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„Celan zerrüttet, C.G. zerrüttet, die ganze Welt ein Hospital.“
Neues Material zur sogenannten Goll-Affäre

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Das Franz-Michael-Felder-Archiv in Bregenz konnte in den Jahren 2018 und 2019 unter anderem Material aus dem Nachlass des Darmstädter Buchhändlers und Sammlers Robert Warnebold (1934 – 2017) zur sogenannten Goll-Affäre erwerben, das aus dem Besitz des US-amerikanischen Germanisten Richard Exner (1929 – 2008) stammt. Wie die entsprechende, ebenfalls im Archiv befindliche Korrespondenz zeigt, sind die Dokumente 1981 an Warnebold verkauft und persönlich übergeben worden. Im Mai 1981 schreibt Exner nach Darmstadt: „Mir wäre es recht, wenn Sie die ganze Celan/Goll Sache übernähmen. Eines Tages nach soundsoviel Jahren kann dann ja jemand drüber schreiben. Mich interessiert es nicht mehr. Nur noch als Wert.“1

Diejenigen aber, die sich heute mit dem, was Exner „Celan/Goll Sache“ nennt, oder ganz allgemein mit der Atmosphäre in der Bundesrepublik Deutschland um 1960 beschäftigen möchten, muss es interessieren. Denn das neu zugängliche Material ist eine wertvolle Ergänzung zu den vielen hundert Dokumenten, die ich für meine Dokumentation Paul Celan – Die Goll-Affäre. Dokumente zu einer ‚Infamie‘2 gesichtet habe und, was die Briefe betrifft, nur in Auswahl publizieren konnte, aber eine Ergänzung auch zu den zahlreichen Publikationen von Personalbriefwechseln Celans, die folgten. Neben dem Pressematerial stand mir damals noch Unpubliziertes – Notizen von Celan und Claire Goll sowie Briefe – vorwiegend aus Celans Nachlass im Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA) und dem ebenfalls dort befindlichen Teilnachlass von Yvan und Claire Goll zur Verfügung, ergänzt durch weiteres Marbacher Material anderer Herkunft, dazu Einzelnes aus anderen Archiven und Privatbeständen – der von Richard Exner gehörte nicht dazu.

Richard Exner hatte mir 1998 bei einem Gespräch in München mitgeteilt, dass er sein Material zur Sache teils vernichtet, teils verkauft habe. Obwohl es durchaus in seinem Interesse lag, das eine oder andere von Dritten genannte Dokument, auf das ich ihn hinwies, noch aufzufinden, erfuhr ich nie den Käufer. Möglicherweise wollte er vermeiden, dass ich Einblick in ihm unangenehme Briefe Claire Golls an ihn nehme, die er bis zu seinem Tod der Diskretion Warnebolds anvertraut hatte.3 Auch durch spätere Bestandsergänzungen in Marbach, etwa die Verlagsarchive der Deutschen Verlags-Anstalt und des S. Fischer Verlags, aber auch durch Vor- und Nachlässe in anderen Archiven konnten die Lücken nicht gefüllt werden; zum Teil waren sie nicht einmal bekannt.

Der Name Richard Exner ist insofern eng mit der Affäre verbunden, als er sie letztlich ins Rollen gebracht hat, ohne damals allerdings Hintergründe oder Tragweite kennen zu können. Bei einer Lesung von Claire Goll aus Yvan Golls Nachlass-Band Traumkraut4 in Los Angeles Anfang August 1953 fielen dem aufmerksamem Lyrik-Leser Ähnlichkeiten mit Celans Mohn und Gedächtnis5 auf, mit dem er sich gerade intensiver beschäftigte, und er sprach mit ihr darüber. Diese Ähnlichkeiten gibt es tatsächlich, und sie sind weder zufällig noch, wie später nur scheinbar entlastend formuliert wurde, in der europäischen Moderne kursierenden „wandernde[n] Bilder[n]“6 zu danken. Ich fasse hier die der Affäre zugrundeliegenden Vorgänge in der gebotenen Kürze zusammen; dabei verzichte ich auf das Teilproblem der Celanschen Goll-Übersetzungen, die im Zusammenhang mit Exner keine Rolle spielen.

Celan lernte das Ehepaar Goll Anfang November 1949,7 knapp vier Monate vor Yvan Golls Tod an Leukämie, kennen und machte ihnen ein Exemplar des in Wien erschienenen Gedichtbands Der Sand aus den Urnen8 zum Geschenk. An Yvan Golls im Dezember 1949 und Januar 1950 geschriebenen, letzten deutschen Gedichten, die 1951 postum in Traumkraut publiziert wurden, lässt sich eine gewisse Begeisterung für den Ton der zwischen 1945 und 1948 in Bukarest und Wien geschriebenen Gedichte heraushören, die in Celans Debütband den mittleren Zyklus bilden.9 Traumkraut lag bei Golls Tod Ende Februar 1950 nicht schon als abgeschlossener Zyklus vor; vielmehr besteht der Gedichtnachlass aus einer größeren Anzahl unfertiger Gedichte und Gedichtfragmente, teils in deutscher, teils in französischer Sprache. Seine Witwe Claire Goll publizierte aus diesem Fundus mehrere Nachlassbände, dafür hatte sie bis Ende Januar 1952 Celans Widmungsexemplar von Der Sand aus den Urnen zur Verfügung10 und nützte es ganz offenbar. Aus dem Band Traumkraut geht jedoch nicht hervor, dass Claire Goll nicht nur für das Vorwort verantwortlich zeichnet, sondern als Herausgeberin auch für die Textgestalt der Gedichte.11 Im Marbacher Gedichtnachlass lassen sich heute Bearbeitungen auch von noch zu Lebzeiten Yvan Golls erfolgten, also von ihm autorisierten Drucken nachweisen, die durch keine Autographe gedeckt sind.12

