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Die Angst der Polen vor Nord Stream

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Auf wenig Gegenliebe stieß die Eröffnung der Nord-Stream-Pipeline im Nachbarland Polen. Die herrschende Elite im Kreml ist hier immer noch – aus verständlichen historischen Motiven – wenig beliebt. Und das nicht nur wegen des Massakers an etwa 4 400 polnischen Offizieren am 19. Mai 1949 im Wald von Katyn durch Einheiten des Innenministeriums der UdSSR und wenig später die Massenmorde von über 24 000 Offizieren, Priestern und Intellektuellen, ebenfalls aufgrund eines Befehls von Josef Stalin.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Zbigniew Wassermann. Als ich ihn in Krakau im März 2003 traf, war er noch Staatsanwalt. Im Jahr 2005 wurde er Geheimdienstminister in der national-konservativen Regierung von Kazimierz Marcinkiewicz. Wir hatten uns auch über Gazprom unterhalten. Er sagte mir: »Jede Art der Erpressung kommt im Zusammenhang mit Gazprom in Frage. Die Begrenzung der Lieferung, Erhöhung des Preises, niedrigere Preise für den Transit. Deshalb ist Gazprom für uns eine Bedrohung.« Er gehörte am 10. April 2010 zu einer polnischen Delegation, die auf dem Weg nach Katyn war, um dort des siebzigsten Jahrestags des Massakers zu gedenken. Die Maschine stürzte in Smolensk ab, die gesamte Regierungsdelegation sowie hochrangige Repräsentanten des polnischen Staates kamen dabei ums Leben. Die Hintergründe des mysteriösen Flugzeugabsturzes sind bis zum heutigen Tag nicht geklärt.

Das alles trug dazu bei, dass es in Polen zu massiven Vorbehalten gegen Nord Stream kam. »Nord Stream sei gegen die Solidarität in der EU gerichtet, und Russland könnte in einem neuen Energiekrieg Polen künftig den Gashahn zudrehen, ohne dass die lukrativen Lieferungen nach Westeuropa betroffen wären.«35

Die konkrete Hauptsorge gilt jedoch der Pipeline. Mit ihr könne die volle Nutzung der Umschlagmöglichkeiten der polnischen Häfen in Swinemünde und Stettin nicht mehr gewährleistet werden, so der Vorwurf. Dadurch werde der Zugang zu dem strategischen Energieversorgungsprojekt der EU, dem Flüssiggasterminal in Swinemünde, blockiert. Denn es gibt Einschränkungen, was den maximalen Tiefgang der Schiffe anbelangt, die den Hafen anlaufen. »Wir wollen, dass das Konsortium Nord Stream den Teil des Bauplans abändert, der den sicheren Zugang zum Hafen Swinemünde für die Schiffe mit dem maximalen Tiefgang von über fünfzehn Meter betrifft, erklären die Ratsmitglieder« von Swinemünde in einer gemeinsamen Mitteilung.36 Das ist mit der verlegten Pipeline jedoch nicht möglich.

Demnach würden Schiffe mit einem solchen Tiefgang die Pipeline beschädigen. Für Schiffe bis zu einem Tiefgang von 13,5 Metern gibt es hingegen kein Problem. Inzwischen klagt die polnische Hafengesellschaft Swinemünde gegen das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, das den Verlauf der Trasse auf dem deutschen Festlandsockel vor dem Swinemünder Hafen bereits genehmigt hat. Mit der Klage soll erreicht werden, dass die Pipeline in der Fahrrinne Swinemünde und im gegenüberliegenden schwedischen Hafen auf einer Länge von 2,8 Seemeilen im Meeresboden versenkt wird, damit künftig Schiffe mit einem Tiefgang von fünfzehn Metern den polnischen Hafen erreichen können.

Doch das wird, nachdem bereits das Erdgas durch die Pipeline fließt, nie und nimmer geschehen. Allen polnischen Protesten zum Trotz. Hier zählt nur das ganz große Projekt. Und da die Vertiefung der Hafenzufahrten sowieso nur möglichen zukünftigen Entwicklungen dient, muss man sich auch weiter keine Gedanken um die Entwicklung in dem Seehafen Swinemünde mehr machen. Die Tatsachen liegen unabänderlich unter der Ostsee begraben.

Gazprom-Das unheimliche Imperium

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