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Wilhelmshaven 1889 wo Onkel mich wie einen Erwachsenen behandelt

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Wie gut, meinen Onkel in Wilhelmshaven zu treffen. Im Gegensatz zu Mutter ist er einfach und direkt. Er nahm meinen Seesack und winkte eine Droschke herbei. Er sagte dem Kutscher den Namen des Hotels, und los ging es.

»Heute Nacht schläfst du im Hotel. Es wird dir sicher gut tun, dich auszustrecken und nicht dauernd Wellen um dich herum zu hören. Ein bisschen anständiger Stadtlärm gehört auch dazu, obwohl Wilhelmshaven nicht gerade eine Metropole ist.«

In Onkels Gesellschaft kann es einem nur gut gehen. Immer gut gelaunt, immer schlagfertig. Abends ein fünfgängiges Essen, Dessert, Kaffee und Cognac. Solchen Luxus war ich nicht von daheim gewohnt.

»Cognac für uns Männer. Aber erzähl es nicht deiner Mutter! Sie ist ein bisschen streng in solchen Dingen. Wahrscheinlich hat sie noch nicht eingesehen, dass du erwachsen bist.«

Wir setzten uns in den Rauchsalon und unterhielten uns den ganzen Abend. Er behandelte mich wie einen Gleichgestellten, und nicht wie seinen kleinen Neffen.

»Aber ich sollte ja mit dir über die Eisenbahn reden!« Onkel wurde enthusiastisch und beugte sich zu mir vor. »Du bist zur richtigen Zeit geboren. Ganz Deutschland wird kreuz und quer mit Eisenbahnschienen vernetzt. Schon der alte Moltke wusste das Eisenbahnnetz auszunutzen in den Kriegen, die zum Kaiserreich führten. Der jetzige große Ausbau ermöglicht völlig neues militärisches Denken. Er schafft einen neuen Typ Offizier, der Ingenieur, Feldherr und Humanist in einer Person ist, eine Synthese aus preußischer Bildungstradition, moderner Verwaltung und der technischen Revolution. Wie geschaffen für einen wie dich!«

Aber wir wussten beide, dass Mutters Brief der eigentliche Grund unseres Treffens war.

»Den Kaiser muss man nehmen, wie er ist«, begann Onkel. »Ein tugendliches Vorbild ist er kaum, unsere Majestät. Ich denke nicht so radikal wie deine Mutter, aber ich kenne die Macht von innen und weiß, wann Gefahr im Verzug ist und man besser wegschauen sollte. Mein Rat, wenn du so etwas auf der ›Hohenzollern‹ erlebst: Schau weg. Schau hinaus und in die Höhe. Sieh dir die Berge und Wasserfälle an! Nimm Bleistift und Zeichenblock. Schreib Gedichte. Nutze die hellen Sommernächte!«

»Ich werde darüber nachdenken«, war alles, was ich erwidern konnte.

»Und was die ›Hohenzollern‹ im nächsten Sommer angeht: Da steht Christiania auf dem Programm. Für meinen Teil ist die Planung schon in Gang. Und für deinen Teil – gibt es eine wichtigere Staatsaufgabe, als ein Buch über die Reisen des Kaisers zu schreiben? Die ›Hohenzollern‹ wartet auch nächstes Jahr auf dich. Freu dich!«

Der Adjutant

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