Читать книгу Silvia - Folge 1 - Jürgen Bruno Greulich - Страница 9
ОглавлениеVon der Unbarmherzigkeit des Kerkermeisters
Im Schminkraum nahmen sie Platz vor den Spiegeln, um das Make-up aufzufrischen, denn natürlich sollten sie hübsch aussehen, nicht wie verhärmte Sklavinnen, sondern wie reizvolle Dienerinnen. – Aber wessen Dienerinnen eigentlich? Dienerinnen ihres Gebieters natürlich, wenn sie wieder zu Hause waren, aber hier? Dienerinnen der Regeln selbstredend, wessen sonst! Vielleicht, so spekulierte Silvia, während sie die Lippen mit einem dunkelroten Stift nachzog, vielleicht hatte gar nicht die Herrin die Regeln verfasst, vielleicht war es umgekehrt: Vielleicht hatten sich die Regeln die Herrin geschaffen und mit ihr die „Behüter“ und dieses ganze prächtige Schloss. Vielleicht lebte sie in einer virtuellen Welt, in der die Regeln Gott waren, allmächtig und unfehlbar. – Aber nein, dieser Lippenstift in ihren Fingern war echt, echt war das zarte Gewebe ihres Gewandes, so echt wie ihre Haut, die es kaum verhüllte. Diese Welt hier war ebenso real wie die „wirkliche“ Welt draußen.
Wie sollte es sein, das Make-up? Natürlich konnte sich Silvia nicht genau an den Text des Unterabschnittes dieser schier unendlich langen Regel erinnern, deren Nummer ihr ebenfalls nicht mehr einfiel.
„Regel dreizehn, Abschnitt c“, klärte Claudia sie auf und Jasmin zitierte: „Die morgendliche Dusche und das Schminken: Sie dienen der Reinlichkeit und der Attraktivität der Mädchen. Das Make-up soll dezent und geschmackvoll sein.“
„Ah ja, dezent und geschmackvoll, das war’s. – Falls ich lästig fallen sollte mit meinen Regeln, dann sagt ihr Bescheid, ja?“
„Regeln können nicht lästig sein“, klärte Isabel sie auf und Claudia ergänzte: „Wir müssen sie sowieso ständig wiederholen, damit sie uns präsent bleiben.“
„Sonst kann es passieren, dass man sie nicht mehr weiß im entscheidenden Moment“, fügte Maria betrübt hinzu.
Alle schauten bedauernd zu ihr hin, zu der Ärmsten, einschließlich des Aufsehers, wie Silvia schien, die sein Gesicht im Spiegel sah. Nur nicht wieder zu ihm hinstarren, auch nicht durch den Spiegel! Sie legte einen Lidschatten auf, nicht zu stark, damit das Make-up geschmackvoll blieb, und tönte mit ein bisschen Rouge die Wangen, die blassen, die schon Kerkerfarbe annahmen; vielleicht aber lag es nur am Licht.
So etwas wie Leerlauf gab es in der morgendlichen Planung nicht, denn nach dem Schminken war es schon an der Zeit für die Vorbereitung zum Mittagessen. Wie sie das einnehmen mussten, hatte Silvia gestern Abend im Regelbuch gelesen und nicht vergessen, und daran, dass die metallenen Bänder am Hals und den Gelenken nicht nur perverse Zierde waren, sondern auch ganz praktischen Zwecken dienten, hatte es sowieso keinen Zweifel gegeben. Gründe genug für das nächste Unbehagen, von denen sich eins ans andere reihte.
