Читать книгу Silvia - Folge 1 - Jürgen Bruno Greulich - Страница 4

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Gespräch mit der Herrin

Um ein Haar hätte sich Silvia am Wochenende erleichtert gefühlt beim Gedanken daran, dass sie keinen Speiseplan für nächste Woche erstellen musste, keine Einkäufe zu erledigen hatte und das lästige Putzen der Wohnung entfiel. Es würde die alltäglichen Mühen und Sorgen nicht geben, sie musste keinen Gedanken an die Planung des Tages verschwenden und sich mit keiner Bekannten verabreden, um im Kino, im Theater oder in einem Café ein bisschen Zerstreuung zu finden. Um das, was zu geschehen hatte, würden sich andere kümmern.

Genau dieser Gedanke aber ließ die Erleichterung schwinden und bange Bedenken das Haupt erheben. Was stand ihr eigentlich bevor? Sie wusste es noch immer nicht, erhielt von Wolfgang keine Auskunft, er hütete das Geheimnis eisern wie die Formel eines neuen Medikaments oder war tatsächlich selbst nicht eingeweiht. Mehr bekam sie nicht von ihm zu hören als diesen einen Satz: „Mach dir keine Sorgen. Man wird dir schon sagen, was du zu tun hast.“ Aber genau das war doch das Problem! Was würde man ihr sagen, was würde sie zu tun haben? Was war, wenn sie das Verlangte nicht tun konnte oder es nicht wollte? Unentwegt drehten sich die Gedanken im Kreis.

Den Sonntag verbrachte sie wartend in zäh dahinkriechenden Stunden. Gegen Abend erst sollte sie abgeholt werden, auch darum also kümmerten sich andere, sie selbst musste nur da sein und brauchte keine Pläne zu schmieden und keine Vorbereitungen zu treffen. – Oder doch? Als sie am Nachmittag ins Bad ging, um zu duschen und sich umzuziehen, stand Wolfgang parat und drückte ihr ein Päckchen in die Hand. „Da ist etwas für dich drin. Sei so lieb und zieh es an.“ Leicht lag es in der Hand, wog fast nichts, und geheimnisvoll sah es aus, umwickelt mit schwarzem Papier und geschmückt mit einer purpurnen Schleife.

Sie packte es neugierig aus und fand darin einen spitzenbesetzten schwarzen BH, einen winzigen schwarzen String, schwarze Strümpfe, halterungsbedürftige, wie das Foto auf der Packung verriet, und dazu einen schwarzen Strumpfgürtel, den feine Spitzen zierten. – Strapse! So etwas hatte sie noch nie angehabt, das erschien ihr verrucht, hurenhaft. Für einen Moment überlegte sie, das nicht anzuziehen, sich zu verweigern. Und dann? Wolfgang würde enttäuscht sein, außerdem gehörte es offenbar zum Spiel. Mit spitzen Fingern legte sie den Strumpfgürtel nach dem Duschen um die Taille, zog die hauchzarten Strümpfe über die Beine, klemmte sie ungeschickt an den metallenen Verschlüssen fest, zog ein schwarzes knielanges Kleid darüber.

Nervös betrat sie das Wohnzimmer, begleitet von einem leisen reizvollen Kribbeln. Es war, als würde sie Verbotenes tun. Wolfgang nahm sie in die Arme, sie schmiegte sich an ihn und spürte seine Hände wie suchend über ihre Taille gleiten. Angeregt hielten sie inne, als sie das Gesuchte fühlten, gerade in dem Moment, in dem ihr eine verwunderlich profane Frage in den Sinn kam: „Ist mein Aufenthalt bei dieser Madame eigentlich arg teuer für dich?“

„Ziemlich teuer. Aber das bist du mir wert.“

War diese Logik in sich stimmig? Hatte er nicht etwas durcheinandergebracht? War sie ihm so viel wert oder waren es nicht eher seine Wünsche, für deren Erfüllung er das Geld ausgab, über dessen Summe er lieber schwieg? Sie behielt ihre Fragen für sich, würde ja doch keine vernünftige Antwort bekommen.

