentialdiagnostische Abklärung (DDA) statt (Psychotherapie-Richtlinie § 10 Abs. 2). Im Rahmen der Sprechstunde sollen eine erste Diagnosestellung, eine orientierende Klärung des individuellen Behandlungsbedarfs, eine Information des Patienten, eine Beratung und Behandlungsempfehlung sowie im Bedarfsfall eine kurze psychotherapeutische Intervention erfolgen (Psychotherapie-Richtlinie § 11 Abs. 3). Das Ergebnis der Sprechstunde wird im PTV 11 (individuelle Patienteninformation) dokumentiert (Psychotherapie-Richtlinie § 11 Abs. 14).
Absolutes Minimum vor einem Erstantrag sind also zwei Vorgespräche (eine Sprechstunde, erste probatorische Sitzung durchgeführt und zweite probatorische Sitzung terminiert). Maximal möglich sind insgesamt sieben Vorgespräche (drei Sprechstunden und vier probatorische Sitzungen).
Probatorische Sitzungen haben folgenden Zweck (§ 12 Psychotherapie-Richtlinie):
• diagnostische Klärung und differentialdiagnostische Abklärung der Erkrankung
• Vertiefung der Anamnese- und Befunderhebung
• weitere Indikationsstellung (nach erster Indikationsstellung im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde)
• Feststellung der Eignung des Patienten für ein bestimmtes Verfahren (selektive Indikation)
• Einschätzung der Prognose
• Klärung der Motivation, der Kooperations- und der Beziehungsfähigkeit des Patienten
• Abschätzung der persönlichen Passung zwischen Therapeut und Patient (Arbeitsbündnis)
• Aufklärung und Einwilligung in die geplante Psychotherapie und gemeinsame Festlegung der Therapieziele
Abgerechnet werden kann zusätzlich die biographische Anamnese mit Bestimmung des verhaltensanalytischen Status (EBM 35140). Hierbei handelt es sich um eine »Schreibtischziffer«. Die Informationen können im Rahmen der Sprechstunde und der Probatorik erhoben werden; für die Abrechnung der Ziffer ist kein zusätzlicher Patientenkontakt nötig. Für das Verfassen des Berichts kann die Gebührenordnungsposition EBM 35131 (Langzeittherapie) oder EBM 35130 (Kurzzeittherapie) abgerechnet werden.
Nachfolgend wird tabellarisch eine Art Fahrplan erstellt, welche Punkte in den Sprechstunden und probatorischen Sitzungen exploriert werden müssen, um die Informationsbasis für einen überzeugenden und qualitativ hochwertigen Antragsbericht zu generieren. Die Anzahl der notwendigen Sitzungen (mindestens zwei, maximal sieben) ergeben sich aus der individuellen Konstellation des Einzelfalls. Es hängt vom Einzelfall und der Präferenz des Therapeuten ab, wie die einzelnen Inhalte der Exploration auf Sprechstunden und probatorische Sitzungen verteilt werden. Bei einem Umwandlungsantrag müssen noch entsprechende Informationen über den Verlauf der Kurzzeittherapie (KZT 1 und KZT 2) ergänzt werden.
In den folgenden beiden Tabellen findet sich eine grobe Struktur von fünf Vorgesprächen als erste Orientierungshilfe ( Tab. 3.1) sowie eine mögliche Ausdifferenzierung ( Tab. 3.2).
Tab. 3.1: Grobstruktur von fünf Vorgesprächen (psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen) vor Einleitung einer Richtlinientherapie.
SitzungInhalte
Tab. 3.2: Vorschlag zur Verteilung von Explorationsschwerpunkten auf fünf Vorgespräche (Sprechstunden und Probatorik).
SitzungInhaltePunkte nach PTV 3