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Wie ein Oligarch durch Gazprom reich wurde
ОглавлениеDer in Turkmenistan geborene Igor Makarow startete seine Karriere als Broker für Gazprom und endete als Hauptexporteur von turkmenischem Gas in die Ukraine und nach Europa, ein Milliardengeschäft. Einst, zu Sowjetzeiten, war er ein bekannter Rennradsportler. Westliche Nachrichtendienste stellten die Behauptung auf, er sei als inoffizieller Mitarbeiter des KGB »informativ in der Schattenwirtschaft« tätig gewesen. Ein Gerücht ist es geblieben. 1992 gründete er das Unternehmen Itera International Energy und darf sich heute zum inneren Zirkel Wladimir Putins zählen. Er genießt also den unbezahlbaren Vorteil, vor belastenden juristischen Problemen geschützt zu sein.
Finanziert wurde Itera mit einem Kredit von Gazprom in Höhe von 427 Millionen US-Dollar. Gleichzeitig lieferte ihm Gazprom Erdgas unter dem Selbstkostenpreis. Damit konnte zwar Itera auf dem Weltmarkt erhebliche Gewinne erzielen, für Gazprom bedeutet es jedoch einen Verlust von 5,5 Milliarden Euro, weil es diese Gasgeschäfte an Itera vergeben hatte.31 Da das alles ziemlich merkwürdig war, prüfte die internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCooper (PwC) einige der Finanztransaktionen von Gazprom an Itera. Sie stellte zum Beispiel fest, dass Gazprom einen Anteil von 32 Prozent der Gazprom-Tochtergesellschaft Purgas an Itera verkauft hatte, und zwar für sage und schreibe 1 200 US-Dollar. Der tatsächliche Marktpreis, errechnete PwC, hätte jedoch 400 Millionen Euro betragen. Der Prüfungsbericht blieb unter Verschluss, und es folgten auch keinerlei Konsequenzen. »Seltsam war zudem, dass Gazprom Itera mit weiteren 616 Millionen Kreditgarantien, Darlehen und anderen Dienstleistungen unterstützte.«32
Mit diesen undurchsichtigen Methoden wurde Igor Makarow nicht nur einer der einflussreichsten Oligarchen, der den russischen Gasmarkt mitbestimmte, sondern anscheinend auch eine sprudelnde Geldquelle für Gazprom-Direktoren und natürlich für sich selbst. Bis heute ist das wahre Motiv für diese generösen Kapitaltransfers ungeklärt. Inzwischen ist der Oligarch mit seinem Gas- und Ölriesen Itera nicht nur massiv in den internationalen Ölhandel eingestiegen,33 sondern wird im Kreml geradezu hofiert. Er ist Mitglied des Energierats der Regierung der Russischen Föderation, des Präsidiums der russischen Industrie- und Handelskammer und der mächtigen und einflussreichen russischen Gasgesellschaft. Als prominentes Mitglied der Gasgesellschaft begleitete er häufig Putin bei dessen Reisen ins Ausland, um neue Energiegeschäfte abzuschließen.
In den USA sorgte er für Aufregung, nachdem bekannt wurde, dass er den republikanischen Abgeordneten Curt Weldon und dessen Tochter unterstützte als Gegenleistung dafür, dass der Kongressabgeordnete sich für ihn einsetzte, »um ein Darlehen der U. S. Trade and Development Agency für eine Tochtergesellschaft von Itera genehmigt zu bekommen«.34 Im Jahr 2007 fand in seinem Unternehmen in Jacksonville, Florida, eine vom FBI initiierte Hausdurchsuchung statt. Dabei wurden zahlreiche Unterlagen sichergestellt. Der Grund für die Aktion war, dass das FBI seine Aktivitäten in den USA und seine Verbindungen zum US-Kongressabgeordneten Curt Weldon aufklären wollte. Das Ergebnis ist nicht bekannt.
Nicht besonders gut auf Igor Makarow ist jedenfalls einer seiner ehemaligen europäischen Repräsentanten zu sprechen, der in St. Gallen lebende Anwalt Urs Weber und dessen Ehefrau. Ihnen gehörten Aktien von Itera, und sie beschuldigten Makarow, fünf Verträge mit Offshore-Unternehmen gefälscht zu haben, die Igor Makarow für seine privaten Geschäfte benutzte.35 Von Kick-back-Zahlungen war dabei die Rede. Das sagte Urs Weber zumindest am 6. März 2008 vor einem Schweizer Gericht aus. Igor Makarow bestritt diesen Vorwurf und klagte nun gegen die Ehefrau von Urs Weber.
Dokumente, die dem Brüsseler Journalisten Jeremy Peterson vorlagen, der für die EU als Berater für organisierte Kriminalität arbeitete, belegen wieder einmal einen undurchschaubaren Firmendschungel. Demnach ist Igor Makarow der eigentliche Nutznießer einer ganzen Reihe von Unternehmen, die mit Itera verbunden sind; viele davon sind in Offshore-Steueroasen wie den britischen Virgin Islands oder Zypern registriert. »Die Dokumente beweisen, dass Igor Makarow eigentlicher Nutznießer von nicht weniger als 23 Unternehmen ist, darunter die auf den Virgin Islands registrierte Tonmar-Holding, die Multimillionen-Dollar-Verträge mit Itera International Energy LLC abgeschlossen hat. Russische Quellen bestätigen, dass Unternehmen wie Tonmar-Holding wiederum ein riesiges Netz von Briefkastenfirmen auf den Virgin Islands unterhalten, über die das Geld für fiktive Leistungen am Ende auf die persönlichen Bankkonten von Igor Makarow transferiert wurde.«36