Als er wieder von ihr abließ, setzte sie sich an den Sekretär, um sich mit einem vorläufig letzten Eintrag von ihrem Tagebuch zu verabschieden. Längst schon hatte sie ihm das Ansinnen ihres Gatten und ihre skeptische Zustimmung mitgeteilt, nun schilderte sie ihm, in welcher Stimmung sie hier saß und was sie unter dem Kleid trug. Auch das sollte der Erinnerung bewahrt werden. Zuletzt notierte sie ihre Hoffnung, dass sie die kommende Zeit unbeschadet an Leib und Seele überstehen werde, und schenkte sich ein letztes aufmunterndes Wort. Seufzend klappte sie es zu, verstaute es im Fach und schaute durch das Fenster hinaus zu den farbenfrohen Blüten unter einem grau bedeckten Himmel.

„Jetzt müsste sie eigentlich bald kommen“, ließ sich Wolfgangs Stimme vom Sofa her vernehmen.

In diesem Moment läutete es an der Tür und sie zuckten beide erschrocken zusammen.

Es stand keine „sie“ vor der Tür, sondern ein „er“, ein mittelgroßer, mittelalterlicher, mittelschlanker Mann mit weder abschreckenden noch besonders einnehmenden Gesichtszügen. Er trug einen dunkelblauen Anzug, der einer Uniform ähnelte, und auf seinem dunkelblonden schütteren Haar thronte eine blaue Schirmmütze, wie Schiffskapitäne, Marineoffiziere oder Chauffeure sie zu tragen pflegten.

„Guten Tag“, sagte er mit wohlartikulierter präziser Stimme. „Ich komme im Auftrage der Madame von Sinnenhof.“

„Ja“, nickte Wolfgang. „Wir sind so weit, das heißt, meine Gattin ist so weit. Sie wird jeden Moment kommen.“

Sie war schon da, stand hinter ihm, verwundert darüber, dass ihr Wolfgang, leitender Angestellter eines Chemiekonzerns und Vorgesetzter einer ganzen Abteilung, unter dem ruhigen Blick eines Chauffeurs so ungewohnt zappelig wurde. Kaum wagte er sie zu umarmen, flüchtig nur drückte er sie an sich und hilflos tätschelte er ihre Achsel.

„Tja, du hast es so gewollt“, sagte sie.

„Ja, ich habe es so gewollt.“

„Noch gibt es ein Zurück.“

„Ohne Widerruf.“ Er half ihr in die dünne Jacke.

Kein Zurück also. Auch diese letzte winzige Hoffnung erstarb. Sie hängte die Tasche über, auf die sie nicht verzichten wollte, auch wenn sie angeblich nichts benötigte. Ihr Lippenstift aber, das kleine Adressbüchlein, ein Stift zum Schreiben und einige Tampons erschienen ihr doch unentbehrlich. Sie hauchte Wolfgang ein Küsschen auf die Wange, versuchte sich an einem tapferen Lächeln und wandte sich an den geduldig wartenden Chauffeur: „Ich bin so weit. Wir können gehen.“

„Sehr wohl, Madame.“ Würdevoll geleitete er sie hinaus in den Hof. Dort stand eine exklusive schwarze Limousine, die man als Staatskarosse hätte verwenden können. Rote Gardinen hinter den Scheiben des Fonds verwehrten die Sicht nach innen, einladend hielt der Chauffeur die hintere Tür für sie auf. Noch einmal blickte Silvia zu Wolfgang zurück, der reglos an der Haustür stand mit einem unbeteiligten Grinsen, als würde sie nur mal schnell einkaufen gehen. Sie winkte ihm zu, stieg ein – und schreckte verdutzt zurück. Es befand sich bereits jemand im Wagen, eine mondäne attraktive Dame um die vierzig, die entspannt zurückgelehnt und mit übereinandergeschlagenen Beinen in den schwellenden Polstern saß.

„Hallo, Silvia.“ Angenehm rauchig klang ihre Stimme. „Schön, Sie zu sehen.“

Silvia ließ sich ihr gegenüber nieder mit dem Rücken zur Scheibe, die den Fond vom Fahrerplatz trennte, und versuchte sich an einem freundlichen Lächeln. Dass sie es ihrerseits schön fand, diese Frau zu sehen, konnte sie nicht behaupten, zu seltsam waren die Umstände ihrer Begegnung.