Die meisten Bukarester und Wiener Gedichte wurden von Celan als erster Zyklus in Mohn und Gedächtnis übernommen, nachdem er den Wiener Band wegen Druckfehlern zurückgezogen hatte. Von dem Band wusste Claire Goll zunächst nichts, weil sie sich zum Erscheinungszeitpunkt Ende 1952 schon in den USA aufhielt.13 Nach Exners Hinweis 1953 verschickte sie einen mehrfach variierten Rundbrief an Kritiker sowie Angehörige von Verlagen und Rundfunkanstalten mit dem deutlichen Ziel, Celan im westdeutschen Literaturbetrieb zu schaden.14 Ob Exner der Text des Rundbriefs in der einen oder anderen Form damals zugänglich war, ist nicht mehr zu klären. Die partielle Übereinstimmung von Der Sand aus den Urnen mit Mohn und Gedächtnis erkannte Claire Goll wohl lange nicht, wenn sie sich überhaupt je damit beschäftigte. Im hier gesichteten Material spielt Celans Debütband keine Rolle, und zwar auch dann nicht, nachdem Exner 1960 eine Abschrift des Rundbriefs in Händen hielt und von mehreren Gesprächspartnern eine Fotokopie hätte erbitten können.

Das aus Richard Exners Besitz stammende Material zur Goll-Affäre besteht aus 32 Dokumenten aus den Jahren 1953 – 1957 und 1960/61, von denen vier als Briefbeilagen einzustufen und jeweils im Konvolut befindlichen Briefen zuzuordnen sind.15 Es handelt sich um Korrespondenzen Exners mit Claire Goll und Paul Celan, mit dem US-amerikanischen Romanisten Francis Carmody, mit dem Verleger Celans seit 1959 Rudolf Hirsch vom S. Fischer Verlag, mit Reinhard Döhl, dem Autor einer 1961 erschienenen Untersuchung der Vorwürfe Claire Golls für die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung sowie mit dessen Auftraggeber, dem Stuttgarter Ordinarius Fritz Martini.

Die vier Beilagen sowie elf der 28 Briefe sind aus dem Deutschen Literaturarchiv Marbach bekannt und teilweise auch publiziert, darunter die an Celan versandten und einer von ihm;16 17 Briefe aber sind bisher in keiner anderen Sammlung nachgewiesen. Was Exner vernichtet hat, ist dem Material nicht zu entnehmen. Es fällt freilich auf, dass wohl keine der von Warnebold erworbenen Korrespondenzen vollständig ist; das Fehlende ist zum Teil aus den Marbacher Beständen ersichtlich. Nicht nur Erkenntnisse aus bisher nicht bekannten Inhalten sind also zu erwarten, sondern auch am Vergleich mit dem anderweitig Nachgewiesenen zu gewinnende Einsichten in die Absichten und Anliegen mancher Beteiligten bei ihrer Selbstdarstellung, die daran sichtbar werden, dass bestimmte Dokumente aufbewahrt wurden, andere nicht.17 Hier kann nur ein Überblick über den ‚Mehrwert‘ versucht werden, den der Bregenzer Bestand für die Forschung darstellt.

Unsere Kenntnis von Briefen Claire Golls an Exner wird nicht nur um die beiden handschriftlichen Briefe18 – erweitert, für die die Absenderin keinen Beleg behalten konnte, sondern auch um maschinenschriftliche. Nicht verwunderlich und umso wertvoller in unserem Zusammenhang ist daher ihr Brief vom 17. Juni 1956, in dem sie Exner offen und im Übrigen ohne Unrechtsbewusstsein mitteilt, dass sie für den gerade bei Seghers in Paris erschienenen Sammelband Poètes d’aujourd’hui – Yvan Goll seinen Aufsatz La poésie allemande d’Yvan Goll, für den sie als Übersetzerin zeichnet, am Schluss ohne Rückfrage beim Autor bearbeitet hat:

„Anstatt der langen Zitiererei, die die Franzosen nicht sehr interessiert hätte, setzte ich die herrlichen Sätze aus Deinem englischen Essay über Yvan, wobei der Celan (ohne genannt zu werden) doch die ihm gebührende Maulschelle abbekommt. Es war nötig, er verbreitete nämlich neustens, dass Yvan ‚von ihm abgeschrieben‘ habe!!“.19

Ein solches Selbstbekenntnis zu Manipulationen an einem fremden Text, den sie selbst später immer wieder als ‚Beleg‘ für die Bestätigung ihrer Thesen durch Dritte heranzieht, sollte es zumindest dann offenbar nicht mehr geben, als ihr Textmanipulation im Rahmen der Auseinandersetzung mit Celan vorgeworfen wird. Von dem Bekenntnis, das Exners eigene Argumentation gegenüber Celan und Fritz Martini bestätigt,20 fehlt im Marbacher Nachlass folgerichtig der Durchschlag, den sie mit Sicherheit angefertigt hat.