Jasmin wurde zur Handlangerin des Aufsehers, es war ihre Aufgabe, die Mädchen in Ketten zu legen. Silberhell rasteten auch diese Verschlüsse ein, ließen sich nicht mehr öffnen, es war ein raffiniertes, funktionales, fast elegantes System, für das Silvia allerdings die Bewunderung fehlte. Die Ketten verbanden alle Gliedmaße miteinander, vereint in einem großen Ring vor dem Bauch. Sie fesselten die Füße und die Hände aneinander, wurden am Hals angeschlossen und noch einmal in der Mitte der Fußfessel, damit diese angehoben wurde und nicht auf dem Boden schleifte, und sie beließen einige Bewegungsfreiheit, erlaubten fast normal große Schritte und den Gebrauch der Hände. Doch zerrte ihr Gewicht schwer an der Seele und das leise Klirren bei jeder Bewegung klang wie höhnisches Gelächter im Ohr.
In früheren Jahrhunderten hatte man in Ketten gelegte Sklavinnen öffentlich auf dem Marktplatz feilgeboten, das seltsam wohlige Kribbeln, das sich bei dieser Vorstellung in Silvias Beschämung mischte, irritierte doch sehr. Zuletzt bekam Jasmin vom Aufseher die Ketten angelegt, die an den Füßen musste sie allerdings selbst anschließen, um ihm das Niederknien vor ihr zu ersparen, was natürlich ein grober Stilbruch gewesen wäre.
Stöckelnd mit gehemmten Schritten und untermalt vom schmählichen Rhythmus des Kettenklirrens, folgten sie ihm die Treppen hoch, eine stumme Sklavinnenprozession, deren Anblick vermutlich so manches Männerherz hätte höherschlagen lassen. Oben wandten sie sich wieder nach rechts, gingen an der Küche vorbei und betraten den nächstfolgenden Raum. Auch dieser bot Blick in den Park. Es regnete noch immer von einem unverändert grauen Himmel. Ob Gott eine Sintflut herniederschickte auf diese lasterhafte Welt? Aber nein, das war ja nicht möglich, da die Regeln sein Amt übernommen hatten und diese gegen Lasterhaftigkeit nichts einzuwenden fanden. Mitten im Raum stand eine schmucklos gedeckte Tafel mit drei Stühlen an jeder Seite. Die Stirnseiten blieben leer, da sich kein Oberhaupt bei ihnen am Tisch niederließ und keine von ihnen ein solches sein konnte. Der Platz des Aufsehers befand sich an einem kleinen Tisch neben dem Durchgang zur Küche. Der Boden war mit Parkett belegt, die Decke rötlich getäfelt und die Wände wurden von Streifentapeten in dezentem Gelb und samtigem Rot bedeckt. Die Einrichtung war spartanisch, es gab eine barocke Kommode mit einer Porzellanfigur darauf, ein anmutiges Mädchen im langen Gewand, reitend auf einem Stier, die Entführung der Europa durch Zeus vielleicht. An einer Wand hing ein großformatiges Ölgemälde, auf dem einige junge Frauen, nein, Mädchen natürlich, nackt hingelagert auf einer Wiese saßen, im Hintergrund erhob sich auf einem Hügel dunkel und bedrohlich eine mittelalterliche Burg, es war ein sinnliches Bild, das sicherlich nicht zufällig auf Schloss Sinnenhof geraten war.
Die Mädchen rückten die Stühle an der Tafel zurecht, nahmen aber nicht Platz, sondern blieben abwartend stehen. Nach einem Augenblick der Verwunderung begriff Silvia den Grund: Die leidliche Bewegungsfreiheit der Hände reichte nicht bis zum hinteren Teil des Gewandes, sie konnten es nicht lüpfen und durften sich also nicht setzen, es war Regel … elf? Vielleicht auch Regel zehn, die sie aufrecht hielt, ganz sicher war sich Silvia nicht.
