Читать книгу Der Adjutant - Jørgen Norheim - Страница 11

Derselbe Ort, am Abend des nächsten Tages

Оглавление

Was nicht alles geschehen ist, seit ich das letzte Mal zum Schreiben gekommen bin! Gestern hatte ich nicht für ein einziges Wort Zeit. Ich habe ich mit Herrn Güssmann angefreundet. Als ich vorgestern abbrechen musste, packte Herr Güssmann gerade seine Sachen für einen Landgang, weshalb ich ihm anbot, die schweren Glasplatten zu tragen.

Da er schon den großen Fotoapparat und das Stativ trug, freute er sich über die Hilfe. Die meisten der Platten sind 16 × 12 cm groß, manche auch 9 × 12 cm. Die kleineren sind ideal für unterwegs. Sie sind den neuen, leichten Apparaten angepasst, die man freihändig halten kann. Aber natürlich wird die Qualität besser, wenn man ein Stativ benutzt, und mit meiner Hilfe konnte Herr Güssmann beide Apparate mitnehmen.

Kürzlich hat er einen ehrenvollen Auftrag bekommen. Der Kaiser persönlich hat ihn beordert, ein Buch über die Seereise hier im Norden zu schreiben, damit das gebildete Volk daheim daran teilhaben kann. Stolz und ernst hatte er es mir erzählt. Umso wichtiger, ihm zu helfen. Erstaunlich, was uns der Fortschritt bringt. Wir müssen nur einen Apparat aufstellen und eine Glasplatte hineinschieben, und schon haben wir die Landschaft so festgehalten, dass die Menschen in Bergen oder Berlin später genau dasselbe wie wir sehen.

Ich selbst zeichne immer Bleistiftskizzen in mein kleines schwarzes Notizbuch. Heute Vormittag hatten Herr Güssmann und ich eine angeregte Diskussion darüber, was das bessere Medium ist, die Fotografie oder die Zeichnung. Herr Güssmann war für die Fotografie und ich für die Zeichnung. Ein Foto friert den Augenblick ein, aber ist ein Augenblick wahrer als etwas, das länger dauert? Ein Augenblick kann zufällig sein, und sollen wir den Zufall die Wahrheit eines Ganzen bestimmen lassen? Wenn ein Mensch in dem Moment, wenn der Fotograf die Linse öffnet, eine Grimasse zieht, können wir dann von der Fotografie auf seinen Charakter schließen? Der Zeichner dagegen interpretiert Gesichtsausdrücke, Bewegungen und Naturphänomene und gibt dem Bild eines Menschen oder einer Landschaft einen durchdachten Ausdruck.

Wir waren uns uneinig, aber zum Glück war Herr Güssmann nicht verärgert. »Wer behauptet denn, dass Fotografie die Wahrheit vermittelt?«, sagte er. »Fotografie ist Kunst! Der Fotograf wählt Motiv, Hintergrund und Standort. Zwar ist eine Fotografie die Abbildung einer bestimmten Situation, aber sie ist komponiert und drückt den Willen des Fotografen aus.«

So diskutierten wir, der Fotograf Güssmann und ich.

Jetzt muss ich mein Schreibzeug weglegen und mich für den morgigen Ausflug fertig machen: Nærøyfjord – Gudvangen – Stalheim.

Der Adjutant

Подняться наверх