Der Brief ist jedoch nicht nur ein Zeugnis für Claire Golls Selbstdarstellung durch den Nachlass, sondern macht auch Aussagen über Exners Haltung in der ersten Hälfte der 1950er Jahre in Bezug auf ihre Vorwürfe gegenüber Celan und darüber, dass er durchaus Möglichkeiten hatte, ihr textmanipulatives Tun wahrzunehmen. Zwar beruft sie sich nämlich auf eine eigene Formulierung Exners, in der französischen Fassung von Exners Aufsatz belässt sie es dabei aber nicht. Exner bezeichnet in dem von Claire Goll genannten Aufsatz für eine britische Zeitschrift, Yvan Goll – zu seiner deutschen Lyrik, Celan tatsächlich 1954 als einen, „der das Zeichen Golls weithin erkennbar trug“.21 Claire Goll weitet ihre „Maulschelle“ 1956 jedoch erheblich über das von Exner damals Formulierte aus: „et un des jeunes poètes – peut-être le plus discuté actuellement – porte visiblement la marque de l’influence de Goll, notamment la marque intemporelle de son oeuvre de maturité, dont le style est relativement facile à imiter, au moins superficiellement.“22 Später wird Exner auf die Eigenmächtigkeit der Übersetzerin zwar hinweisen, aber eben nicht darauf, dass sich ein Teil der von ihr eingesetzten Formulierung an eine eigene anlehnt. Gerade am Umgang damit hätte er als Philologe jedoch erkennen können, wie wenig genau sie es bei der Bearbeitung von Texten nimmt.

Er konnte sich damals wie später im Übrigen nicht auf die Annahme berufen, dass die Witwe sicherlich mit seinen Aufsätzen weniger ehrfurchtsvoll umging als mit den Gedichten ihres verstorbenen Mannes. Das lässt sich an einem weiteren bisher unbekannten Dokument aus dem Bregenzer Exner-Bestand zeigen, dem dort einzigen Brief – weitere Korrespondenz hat es mit Sicherheit gegeben – des erfahrenen US-amerikanischen Romanisten Francis Carmody an Exner vom 21. März 1955, der an einem Buch über Yvan Goll arbeitete. Carmody macht einerseits klar, dass Claire Goll ihm bisher Einsicht in die den deutschen Nachlassbänden Traumkraut und Abendgesang23 zugrundeliegenden Handschriften verweigert hat, und weist andererseits auf ihre Eingriffe im Bereich der Datierungen hin: „The main point is that I have dates for some of Tr., which Claire had effaced from a typescript“; er wisse, „that she assembles poems subjectively according to some symmetry she has in mind, disregarding the known chronology in order to prepare a better ‚cyclical form‘.“24

In seinem Buch The Poetry of Yvan Goll lässt sich Carmody dann auch nicht beirren und gibt für zahlreiche in Traumkraut publizierte Gedichte, und zwar gerade solche, die später als ‚Vorlage‘ für Celans ‚Plagiate‘ angeführt wurden, exakte Daten von Dezember 1949 und Januar 1950 und formuliert: „In one sense, the essential poems in Traumkraut are those dating during the last half of December, 1949.“25 Das Buch erhielt Exner zeitnah – auch das wird teilweise erst aus dem Bregenzer Material deutlich26 –, wenig nach Carmodys Brief als Manuskript und später in gedruckter Form zur Rezension.

Um Datierungen geht es Claire Goll in den Plagiat-Vorwürfen an Celan vor allem, nämlich um den ‚Nachweis‘, dass Yvan Golls späte deutsche Gedichte vor der Begegnung mit dem so viel Jüngeren entstanden sind. Carmodys Bemerkungen im Brief wie im Buch hätten Exner hellhörig machen können, hatte ihm Claire Goll doch wenig vorher 1948 als Entstehungsjahr von Traumkraut und Dezember 1949 für Abendgesang genannt,27 das sie in späteren Briefen an ihn aber vor Traumkraut datiert.28 Aus einem schon in der Dokumentation zur Affäre publizierten kleinen Briefwechsel Carmodys mit Claire Goll aus dem April 1955 geht im Übrigen hervor, dass der sehr sorgfältige Philologe Carmody auch Textmanipulationen nachweisen konnte und Claire Goll dies mit mehr als merkwürdigen Gründen rechtfertigte.29 Ob er darüber damals auch mit Exner gesprochen hat, ist nicht nachzuweisen.

Die Dokumente aus den 1950er Jahren zeigen zum einen Exners Bereitschaft, Claire Goll mit Äußerungen zu Celan zu ‚bedienen‘ – er wollte ursprünglich über Yvan Goll promovieren und war vom Wohlwollen der Rechteinhaberin abhängig –, zum andern, dass er trotz Einsicht in Manipulationen und reichlich von ihr gelieferten Datierungsvarianten nicht bereit war, daraus die nötigen Schlüsse zu ziehen.