„Mein Name ist von Sinnenhof“, stellte sich die Frau vor. Sie hatte dunkles, fast schwarzes Haar, das sie kunstvoll hochgesteckt trug, und dunkle Augen, die selbstsicher und wohlwollend schauten. Hübsch war ihr Gesicht, ernst, aristokratisch, und rot geschminkt waren die elegant geschwungenen vollen Lippen. Auch sie trug ein schwarzes knielanges und hochgeschlossenes Kleid ähnlich dem Silvias, und auch ihre Beine wurden von hauchzarten schwarzen Strümpfen umhüllt. Unwillkürlich fragte sich Silvia, ob auch sie von Strapsen Halt bekamen, dann aber ermahnte sie sich, nicht solch unnützes Zeugs zu denken. Immerhin schien diese Frau nicht die befürchtete knöcherne Gouvernante zu sein, auf den ersten Blick jedenfalls wirkte sie recht umgänglich, fast einnehmend. Der Wagen setzte sich in Bewegung, ohne dass man ein Motorengeräusch hörte, er rollte aus dem Hof und wurde sanft beschleunigt.

Edel und wertvoll, dabei unaufdringlich wirkte der Schmuck der Frau, ein goldenes Ohrgehänge, mit einem rubinroten Stein besetzt, eine Halskette aus lachsfarbenen Perlen und ein goldener breiter Armreif. Dezent duftete sie nach einem blumigen Parfüm. Sie ließ Silvia Zeit, sich einzufinden, während der Wagen einige Male anhielt, an Ampeln wohl, bis er mit mäßiger Geschwindigkeit dahinrollte.

Die Frau schlang beide Hände um ihre Knie und lächelte höflich. „Möchten Sie Ihre Jacke nicht ablegen? Es ist warm hier drinnen.“

Silvia zögerte einen Moment. Auch wenn die Worte wie ein Vorschlag geklungen hatten, beschlich sie doch das Gefühl, einen Befehl erhalten zu haben. Sie aber trotzig anzubehalten, hätte wohl einen sehr seltsamen Eindruck gemacht. Also schälte sie sich heraus und legte sie neben sich auf den Sitz.

„Wie war der Abschied von Ihrem Gatten?“

„Recht kühl, würde ich sagen. Mein Mann war ein bisschen nervös.“

„Und Sie?“

„Ich natürlich auch.“

„Sie haben sich vermutlich Sorgen gemacht, nicht wahr, hatten Zweifel und Bedenken, fragten sich, was Sie erwartet?“

„Natürlich. Das alles ist ja schließlich sehr ungewöhnlich.“

„Allerdings.“ Die erhofften beschwichtigenden Worte, die erklärten, dass es gar zu ungewöhnlich gar nicht sei und es keinen Grund zur Sorge gebe, diese Worte bekam Silvia nicht zu hören. Die Frau schaute ihr direkt in die Augen. „Es macht dir doch hoffentlich nichts aus, Silvia, wenn ich dich fortan mit Du anspreche?“

„Hm … wenn Sie meinen …?“

„Ja, ich meine. Es ist der Situation angemessen. – Was hat dein Mann dir denn erzählt über die kommende Zeit?“

„So gut wie nichts.“ Verstört zupfte Silvia die neben ihr liegende Jacke zurecht, fühlte sich plötzlich hilflos wie ein Kind vor der Lehrerin.

„Hast du ihn denn nicht nach Einzelheiten gefragt?“

„Doch, natürlich. Aber er gab keine richtige Antwort, sagte nur, dass er selbst nichts Genaues wisse.“

„Das stimmt, Genaues weiß er tatsächlich nicht. Was glaubst du, was er von dieser Zeit erwartet, oder von dir, um präziser zu sein?“

„Schwer zu sagen … vermutlich hofft er darauf, dass ich ihm den einen oder anderen Wunsch erfülle.“

„Den einen oder anderen Wunsch …“ Die Frau lächelte, als hätte Silvia einen wenig gelungenen Scherz gemacht. „Ein bisschen mehr wird er schon erwarten, denke ich mal. Aber darüber unterhalten wir uns später. – Und du, was erwartest du?“

„Ich weiß nicht … ich habe mir darüber kaum Gedanken gemacht. Eigentlich gab ich meine Zustimmung nur, um meinem Mann einen Gefallen zu tun.“

„So groß ist die Liebe?“ Die Frau wirkte amüsiert. Unvermittelt aber wurde ihre Stimme kühl, der Blick gebieterisch. „Du hast deine Zustimmung nicht nur ihm zuliebe gegeben. Würdest du es nicht wollen, wärst du nicht hier. Du erwartest dir sehr wohl etwas, auch wenn du es nicht eingestehen willst, mir nicht und dir selbst auch nicht, weil du dich schämst. Habe ich recht, Silvia?“

Silvia senkte die Lider, konnte diesen Blick nicht mehr ertragen, der viel zu tief schaute. Schnell fuhr der Wagen inzwischen, schnell und mit gleichmäßiger Geschwindigkeit, als befände er sich auf einer Autobahn.

