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Nachgeschmack

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Elisabeth kam erst am nächsten Morgen wieder zu sich. Ihr tat alles weh. Ihr ganzer Körper brannte. In ihrem Mund hatte sie einen faden Geschmack nach Erbrochenem. Ekelig.

Neben ihr auf der Bettkante saß ihre Mutter mit dem Rücken an die Wand gelehnt und war offensichtlich eingedöst. Sie schien viel geweint zu haben, denn ihre Augen waren tiefrot umrändert und ihr Make-up verlaufen. Was war passiert? Elisabeth konnte sich nur noch an den Streit in der Küche erinnern, der Rest war in einem undurchdringlichen Nebel verschwunden. Als sie sich aufsetzen wollte, merkte sie, dass sie die Hände nicht heben konnte. Jemand hatte sie am Bett festgebunden. Als sie sich regte, schrak ihre Mutter auf und begann gleich wieder zu weinen, diesmal vor Erleichterung.

»Mein Engel, wie gut, dass es dir wieder besser geht. Warte, ich mache dich gleich los, du hattest einen schlimmen Anfall, weißt du.«

Während Emilia eilig die Gürtel löste, die sie verwendet hatte, hörte Elisabeth die Worte, konnte sie aber nicht nachvollziehen.

»Ich erinnere mich nur, dass wir uns gezankt haben, danach ist alles weg.«

»Ich weiß, meine Liebe, ich weiß. Ein dummer und völlig unnötiger Streit.«

»Mama, warum hast du mich ans Bett gefesselt?«, verlangte Elisabeth nun zu wissen.

»Ich habe mir so große Sorgen gemacht, dass du dich verletzen könntest. Du hast um dich geschlagen und gekrampft. Aber das ist ja nun vorbei.«

Einen Moment blickte Elisabeth ihre Mutter geistesabwesend an. Angestrengt versuchte sie, sich zu erinnern, was sonst noch passiert war. Schließlich schüttelte sie den Kopf. Es wollte ihr einfach nicht einfallen.

Ihre Mutter wechselte das Thema: »Erzähl mir doch von dieser Sabrina.«

Also berichtete Elisabeth von ihr und Emilias Miene hellte sich etwas auf. Dann ließ sie ihre Tochter im Bett zurück, um bei Sabrinas Mutter anzurufen. Eine Weile später, als Elisabeth schon fast wieder eingedöst war, kam sie zurück.

Sie wirkte deutlich erleichtert, als sie berichtete: »Ich hatte ein erstaunliches Gespräch mit Frau Schubert. Ich muss mich bei dir entschuldigen. Sabrina soll in der Schule wirklich exzellente Noten haben. Und ihre Mutter hält große Stücke auf sie und bezeichnet diesen Gothiclook ihrer Tochter als eine temporäre pubertäre Phase. Ich schlage vor, du lädst sie einmal hierher ein, wenn es dir wieder besser geht.«

Damit ging sie nach unten, um Elisabeth schlafen zu lassen, die ob dieses Einlenkens ein schwaches Lächeln zustande brachte. Sie hatte sich noch nie so matt gefühlt, doch sie wachte ständig wieder auf. Vielleicht lag es auch daran, dass sie davor so viel geschlafen hatte oder weil sich jedes Geräusch übersteuert und unnatürlich laut anhörte. Sie konnte sogar ihre Mutter die Karotten in der Küche schneiden hören, obwohl sie sich weit entfernt befand. Das stetige Schack-schack-schack dröhnte wie eine Dampframme in ihren Ohren. Die Gemüsebrühe, die ihr ihre Mutter später hochbrachte, ließ sie kalt werden, nachdem sie nur einmal daran genippt hatte. Sie schmeckte ihr zu fade.

Endlich krabbelte sie aus ihrem Bett, setzte sich ans Fenster und öffnete es weit. Die kühle Abendluft tat gut und vertrieb den Schmerz. Die Sonne ging unter, doch es blieb immer noch hell genug, um Einzelheiten zu erkennen. Die Gerüche waren herrlich. Elisabeth lehnte eine Weile am Rahmen und sog den Harz in sich auf. Ein weitentfernter Schrei einer Eule ließ sie hochschrecken. Sie bemerkte, dass sie etwas fröstelte. Deswegen ging sie zurück in ihr Bett, lies aber das Fenster offen. Wieder eingeschlafen träumte sie vom Wald.

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