Die Briefe aus den Jahren 1960 und 1961, der chronologisch zweiten Hälfte des Bregenzer Exner-Bestandes, machen dagegen vor allem Exners Anliegen deutlich, als inzwischen zum Professor Aufgestiegener nicht ständig in diesem unerfreulichen Zusammenhang genannt zu werden. Dabei argumentiert er weder mit dem Hinweis, dass er 1953 sehr jung war und die Hintergründe ja nicht kennen konnte, noch zeigt er, was er über Claire Golls Manipulationen am Nachlass Yvan Golls in Erfahrung bringen konnte. Dass nicht in jedem Buch, wo „Yvan Goll“ drauf steht, auch (nur) Yvan Goll drin ist, kann sich Exner offenbar nicht vorstellen – für ihn bleiben diese Texte sakrosankt: „Was eine ‚Entmythisierung‘ Yvan Golls anbetrifft, so steht das ja auf einem anderen Blatt als die von C.G. Ihnen angetanen Dinge“, schreibt Exner am 11. März 1961 an Celan.30 Der Professor aus Oberlin argumentiert genauso, wie er es schon als junger Student getan hatte: „Die Verwandtschaft mancher Gollscher Technik mit der Celans ist doch schließlich auch gar kein Verbrechen“, schreibt er am 26. August 1960 an Rudolf Hirsch;31 am 6. Mai 1961 an Claire Goll: „Das habe ich gesagt und sage es noch heute, und nicht allein ich sage es, sondern beinahe jeder Germanist, der sich mit der Sache befaßt hat“;32 und am 10. April 1961 an Fritz Martini: „Daß Celan teilweise (in Mohn und Gedächtnis) in derselben Tradition wie Goll steht, ist so offensichtlich, daß es m.E. einen Mangel an Lesefähigkeit bewiese, dies zu verneinen.“33 Es gebe also – wie von Martini am 24. Februar 1961 angeregt34 – keinen Irrtum einzugestehen.

Erst durch das Bregenzer Material ist eindeutig belegt, dass Exner den Rundbrief von 1953 (Fassung für den S. Fischer Verlag)35 und den 1960 in der kleinen Münchner Zeitschrift Baubudenpoet unter dem Titel Unbekanntes über Paul Celan publizierten Leserbrief von Claire Goll kannte: Rudolf Hirsch sandte ihm am 15. August 1960 Abschriften.36 Exner rät daraufhin Celan zu einer Verleumdungsklage, hätten doch die beiden Dokumente wenig mit dem Thema Plagiat zu tun; vielmehr sei daran „ein sich ins Pathologische immer mehr zuspitzender Komplex“ zu erkennen, „eine ungelöste Bindung zwischen Frau Goll und Herrn Celan."37 Der durch die Texte vermittelte Einblick in Claire Golls Argumentationsweise und ihre Formulierungen gerät dann aber wieder aus dem Blick. Am 27. Dezember 196038 erregt sich Exner nur darüber, dass er in der von Klaus Demus, Marie Luise Kaschnitz und Ingeborg Bachmann gezeichneten, in der Zeitschrift Die neue Rundschau im November 1960 erschienenen Entgegnung39 auf Claire Golls Vorwürfe wieder in diesem Zusammenhang erwähnt ist. Auf Fritz Martinis Aufforderung hin40 stellt ihm Exner seine Sicht ausführlich dar; dieser macht ihm daraufhin den Vorschlag, dass sein Student Reinhard Döhl – das war bisher nicht bekannt41 – auf dieser Grundlage einen ihn entlastenden Artikel für die Welt entwirft, den er vor der Lektüre zur Kontrolle erhalten soll. Auch in Exners Brief vom 6. Mai 1961 an Claire Goll, in dem er, spät genug und doch recht vorsichtig, Kritik am Rundbrief von 1953 und am Text im Baubudenpoet äußert, geht es ihm um sein eigenes Ansehen, nicht um Celans Anliegen: „Dieser Seghers-Aufsatz wird mir immer wieder unter die Nase gerieben. Ich kann mich jetzt also nicht auf persönliche Schwierigkeiten zwischen Dir und Celan einlassen.“42

Bei dem Bemühen Exners, sich zu einem Zeitpunkt angemessen aus der Affäre zu ziehen, als weitere angebliche Plagiate durch von Claire Golls gutem Willen abhängige Goll-Doktoranden publiziert43 und der Artikel im Baubudenpoet in der überregionalen westdeutsche Presse verbreitet werden,44 hat er die volle Unterstützung seiner Gesprächspartner. Der Bregenzer Bestand bringt gerade in diesem Bereich einen großen Gewinn. Beide im Bregenzer Konvolut befindlichen Briefe Exners an Rudolf Hirsch sind zwar bereits bekannt,45 Hirschs eigene Briefe, fünf im Bregenzer Bestand, aber nicht. Der dortige Brief von Reinhard Döhl,46 ja, die Tatsache überhaupt einer direkten Verbindung zwischen Exner und Döhl, waren unbekannt. Von einem Briefwechsel zwischen Exner und Fritz Martini dagegen wusste man, da Döhl in seiner Untersuchung einen dieser Briefe ausführlich zitiert,47 von diesem wie von anderen Briefen konnten aber trotz langwieriger Suche bisher keine Belege nachgewiesen worden. Im Bregenzer Bestand befinden sich ein Brief Exners an und drei von Martini, der von Döhl zitierte Brief vom 22. Januar 1961 ist leider nicht dabei.

Die bisher unbekannten Gegenbriefe zeigen, dass zumindest Martini besorgter um die ‚Rehabilitation‘ des Kollegen Exner war, als um die Celans; das geht bis in die Formulierungen. Während er an Celan, den er seit Jahren persönlich kannte und verschiedene Male persönlich zu seiner Einschätzung von Claire Golls Vorwürfen gesprochen hat, erst einmal eine Frageliste über dessen literarische Vorbilder schickt,48 bietet er Exner an, das brieflich Mitgeteilte „in einer natürlich entsprechend entschärften Form“ in der Welt publizieren zu lassen: „Sie wären damit aus der Verlegenheit genommen, selbst das Wort ergreifen zu müssen und die Richtigstellung in Ihrer Art wäre erfolgt.“49 Es handle sich, so Martini am 24. Februar 1961, „um eine Hilfe Ihnen gegenüber“.50

