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Was denn noch?

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Die Sklaverei wird abgeschafft? Man führt die allgemeinen Menschenrechte ein? Der Homo sapiens erobert den Mond?

Was für schäbige Marginalien im Vergleich zu der Tatsache, daß ab der kommenden Saison ein Mann das Cheftraineramt beim eingebildetsten Fußballklub Mitteleuropas bekleiden wird, der in der Welt des in Virilio-artigem Tempo hysterisierten Hochleistungssports bis dato zumal durch das Tragen ochsenteurer Anzüge, den im Neosprech der neoliberalen Gutsherren propagierten Einsatz von Strampelhosen und Gummibändern sowie die wissenschaftliche Auswertung von Strandspaziergängen auffällig zu werden vermochte. Und, natürlich, durch die von Sönke Wortmann in dem quarkigen Rührstück Deutschland – Ein Sommermärchen dokumentierten Spitzensportsmannparolen etwa dergestalt, man werde sich von den Polen, den alten Kartoffelsäcken, nicht »das Butter« (Edmund Stoiber) vom Brot nehmen lassen – oder so ähnlich.

Jürgen Klinsmann war, das hatte man dem Post-WM-Jahr 2007 hoch angerechnet, nach dem dritten Platz von der Bildfläche weitgehend verschwunden; hatte sich kurzzeitig als arena-Experte wieder blikken und hie und da, in England und in den USA und sonstwo, als Vereins- oder Nationaltrainer ins Spiel bringen lassen – jedoch selber vorbildlich gehandelt insofern, als er sämtliche Offerten abschlägig beschied und uns mit seinem widerwärtig weltverzaubernden Grinsen und seinem daueroptimistischen Automatengeplapper in Frieden ließ.

Aber jetzt – ist er eingetreten, der worst case. Ich muß das aus Sicht eines unverbrüchlichen FC-Bayern-Fans so sagen. Beinahe jeden hätten wir hingenommen, achselzuckend oder neugierig oder vielleicht sogar ein wenig erwartungsfroh: den im Grunde gutmütigen, leider allzuoft falschberatenen und irgendwie auch an seiner eigenen wackeligen Persönlichkeitsstruktur laborierenden Matthäus Lothar; den bisweilen zur Bubenmasche seiner selbst verkommenden Jürgen Klopp; das Monster Mourinho, den Rotzflegel Rijkaard (den eigentlich am allerliebsten), den italienischen Betonmischer Lippi, meinethalben selbst den nachgewiesenermaßen ziemlich unfähigen niederländischen Bondscoach Marco van Basten.

Doch Nachfolger des gentilen Ottmar Hitzfeld wird ausgerechnet Jürgen Klinsmann – jener Ex-Bayern-Profi, der schon von 1995 bis 1997 jedem halbwegs moralisch und geistig gerüsteten FCB-Anhänger mit seinem permanent stolz durch die Gegend getragenen Spießerrevoluzzertum auf den Senkel gegangen war und in seinem affig-egozentrischen Gebaren auf dem Platz jede humane Anmutung vermissen ließ.

Abgesehen davon, daß wir uns doch fragen, wer den neuen Jogi Löw an seiner Seite geben könnte (denn Klinsmann, das vergißt man gerne, ist gar kein Trainer, sondern ein Suppenverkäufer), erschaudern wir bereits jetzt angesichts der neuen Stufe, die die mediale Eskalation in München erklimmen wird. All den läppischen, zum Teil aufs würdeloseste inszenierten Krawall, den Hoeneß und der zerebral offenbar durchgebrutzelte Rummenigge anzetteln werden, sobald Klinsmanns Team »einmal in Folge« (Diego G. Buchwald) verloren haben wird, malen wir uns als Mischung aus Heavy-Metal-Musikantenstadl, Kegelvereinsjahreshauptversammlung, Gemeinderatssitzung in Dachau-Süd und vor allen Kameralinsen der Republik live ausgetragenem Kabinettszickenzoff im Stile Merkel contra Beckibär aus. Und moderieren darf den ganzen Schlamassel Dieter Bohlen.

Ich sitze gerade in Lissabon und lese Fernando Pessoa. »Im heutigen Leben gehört die Welt nur den Narren, den Grobschlächtigen und den Betriebsamen«, schrieb er im Buch der Unruhe. Was soll man denn noch sagen?

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