Die Lösung des absurden Problems war einer der Jungs für alles, der etwas Größere der beiden, vielleicht auch der etwas Ältere, der mit seiner glatten, smarten Miene und den schwarzen flinken Augen besser in eine Diskothek gepasst hätte als in diese verwunderlichen Hallen. Er trug die gleiche Kluft wie gestern und kannte seine Aufgabe, ging wortlos von einer zur andern, beugte sich zum Saum des Gewandes hinab und hob es hinten hoch, damit sie sich setzen konnten, tat es galant und ohne sie zu betatschen. Flüchtig wie ein Windhauch glitten seine Hände über Silvias Beine, Berührungen, die sich nicht vermeiden ließen, dann sank sie nieder aufs harte Lederpolster des Stuhls. Der Junge huschte in die Küche, kam mit einem zweigeschossigen Servierwagen zurück und verteilte die Speisen auf dem Tisch.
Es gab diverse Salate, Weißbrot, Oliven, Schafskäse, geräucherten Lachs, alles appetitlich angerichtet, dazu Säfte, Mineralwasser und Tee. Sie aßen schweigend, ignorierten die Ketten so gut es ging, passten nur auf, dass sie nicht gegen die Teller klirrten und kein Glas umwarfen, meisterten das Mahl unter den schwierigen Bedingungen halbwegs manierlich.
Maria allerdings aß nur wenig, fast gar nichts. Je näher die Stunde der Bestrafung rückte, desto stiller und kleiner wurde sie. Manch einfühlsamer Blick versuchte sie zu trösten, manch Lächeln sie aufzuheitern, vergebens, was half schon Mitleid, es nahm nicht die Furcht, mehrte sie eher durch die Erinnerung an ihre bedauernswerte Lage. Weh würde es trotzdem tun.
Silvia nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit mit dem intensiven Lernen der Regeln zu beginnen. Wann aber gab es die Zeit dafür? Bis jetzt hatte der Plan des Tages dafür noch keine Lücke gelassen und auch nach dem Essen gab es eine solche nicht.
Der Aufseher, der ebenfalls gespeist hatte, führte sie wieder in den Mädchenraum hinunter. Dort wurden sie bereits erwartet, von seinem blonden Kollegen und der Herrin, die mit steinerner Miene mitten im Raum stand wie eine Inquisitorin (die es aber nie gegeben hatte, da ein solches Amt stets Männern reserviert gewesen war). Sie trug ein ähnlich elegantes Kleid wie gestern, hochgeschlossen, knielang, eng anliegend, wieder in Schwarz, dem Anlass angemessen. Ihre Beine wurden heute von keinen Strümpfen umhüllt, die nackten Füße steckten in schwarzen Stöckelschuhen und ihr Make-up war dezent und geschmackvoll, womit sie zumindest in diesem Punkt den Regeln entsprach, die für sie natürlich nicht galten. Ihr Haar war nicht hochgesteckt wie gestern, sondern im Nacken mit einem samtenen roten Band zusammengebunden. Eigentlich, dachte Silvia verwundert, war sie sehr schön, stolz und edel, dabei hintergründig sinnlich.
Unter ihrem entschlossenen Blick aber senkten die Mädchen die Lider. Und erschreckend kalt klang ihre Stimme: „Tritt vor, Maria!“
Zaghaft machte Maria zwei Schritte auf sie zu.
„Du weißt noch, weshalb du bestraft wirst?“
„Ja, meine Herrin, ich weiß es noch.“
„Dann sage es mir!“
Kaum konnte man sie hören, die Worte des Schuldeingeständnisses. „Ich werde bestraft, weil ich die Regel zwanzig nicht aufsagen konnte.“
„Es geht nicht ums Aufsagen, sondern ums Begreifen der Regeln. Wer sie nicht zitieren kann, hat sie auch nicht begriffen.“ Die Herrin stutzte, überlegte, dass es da wohl einen Umkehrschluss gab, einen unzulässigen, und kam ins Grübeln. „Allerdings kann man sie auch lernen, ohne sie zu begreifen. – Aber egal. Kannst du sie jetzt vortragen?“
„Ja, meine Herrin, jetzt kann ich es.“
„Dann tu es!“
Maria zitierte die Regel zwanzig fehlerfrei und ohne Stocken, doch änderte das ihr Schicksal nicht.