Die Jahre 1960 und 1961 waren nicht nur ein Höhepunkt der Pressekampagne gegen Celan, sondern auch eine Periode von offenem Antisemitismus mit Hakenkreuzschmierereien auf Synagogenwänden und Grabsteinen, mit Morddrohungen in Briefkästen oder eingeschlagenen Fensterscheiben in ‚jüdischen‘51 Geschäften und Verlagen. Celan hat zurecht immer wieder auf den Zusammenhang zwischen der bereitwilligen Aufnahme von Claire Golls Plagiat-Thesen in der westdeutschen Presse und diesem Kontext hingewiesen. Schon im Rundbrief ist Derartiges sichtbar – erschreckend deutlich wird der Zusammenhang durch ein ungefähr gleichzeitiges Dokument, eine Darstellung des Lyrikers Richard Exner durch Claire Goll, wohl für eine Publikation seiner Gedichte in Hans Benders Zeitschrift Konturen: Exner wird geradezu als ‚arisches‘ Gegenmodell zum hier nicht genannten ‚Juden‘ Celan stilisiert. Während im Rundbrief in Bezug auf diesen von Unnatürlichkeit, „Tarnung“, „gespielte[r] Ergebenheit“, und „geschickt assimilierte[r] Verwertung“ die Rede ist,52 heißt es zu Exner: „Hier war nicht gesuchte Künstlichkeit, sondern gemusste, gefühlte Kunst. Aus diesen Zeilen tönte ein eigener Klang“, der Autor sei nicht der „moderne Poet“, der es vorziehe „zu zersetzen und zu zerstören anstatt aufzubauen“, vielmehr „ein hoher blonder Mensch“ – in einem Entwurf statt „Mensch“: „Germane“! –, ein in Deutschland geborener ehemaliger Hitlerjunge.53

Das ist kein öffentliches Dokument, der Artikel im Baubudenpoet aber ist dies. Dort beschreibt Claire Goll nicht nur, wie schon im Rundbrief von 1953, Celan als einen eitlen, ehrgeizigen aber unkreativen, geldgierigen, seine Zuneigung nur vortäuschenden Erbschleicher – schon das sind antisemitische Klischees –, zusätzlich aber als jemanden, der sein Schicksal als Überlebender der Shoah nur vortäuscht: „Seine traurige Legende, die er so tragisch zu schildern wusste, hatte uns erschüttert: die Eltern von den Nazis getötet“.54

Die antisemitischen Nuancen der Affäre sind keine erst am Bregenzer Material zu gewinnende Erkenntnis, neu aber ist, in welchem Maße von Celans Korrespondenzpartnern die Wahrnehmung der antisemitischen Komponente verweigert wurde, nicht nur von Fritz Martini, von dessen SA-Vergangenheit Celan wusste, sondern auch von solchen, die, wie Rudolf Hirsch, selbst als ‚Juden‘ betroffen waren.

Celan erhielt die beiden in Bregenz archivierten ausführlichen Briefe Exners an Hirsch durch den Empfänger, nicht aber dessen im Bregenzer Archiv neu zugängliche Antwortbriefe. Aus ihnen hätte Celan ersehen können, welche Anliegen Vorrang haben. Der Verleger schickt den Rundbrief von 1953 und den Artikel im Baubudenpoet am 15. August 1960 ja nicht deshalb an Exner, um diesen auf die antisemitische Komponente von Claire Golls Argumentation aufmerksam zu machen, sondern weil Exner „direkt oder indirekt, als Kronzeuge erwähnt“ sei.55 Vielleicht verschweigt Hirsch bewusst, was er selbst durchaus wahrzunehmen in der Lage ist. Denn es ist nicht einfach, der Öffentlichkeit zu erklären, warum Derartiges gerade von einer Überlebenden der Shoah ausgeht: Auch das Verschweigen der eigenen Jüdischkeit, verbunden mit jüdischem Selbsthass, kann freilich eine Strategie des Überlebens sein. Die Frage, warum Claire Goll damit 1960 in Westdeutschland so erfolgreich ist, wäre trotzdem zu stellen gewesen.