Die Frau lächelte nachsichtig. „Du musst dich nicht genieren. Viele fühlen wie du, haben Lust daran, sich fallenzulassen, die Last der Verantwortung abzuschütteln, gehorsam zu sein. Das ist kein Makel, das ist Teil des menschlichen Wesens, ebenso elementar wie Kraft, Stärke, Widerspenstigkeit. Lass einfach los und tu, was von dir verlangt wird, es wird dir guttun und wir beide werden miteinander auskommen. Das willst du doch, dass wir uns verstehen, nicht wahr, Silvia?“

Silvia nickte, eher halbherzig denn überzeugt.

Noch ein bisschen höher hob die Frau den Kopf und legte ihn ein klein wenig schräg. „Hast du einen Slip an?“

„Bitte?“

„Ob du einen Slip anhast. Du kannst es auch Höschen nennen, wenn dir das lieber ist.“

„Ja, natürlich.“

„Was, ja, natürlich?“

„Ich habe ein Höschen an.“

„So natürlich ist das nicht. Aber wie sieht es aus? Beschreibe es mir!“

„Möchten Sie das wirklich wissen?“

„Würde ich dich danach fragen, wenn ich es nicht wissen wollte?“

Wieder wich Silvia dem Blick der Frau aus. Zögernd kamen die Worte von ihren Lippen. „Es ist schwarz. Schwarz und klein.“

„Beschreib es genauer!“

„Nun ja … es ist ein String. Die Säume sind mit Rüschen besetzt, vorn ist er halb durchsichtig. Mein Mann hat ihn mir geschenkt.“

„Wie nett von ihm. – Zieh es aus!“ War diese Frau etwa lesbisch, war das ein Annäherungsversuch? Eher wohl eine Vergewaltigung, wenn keine physische, dann eine der Seele. „Zieh es aus! Zier dich nicht! Gewöhne dich daran, den Anweisungen zu folgen!“

Der Imperativ, ausgesprochen mit suggestiver Kraft, Silvia konnte sich nicht widersetzen. Wie mechanisch, als würden sie von einem fremden Antrieb bewegt und nicht mehr ihrem eigenen Willen gehorchen, lösten sich ihre Beine voneinander. Ihre Hände glitten unter das Kleid, sie stemmte sich hoch und zog das Höschen über die Schenkel, streifte es über die seidigen Strümpfe und zupfte es mit fahrigen Fingern über die hohen Absätze der Schuhe. Ratlos hielt sie es in der Hand.

„Du brauchst es nicht mehr. Wirf es aus dem Fenster.“

Silvia kurbelte die Scheibe einen Spalt weit herunter, hörte den Fahrtwind brausen, raffte die Gardine zur Seite und schob es hinaus. Es blähte sich auf wie eine Fahne im Sturm und war im Nu verweht, als ihre Finger sich öffneten. Für einen Moment wartete sie auf das Kreischen von Pneus, da sie befürchtete, dass es auf der Windschutzscheibe eines hinterherfahrenden Pkws landen könnte, doch nichts geschah. Flaches Land zog draußen vorbei und am Horizont erhoben sich die blauen Kämme eines Mittelgebirges. In Richtung Norden waren sie also unterwegs, wohin auch immer.

Kaum hatte sie das Fenster wieder geschlossen und die Gardine vorgezogen, erteilte die Frau ihr den nächsten Befehl: „Es ist dir von nun an nicht mehr gestattet, auf dem Kleid zu sitzen. Nimm es hoch!“

Silvia fehlte die Kraft zum Widerstand. Sie musste ja doch tun, was diese Frau verlangte, war bezwungen von ihrer Entschlossenheit. Sie zögerte noch einen Augenblick, schob das Kleid dann hoch, fühlte das Leder des Sitzes glatt und warm unter dem nackten Po. Wie die O. Und sie wusste auch, was von dieser noch verlangt wurde. – Richtig geahnt!