„Hättest du es gestern so gut gekonnt, müssten wir jetzt nicht hier sein.“ Bekümmert nickte die Herrin dem blonden Aufseher zu.
Dieser nahm Maria mit einem winzigen Schlüssel die Ketten ab, auch an den Füßen, offenbar war es doch nicht so schlimm, wenn er vor ihr niederkniete, war ja kein Akt der Demut, sondern Notwendigkeit, da keines der Mädchen diesen kultischen Schlüssel jemals in Händen halten durfte. Er richtete sich auf und streifte die dünnen Träger des Gewandes von ihren Achseln, so behutsam, als fürchte er, dass sie zerreißen könnten unter seinen groben Kerkermeisterpranken. Derweil machte sich der Dunkelhaarige am Flaschenzug zu schaffen und mit einem kaum vernehmbaren Quietschen senkte sich die Kette von der Decke herab. An ihrem Ende befand sich ein eiserner Ring, von dem zwei kurze dünne Kettchen baumelten, die an Marias Armbändern angeschlossen wurden. Die Kette wurde wieder nach oben gezogen und zwang Marias Arme in die Höhe, bis sich ihr Körper wie ein Bogen spannte und sie auf den Fußballen stand. Geschlossen waren ihre Augen, angstvoll kam ihr Atem und hilflos wandte sie den Kopf zur Seite, als der Blonde nah vor sie trat. Er öffnete die drei Schlaufen des Gewandes, ohne sie mehr als nötig zu berühren, ließ es zu Boden sinken und trat einige Schritte zurück, um sich in Sicherheit zu bringen. Was nun kam, gehörte ihr alleine. Hinter ihr stand der Dunkelhaarige in Position mit der Peitsche in der Hand. Sensibel sah er damit wahrlich nicht aus, nicht wie ein Künstler, sondern wie ein roher Folterknecht, der ja auch war.
„Zehn Hiebe“, sprach die Herrin.
Er holte aus, sirrend pfiff die Peitsche durch die Luft und mit einem hässlichen Klatschen traf sie Marias Rücken. Schluchzend bäumte sich Maria auf, wimmernd sank sie in sich zusammen und wurde vom nächsten Hieb gleich wieder hochgerissen. Ihr Schluchzen wurde zum qualvollen Schrei, den die dicken Mauern gefangen hielten, verzweifelt zerrten ihre Hände an den Ketten, panisch versuchte sich ihr Körper den Hieben zu entwinden, vergebens. Rote Striemen bemalten ihren Rücken und den Po, es war barbarisch, auch für eine Zuschauerin kaum zu ertragen; verzweifelt schloss Silvia die Augen und öffnete sie erst wieder, als die Peitsche ruhte und Marias Schreie zu gepeinigtem Wimmern verebbten. Sie hatte es überstanden. Die Kette senkte sich herab und Marias Hände wurden vom Blondhaarigen befreit. Er führte sie in ihre Zelle, hielt sie am Ellbogen, gab ihr die Stütze, die sie nicht brauchte. Sie ging aus eigener Kraft, wenn auch wie auf Eiern mit kleinen Schritten, und ließ sich stöhnend bäuchlings auf die Pritsche sinken.
Mitfühlend, so hätte man fast meinen können, blickte die Herrin zu ihr hinüber, und ihren Lippen entschlüpfte eine ziemliche Untertreibung: „Es ist nicht angenehm.“ Mahnend schaute sie die Mädchen an. „Sorgt dafür, dass wir so etwas nicht zu oft erleben müssen. Beachtet die Regeln, benehmt euch, wie es sich gehört. Es ist in eurem Interesse!“ Sie erwartete keine Antwort, wandte sich ab und verließ den Raum, gefolgt vom blonden Aufseher.