Die Nichtbeachtung dieses Aspekts hat Konsequenzen für den Umgang aller Beteiligten mit Paul Celan. ‚Weiß‘ man doch, Überlebende der Shoah sind überempfindlich, sehen überall Antisemitismus. Jemand wie Celan musste also geschont werden; auch Hirsch, der zunächst vertrauensvoll um Rat gebetene Verleger, ist nicht offen zu ihm. Die Gegenbriefe zeigen, wie wenig Celan als Person ernst genommen wird,56 obwohl seine durchaus belegbare und Hirsch bekannte These, das Claire Golls Nachlass-Publikationen zugrundeliegende Material sei samt den von ihr verbreiteten Daten postum bearbeitet, von Exner ja hätte bestätigt werden können. Für den Verlag, wenn auch eher für die Deutsche Verlags-Anstalt, Verlag von Mohn und Gedächtnis, als den S. Fischer Verlag, wäre ein tatsächlicher Plagiatsfall unter Umständen Verpflichtung zu juristischem Handeln gewesen; einen Prozess wegen persönlicher Verleumdung aber musste Celan allein führen – und der um seine Meinung gebetete Anwalt des Verlags konnte ihm getrost davon abraten.57 Celan konnte als Fall von Verfolgungswahn abgetan werden. Einfacher als Celans Hinweisen ernsthaft nachzugehen und die politische Dimension wahrzunehmen, die die willfährige Verbreitung von Claire Golls Formulierungen in der westdeutschen Presse hatte, schien es für alle Beteiligten offenbar, Exner zu rehabilitieren und die ganze Affäre als persönlichen Konflikt einzustufen: Darüber wüssten sowieso nur die beiden Beteiligten, Claire Goll und Celan, Bescheid,58 beide zerbrächen sie offenbar daran. Damit wird also im Grunde dem Bedrängten selbst mangelnde Offenheit unterstellt. „Wo man hinschaut Unheil, unheilbares Unheil“, schreibt Hirsch am 15. August 1961 an Exner und stellt Paul Celan und Claire Goll in der Sache auf eine Stufe: „Celan zerrüttet, C.G. zerrüttet, die ganze Welt ein Hospital.“59 Celans Misstrauen gegenüber Martini und Hirsch war kein Zeichen einer krankhaften Überempfindlichkeit, sondern berechtigt, das bestätigen die neu zugänglichen Briefe nicht zum ersten Mal, aber doch sehr eindrücklich. Das Material aus Exners Besitz im Franz-Michael-Felder-Archiv ermöglicht also nicht nur neue Erkenntnisse zu einer literaturgeschichtlichen Affäre, sondern dokumentiert darüber hinaus – und zwar als Gesamtkonvolut – den Umgang mit der deutschen Vergangenheit in der Zeit zwischen den frühen 1950er und den frühen 1960er Jahren, mit ihren selbstentlastenden Mechanismen, der eigenen Verständnislosigkeit und den Schuldzuweisungen gegenüber den ‚Überempfindlichen‘. Dass daran ‚Juden‘ und ‚Nichtjuden‘, Menschen aus Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und den USA gleichermaßen beteiligt sind, macht den Wert des Bestandes auch für andere Forschungsbereiche gerade aus.


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1 Richard Exner an Robert Warnebold, 22.5.1981 (Datierung nach Poststempel, Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 04). Wir danken Annegret Stein für die Genehmigung der Zitate von Richard Exner. Weitere Rechteinhaberinnen haben auf Anfrage einer Publikation nicht widersprochen oder waren nicht aufzufinden.

2 Barbara Wiedemann (Hg.): Paul Celan – Die Goll-Affäre. Dokumente zu einer ‚Infamie‘. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2000.

3 Am 10.6.1981 schreibt Exner an Warnebold von „mir peinlichen Briefen Claires an mich“ (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 04). Am 29.6.1981 betont er explizit, dass die geforderte Diskretion mit seinem Tod erlischt (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 04).

4 Ivan Goll: Traumkraut. Gedichte aus dem Nachlaß. Wiesbaden: Limes Verlag 1951. Der Vorname Golls variiert in der Schreibung, ich verwende im Aufsatz die von Claire Goll in ihren Briefen bevorzugte Form.

5 Paul Celan: Mohn und Gedächtnis. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1952.

6 Nach Fritz Martini im Aufsatz von Reinhard Döhl: Geschichte und Kritik eines Angriffs. Zu den Behauptungen gegen Paul Celan. In: Jahrbuch 1960 / Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung. Darmstadt: Lambert Schneider 1961, S. 101 – 132, hier S. 130.

7 Das Datum der Erstbegegnung am 6.11.1949 belegt sowohl ein Tagebucheintrag von Yvan Goll, als auch ein Brief von Paul Celan an Erica Lillegg; siehe Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 17f.

8 Paul Celan: Der Sand aus den Urnen. Gedichte. Mit 2 Originallithographien von Edgar Jené. Wien: Verlag A. Sexl 1948.

9 Siehe dazu Barbara Wiedemann: „‚Todesfuge‘ notamment nous empoigne“. Yvan Golls letzte deutsche Gedichte und seine Begegnung mit Paul Celan. In: Hermann Gätje und Sikander Singh (Hg.): Konjunktionen – Yvan Goll im Diskurs der Moderne. Tübingen: Narr Francke Attempto 2017, S. 187 – 203.

10 Am 27.7.1956 schreibt Celan an Alfred Andersch zu seinem letzten Gespräch mit Claire Goll, das, so der Notizkalender von Claire Goll, am 29.1.1952 in ihrer Pariser Wohnung stattfand: „Die einzige Satisfaktion, die ich mir zu verschaffen wußte, war, daß ich den Gedichtband, den ich Golls geschenkt hatte, vom Bücherregal holte und mitnahm: meine Gedichte in diesen Händen zu wissen, war mir ein Greuel.“ (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 229, zum Datum des Besuchs S. 177).

11 Zu den fehlenden Unterlagen der von Claire Goll edierten Fassungen siehe Barbara Glauert-Hesse: Ärgernisse mit der Edition Yvan Golls. In: Yvan Goll: Die Lyrik. Hg. und kommentiert von Barbara Glauert-Hesse. Berlin: Argon Verlag 1996, Bd. 1, S. 353 – 360, bes. S. 355f., sowie die Hinweise der Herausgeberin auf fehlende Manuskripte im Kommentar zu Bd. 4, S. 604 – 629. Manche Gedichte sind aus diesem Grund in der Ausgabe nicht mehr enthalten (siehe z. B. ebd., S. 606).

12 Siehe den Kommentar zu Geburt des Feuers (Goll, Lyrik (Anm. 11), Bd. 4, S. 605f.); das Gedicht wurde 1948 von Yvan Goll in der Zeitschrift Das goldene Tor, 3, Heft 5, S. 466, abgedruckt.

