Читать книгу Aloronice - Judith Weber - Страница 4
Neunzehn Jahre zuvor
ОглавлениеSie lagen beide auf ihren Betten, dass sie sich ein Zimmer teilten war klar, sie teilten sich auf ihren Reisen schon seit jeher ein Zimmer. Marie lag auf dem Rücken und starrte an die Decke, die Neonbeleuchtung war aus und die Nachttischlampen strahlten ein warmes Licht aus. Außer den Betten waren noch ein Kleiderschrank und ein kleiner, wackeliger Tisch mit zwei ungleichen Stühlen im Zimmer. Die Stühle quollen über von unzähligen Kleidungsstücken, die Thea und sie schon im Laufe der ersten zwei Tage reichlich darauf verteilt hatten. Eine Tür führte in ein winziges Badezimmer.
Theas Kofferradio spielte leise Musik, es war ein Song von Bryan Adams, unplugged.
So etwas Blödes war ihr noch nie passiert. Na, der sollte ihr nochmal begegnen, dann würde sie ihn aber abblitzen lassen. Sie war wütend Eine Weile spielte sie in ihrem Kopf all die Möglichkeiten durch, mit denen sie ihm ihre Demütigung von heute heimzahlen wollte.
Leider konnte sie nicht verhindern, dass sie bei der Vorstellung, er könnte ihr noch einmal so nahe kommen, leicht zu zittern begann.
Thea schlief schon, es war bald zwei Uhr, Marie hörte wie Thea im Schlaf leicht durch die Nase pustete, sie selbst aber bekam kein Auge zu. Über eine Stunde hatte sie sich gemeinsam mit Thea noch über das unmögliche Betragen der beiden Jungs aufgeregt. Richard hatte sich zwar formvollendet von ihnen verabschiedet, war aber auch unmittelbar nach Claudes rasantem Abgang ziemlich hastig verschwunden.
Immerhin hatte er, schon im Gehen zwar, aber trotzdem höflich ein „vielen Dank für den netten Abend!", in Richtung Thea gerufen, aber auch von ihm war innerhalb kürzester Zeit keine Spur mehr dagewesen.
Thea war, im Gegensatz zu ihr, nicht richtig sauer gewesen, eher etwas irritiert. Sie sah die ganze Sache lockerer und stellte abschließend für sich fest, dass „die Jungs eben ziemlich sonderbar" waren. Das wäre dann ja wohl nichts gewesen und morgen könnten sie ja mal die andere Seite der Stadt erkunden, oder sich vor Beginn der Schule noch ein paar passende, dem heißen Wetter angemessene Klamotten kaufen.
Von dem totalen Aufruhr in ihrem Inneren erzählte Marie ihr nichts, es war ihr ja selbst etwas unheimlich und sie konnte ihren eigenen Gedanken dazu kaum folgen.
Irgendetwas war anders seit heute Nacht, sie war anders.
Nun ja, das Problem würde sie heute Nacht nicht mehr lösen und vermutlich bekam die ganze Sache morgen bei Tageslicht sowieso eine weniger wichtige Bedeutung.
Sie drehte sich zur Seite griff nach dem Kofferradio und drückte den OffSchalter. Dann knipste sie die Nachttischlampe aus, rollte sich unter ihrer Decke zusammen und versuchte die Lücke zwischen ihren Gedanken zu finden, in der sie einschlafen konnte.
Die nächsten zehn Tage vergingen wie im Fluge. Die Stadt erkunden, shoppen oder sich mit den neuen Bekannten aus dem College den Abend vertreiben. Es gab einige nette Mitschüler hier. Sie kamen aus aller Herren Länder um Französisch zu lernen.
Ihren Bekanntschaften aus ihrer zweiten Nacht waren sie nicht mehr begegnet. Langsam begann auch Marie zu glauben, dass sie überreagiert und sich die ganze Geschichte mehr oder minder eingebildet hatte.