„Mach die Beine breit!“

Zaghaft entfernten sich ihre Knie voneinander wie von unwiderstehlichen Kräften dazu gezwungen. Die Frau nickte zufrieden. „So wirst du von nun an immer sitzen, offen und demütig.“

Zögernd befolgte Silvia auch die nächste Anweisung, die von ihr verlangte, die Hände neben sich auf den Sitz zu legen mit den Handflächen nach oben, was furchtbar unterwürfig aussah.

Die Frau nickte zufrieden. „So ist es schön. Du wirst dich daran gewöhnen. Und du wirst merken, dass dir nichts geschieht, was du dir nicht tief in deinem Herzen wünschst. – Jetzt haben wir uns ein Schlückchen verdient. Gegen einen Whiskey hast du doch sicherlich nichts einzuwenden?“

Nein, das hatte Silvia ganz und gar nicht, obgleich sie Whiskey eigentlich nicht gerne trank. Im Augenblick aber war alles recht, das irgendwie Betäubung versprach.

Die Frau öffnete eine kleine Bar, entnahm ihr eine halb gefüllte Flasche Bourbon und zwei schwere Kristallgläser, schenkte in beide einen Fingerbreit ein und reichte Silvia eines. „Wir sind schon weit miteinander gekommen, nicht nur, was die zurückgelegten Kilometer anbelangt. Eines aber muss ich dir jetzt während der Fahrt noch beibringen: Wie du bemerkt hast, sind die Rollen eindeutig verteilt. Du bist das Mädchen, ich bin die Herrin und möchte so auch genannt werden. – Hast du verstanden?“

Silvia hatte nicht gewusst, dass ein einfaches Nicken so schwerfallen konnte. Wie gebannt betrachtete sie die goldene Flüssigkeit in ihrem Glas, sah darunter ihre gespreizten und entblößten Schenkel, konnte kaum glauben, dass tatsächlich sie selbst es war, die so obszön hier saß.

„Gut. Probieren wir es gleich einmal. – Auf dein Wohl, Silvia.“ Sie prostete Silvia zu und nahm ein winziges Schlückchen. „Willst du denn so unhöflich sein und nicht auf mein Wohl trinken?“

Das Glas in Silvias Hand wog mehrere Zentner, kaum ließ es sich heben, und die Worte wollten ihre Lippen nicht verlassen, mussten mühsam hinausgescheucht werden. „Auf Ihr Wohl … Herrin.“

„Auf Euer Wohl und meine Herrin muss es heißen. Und ohne Pause davor. – Probier es noch einmal.“

Tief holte Silvia Luft. Wenn das Wolfgang sähe, was würde er nur von ihr denken? „Auf Euer Wohl, meine Herrin.“ Zu ihrer Verwunderung war es weniger schwer gewesen als beim ersten Mal.

„So ist es wunderbar.“ Die Frau lächelte zufrieden. „Nur ein bisschen lauter solltest du sprechen. Aber das wirst du noch lernen.“ Sie schaute auf die Uhr und griff nach dem Handy, das in einer Halterung am Türrahmen steckte, rief eine Nummer aus dem Speicher, lauschte einen Moment und sprach eine sachlich knappe Anweisung ins Mikrofon: „Lassen Sie alles vorbereiten. Wir sind in einer halben Stunde da.“ Sie steckte das Handy weg und lächelte versonnen. „Die Mädchen werden sich freuen, dich zu sehen. Sie sind immer ganz aufgeregt, wenn eine Neue kommt.“ Es klang, als spräche sie von einer Schar Kinder.

Aufgeregt war Silvia auch, die Freude aber hielt sich in Grenzen. Nach diesen ersten Lektionen in ihrer neuen Rolle hatte sie begriffen, dass all ihr Bangen mehr als berechtigt gewesen war. Und doch war ihr die Unterwerfung leichter gefallen als jemals für möglich gehalten. Sie kannte sich selbst nicht mehr, war fast wie selbstverständlich zum gehorsamen „Mädchen“ geworden, verzaubert von der Kraft „ihrer Herrin“, dieser attraktiven Gouvernante, die ihr noch nicht einmal unsympathisch war. Es war komisch, wenn stets verdrängte Wünsche plötzlich Wirklichkeit wurden.

Silvia - Folge 1

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