13 Claire Goll kam erst im Mai 1955 nach Paris zurück: Claire Goll an Richard Exner, 5.4.1955 (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2: Exner : 18; als Durchschlag im DLA). Der längere Aufenthalt war notwendig, um die 1945 erworbene US-amerikanische Staatsbürgerschaft nicht zu verlieren.

14 Siehe die von Claire Goll an den Mitarbeiter des Süddeutschen Rundfunks, Karl Schwedhelm, gesandte Fassung (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 187 – 189).

15 Eine durch Claire Goll mit gezielten Abweichungen erstellte Maschinen-Abschrift eines Briefs von Yvan Goll an Hans Bolliger vom 18.5.1948 (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 14) erhielt Exner mit Claire Golls Brief vom 3.5.1961 (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 581 – 583; Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 11); der handschriftliche Originalbrief Yvan Golls an Bolliger ist publiziert (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 707), mit dem Bregenzer Exemplar weitgehend gleichlautende Abschriften befinden sich in Golls Nachlass (DLA). Die Maschinen-Abschriften von Claire Golls Rundbrief von 1953, Fassung S. Fischer Verlag, sowie von ihrem Artikel im Baubudenpoet (siehe Anm. 36) erhielt Exner durch Rudolf Hirsch am 15.8.1960 (jeweils Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 06 und 07). Die Teilabschrift aus Exners Aufsatz in Poètes d'aujourd'hui in Claire Golls französischer Fassung (siehe Anm. 22) erhielt Exner durch Fritz Martini am 24.2.1961 (jeweils Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2: Exner : 09 und 10).

16 Paul Celan an Richard Exner, 24.2.1961 (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 01) und Exner an Celan, 17.2.1961 u. 11.3.1961 (jeweils Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner: 02). Drei weitere Briefe Exners, sowie ein Briefentwurf von Celan an ihn sind aus dem DLA bekannt, alle sind publiziert (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 489 – 499).

17 Dafür gibt es aus Claire Golls Nachlass Beispiele: Sie hat wohl nur solche Briefe Celans aufbewahrt, die sie für ihre Argumentation nutzen konnte (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 154f.).

18 Claire Goll an Richard Exner, 6.4.1955 und 18.6.1956 (nur Felder-Archiv: jeweils Handschrift, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 13 und 17). Nicht bekannt ist außerdem das in Anm. 53 beschriebene, teilweise handschriftliche Dokument.

19 Claire Goll an Richard Exner, 17.6.1956 (nur Felder-Archiv: Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 17).

20 Richard Exner an Paul Celan, 11.3.1961 (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 493; Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 02); Richard Exner an Fritz Martini, 10.4.1961 (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 10).

21 Richard Exner: Yvan Goll – zu seiner deutschen Lyrik. In: German Life & Letters (1954/55), S. 252 – 259, hier S. 252. Es gibt aus der Zeit auch Äußerungen des jungen Germanisten, die noch etwas deutlicher, als die dann in der britischen Zeitschrift gedruckten, seine Willfährigkeit gegenüber der Witwe Yvan Golls zeigen und an die er sich später kaum erinnerte und erinnern wollte: Er werde, wenn sie das wünsche, Celan stärker als Imitator herausstreichen (Richard Exner an Claire Goll, 1953 oder 1954, nur DLA: Handschrift A : Goll 78.12138).

22 Richard Exner: La poésie allemande d'Yvan Goll. In: Poètes d'aujourd'hui – Yvan Goll. Paris: Seghers 1956, S. 65 – 79, hier S. 79.

23 Ivan Goll: Abendgesang (Neila). Letzte Gedichte. Aus dem Nachlaß herausgegeben von Claire Goll. Mit drei Zeichnungen von Willi Baumeister und einem Nachwort von Hans Bender. Heidelberg: Wolfgang Rothe 1954.

24 Francis Carmody an Richard Exner, 21.3.1955 (nur Felder-Archiv, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 22), das Jahr erschlossen aus einer Bemerkung zur Abreise Claire Golls nach Frankreich, in Verbindung mit dem in Anm. 13 genannten Brief. Claire Golls Überschreibungen von nicht zu ihren Vorwürfen passenden Daten lassen sich am Marbacher Nachlass tatsächlich nachweisen, siehe die Abbildungen 7 – 9 in: Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2).

25 Francis Carmody: The Poetry of Yvan Goll. A Biographical Study. Paris: Cractères 1956, S. 160, die Datenliste S. 204.

26 Claire Goll an Richard Exner, 5.4.1955 u. 18.6.1956 (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 17 und 18).

27 Claire Goll an Richard Exner, 9.2.1955 (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 19; Durchschlag im DLA).

28 Claire Goll an Richard Exner, 3.5.1961 (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 581f.; zum Exemplar im Felder-Archiv siehe Anm. 15).

29 Francis Carmody warf Claire Goll im April 1955 Fälschung vor, weil von ihm wahrgenommene Abweichungen nicht auf Tippfehler zurückgehen könnten; sie wies den Vorwurf am 23.4.1955 mit der Begründung zurück, sie hole sich von einer Büste Yvan Golls immer die Genehmigung dafür (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 712f.).

30 Siehe Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 493 (Durchschlag, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 02).

31 Ebd., S. 628 (Durchschlag, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 07).

32 Ebd., S. 586 (Durchschlag, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 12, dort der einzige Brief von Exner an Claire Goll).

33 Richard Exner an Fritz Martini, 10.4.1961 (nur Felder-Archiv, Durchschlag: Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 10).