Betreten blickten die Mädchen zu Boden und wortlos nahm der Dunkelhaarige ihnen der Reihe nach die Ketten ab. Sie bekamen sie in die Hand gedrückt und mussten sie an die Stange an der Wand hängen, betraten dann ihre Zellen und legten sich auf die Pritsche.
Nur Jasmin nicht. Sie beugte sich hinab, griff nach dem Saum ihres Gewandes und hob es hoch, hängte die zwei Häkchen, die es ganz unten gab, an winzigen Ösen des Halsbandes ein, sodass der vordere Rockteil wie eine Gardine am Oberkörper hing und sie von der Taille an nackt war. Dafür also waren diese Häkchen gedacht, deren Zweck sich Silvia nicht hatte erklären können. Welch eine perfide Idee! Jasmin nahm die Kugeln von der Ablage und führte sie in ihre Scheide ein, die das aufgeregte Klacken fast zur Unhörbarkeit dämpfte. Mit kleinen Schritten stöckelte sie zu Marias Zelle, die Lippen halb geöffnet, als sehnten sie sich nach einem innigen Kuss, und wie mystischer Gesang stieg ihr angeregtes Seufzen in der Stille des Raumes zum Gewölbe hinauf. Sie nahm die Kugeln von der Ablage, näherte sich Maria, die als einziges Mädchen bäuchlings lag, schloss ihre Armbänder an den kurzen Kettchen der Pritschenecken an und streichelte tröstlich über ihr Haar. Dann beugte sie sich zum bebenden Hintern hinab, küsste sie zwischen den Beinen, lockte aus Marias Schmerz ein wohliges Seufzen hervor und drängte die Kugeln behutsam hinein in den Schoß. Ein abschiednehmender Kuss auf die Pobacken, dann verließ sie die Zelle, deren Tür der Aufseher verschloss.
Jedes der Mädchen bereitete sie ähnlich liebevoll auf die Mittagsruhe vor, schließlich stand sie auch vor Silvias Käfig. Ein sinnliches Lächeln lag in ihrer Miene, ihre Brüste hoben und senkten sich in tiefen Atemzügen, aus dem dunklen Gekräusel des Schamhaars lugte die Schlaufe des weißen Bandes hervor, in der Hand klackten die Kugeln vielversprechend. Sanft schob sie Silvias Arme in Höhe des Kopfes und kettete sie fest, streifte das Gewand nach oben und hakte es am Halsband fest, beugte sich geschmeidig zwischen Silvias Beine, die sich von ganz alleine öffneten. Noch nie hatte Silvia die Lippen einer Frau gefühlt, sie waren zart wie ein Hauch, warm und zärtlich, und die Zunge, die auf Anhieb wusste, wo es am schönsten war, schenkte Wonne. Sie spürte die Kühle der Kugeln, empfing die erste mit einem wohligen Seufzen und stöhnte auf, als sich auch die zweite in die warme Enge drängte. Noch einmal kreiste die Zunge über ihren Schoß, dann richtete Jasmin sich auf und zog sich zurück.
Der Aufseher erschien, um die Gittertür abzuschließen, er blieb einen Moment lang stehen und musterte Silvia von oben bis unten mit ausdruckslosem Blick, von dem sie sich begutachtet fühlte wie eine Zuchthenne vom Preisrichter.
Bloß keine Gefühle zeigen! Sie durfte nicht zum Spielball der Regeln werden, musste Kontrolle wahren über das Denken und die Gefühle, sogar über ihre Triebe. Nur den Körper durften sie haben, sonst nichts! Sie lag steif wie ein Brett auf der Pritsche, während sich Jasmin auf der ihren niederließ und vom Aufseher festgekettet wurde, ohne zärtlichen Cunnilingus natürlich. Er berührte sie nicht einmal, tat einfach nur seine Pflicht und setzte sich dann auf seinen Stuhl, stützte den Kopf auf die Hand, schien einzuschlafen. Vielleicht waren er und sein Kollege Heilige, aber nein, Heilige bewachten keine versklavten Frauen. Oder Eunuchen, der Begierde beraubt im Dienste der Regeln? Vielleicht war es einfach nur das überreiche Angebot an Weiblichkeit, das ihnen den Reiz nahm, dazu die Verachtung für die Mädchen, die für sie wohl Arbeit waren, nicht Vergnügen.