34 Fritz Martini an Richard Exner, 24.2.1961 (nur Felder-Archiv, Typoskript: Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 09).

35 Siehe Anm. 15. Der Rundbrief (Anm. 4) ist in dieser Fassung aus dem Celan-Nachlass (DLA) bekannt.

36 Claire Goll: Unbekanntes über Paul Celan. In: Baubudenpoet, 1960, 5 (April/Mai), S. 115f., zur Zuordnung zu dem bisher nicht bekannten Brief Martinis siehe Anm. 15.

37 Richard Exner an Rudolf Hirsch, 26.8.1960 (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 627; Durchschlag.

Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 07).

38 Richard Exner an Rudolf Hirsch, 27.12.1960 (Durchschlag, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 07, weiterer Durchschlag im DLA).

39 Marie Luise Kaschnitz, Ingeborg Bachmann und Klaus Demus: Entgegnung. In: Die neue Rundschau, 71 (1960), 3, S. 547 – 549. Der Text wurde von Celan zusammen mit Demus erarbeitet.

40 Fritz Martini an Richard Exner, 5.1.1961 (nur Felder-Archiv, Typoskript: Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 09).

41 Fritz Martini an Richard Exner, 31.1.1961 (nur Felder-Archiv, Typoskript: Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 09).

42 Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 588 (Durchschlag, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 12).

43 Rainer Kabel (als Rainer K. Abel): Jeder ist Orpheus. Yvan Goll und die Befreiung aus dem Hades des Alltags. In: Christ und Welt, 27.10.1960. Ders.: Umstrittener Ausflug in die Vergangenheit: Anleihe oder Anlehnung? Zur Kontroverse um Yvan Goll und Paul Celan. In: Die Welt, 11.11.1960. Dietrich Schaefer: Was zum Fall Celan zu sagen ist. In: Die Welt, 16.12.1960.

44 Der Artikel aus dem nur in einem kleinen Kreis verbreiteten Blatt (siehe Anm. 36) wurde am 24.5.1960, ebenfalls unter dem Titel Unbekanntes über Paul Celan, weitgehend vollständig von den überregional verbreiteten Bremer Nachrichten nachgedruckt.

45 Wann Celan die Briefe Exners an Hirsch vom 26.8.1960 (siehe Anm. 31) und vom 27.12.1960 (Durchschlag, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 07), zur Einsicht von Hirsch erhalten hat, ist nicht bekannt; vom ersten gibt es eine Teilabschrift, vom andern eine Kopie im Celan-Nachlass (DLA). Schon am 29.7.1960 bekam Celan Exners Brief an Hirsch vom 24.7.1960 (nicht im Felder-Archiv; Paul Celan, Rudolf Hirsch: Briefwechsel. Hg. v. Joachim Seng. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2004, S. 131 – 135).

46 Döhl an Richard Exner, 13.5.1961 (nur Felder-Archiv, Typoskript: Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 05).

47 Döhl, Geschichte und Kritik (Anm. 6), S. 106 u. 108.

48 Fritz Martini an Paul Celan, 15.2.1961 (Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 519f.).

49 Fritz Martini an Richard Exner, 31.1.1961 (nur Felder-Archiv, Typoskript: Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 09).

50 Fritz Martini an Richard Exner, 24.2.1961 (nur Felder-Archiv, Typoskript: Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 09).

51 In einfachen Anführungszeichen setze ich ‚Jude‘ oder ‚jüdisch‘ dann, wenn der Begriff im Sinne der Rassegesetze von 1935 gemeint ist; Glaubensfragen, aber auch das Selbstverständnis der betroffenen Personen haben damit nichts zu tun.

52 Wiedemann, Goll-Affäre (Anm. 2), S. 188f.

53 In dieser Form nur im Felder-Archiv: handschriftlich ergänztes Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 20; die Publikation in Konturen kam nicht zustande. Der Entwurf, ein handschriftlich korrigiertes Typoskript, befindet sich im DLA (A : Goll 78.11276); erst durch das Bregenzer Exemplar lässt sich das Dokument eindeutig als Text über Exner identifizieren.

54 Claire Goll, Unbekanntes (Anm. 36) S. 115.

55 Rudolf Hirsch an Richard Exner, 15.8.1960 (Anm. 14).

56 Die Unachtsamkeit gegenüber Celan von Seiten Martinis geht so weit, dass er in einem Brief an Exner von „der Affäre Goll-Zelan“ spricht (5.1.1961, siehe Anm. 40).

57 Siehe den Kommentar zu Celans Brief an Rudolf Hirsch vom 3.5.1960, Celan-Hirsch, Briefwechsel (Anm. 45), S. 278.

58 Angedeutet wird dadurch auch eine mögliche erotische Komponente im Verhältnis der beiden; Claire Goll, die zur angeblichen Tatzeit (1950) 59 oder 60 Jahre alt war, nimmt derartige Andeutungen nach Celans Tod in der französischen Fassung ihrer Autobiographie La poursuite du vent (Paris: Olivier Orban 1976, S. 274) gerne auf und macht eine veritable Vergewaltigungsgeschichte daraus. So schon Claire Goll: Ivan Golls Witwe – So war es. In: Westermanns Monatshefte, (1975) 4, S. 76 – 80, hier S. 76.

59 Rudolf Hirsch an Richard Exner, 15.8.1961 (Typoskript, Nachlass Robert Warnebold, Franz-Michael-Felder-Archiv, N 46/2 : Exner : 06).

Jahrbuch Franz-Michael-Felder-Archiv 2020

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