Warum aber sollte er sie denn unbedingt berühren, warum war Silvia fast enttäuscht über seine Zurückhaltung? – Sie war kein Brett, sie bestand nicht aus Holz. So reglos sie auch lag, so war doch nicht alles in ihr erstarrt. Ihre intimen Muskeln, die zum Erfreuen des Gebieters trainiert werden sollten, erfreuten sich selbst der Kugeln, spielten zärtlich mit ihnen, ließen sich anregen vom sanften unaufhörlichen Schwingen. Tiefer wurden die Atemzüge, gerne hätte sie sich berührt, was aber nicht möglich war. Auch aus anderen Zellen ließen sich eindeutige Laute vernehmen, ein verhaltenes Seufzen hin und wieder, jetzt sogar ein wohliges Stöhnen. Dem Bann dieser Kugeln konnte sich keines der Mädchen entziehen und auch nicht Silvias Fantasie.
Sie schloss die Augen und es dauerte nicht lange, bis ein Mann ihren Käfig betrat und sich über sie beugte, sie berührte, überall an ihrem hilflos dargebotenen Körper. Er legte sich auf sie, drang roh in sie ein und nahm sie hart wie ein Tier. Sie wand sich keuchend unter ihm, wollte die Arme um seine Schultern schlingen und sich an ihn pressen, doch wurden sie von Ketten festgehalten. Sie kannte ihn nicht, diesen Mann, der so rücksichtslos in ihr wühlte, doch war es nicht Wolfgang, der es bei einer halbwegs anständigen Fantasie hätte sein müssen, sondern irgendein anderer, ein schweigsamer, dunkelhaariger, fast hünenhafter … etwa der Aufseher? Aber nein, sie würde sich doch nicht lustvoll einem peitschenschwingenden Kerkermeister hingeben, auf keinen Fall, nicht einmal in der wonnevollen Vorstellung.
Das aufgewühlte Stöhnen, das an ihr Ohr klang, stammte von ihren eigenen Lippen, so wurde ihr plötzlich bewusst, und das Kreisen ihres Unterleibs war echt, das gab es nicht nur im hitzigen Traum. Wo blieb ihr Wille, der sie doch vor der völligen Unterwerfung unter die Regeln und ihrer seltsamen Stimmung bewahren sollte? Er hatte sie schmählich verlassen! Oder etwa nicht? War er da, präsenter und klarer als je zuvor, war es etwa dieser Wille, der sie hierher geführt hatte, damit sie hier auf einer Zellenpritsche ihre reizvoll absonderlichen Gefühle genieße? Würdest du es nicht wollen, wärst du nicht hier. Die Worte der Herrin. Ihre Richtigkeit wurde immer deutlicher.
Immer lauter meldete sich in Silvia das Wesen zu Wort, das schon immer seinen Reiz gefunden hatte an der Unterwerfung. Und dieses Wesen ließ sich nicht länger verdrängen. Es wollte keinen „Blümchensex“. Es wollte das Mädchen der Regeln sein und hatte nichts einzuwenden gegen Unterwerfung, Hilflosigkeit, Demütigung, sehnte sich sogar danach …
Wolfgang würde sich freuen. Aber Wolfgang war nicht da, es war dieser andere Mann, der Unbekannte, dem sie sich hingab. Doch schickte sie auch diesen jetzt wieder fort, versuchte die Kontrolle zurückzugewinnen, die Triebe einzudämmen, in Ketten zu legen …