Читать книгу Deine Gefühle wiegen mehr als du denkst. Befreie dich von emotionalem Essen und lebe mit Leichtigkeit. - Julia Sahm - Страница 11
Wie innere Überzeugungen entstehen
Оглавление»Wir werden alle als Giganten geboren, doch nur von Zwergen erzogen.«
FELIX WAGNER
Die Ausrichtung der eigenen Gedanken hängt sehr stark mit den jeweiligen zugrunde liegenden inneren Überzeugungen zusammen. Ein Gedanke ist zunächst ein Feuerwerk neuronaler Aktivität, bestehend aus Neuronen, den Bausteinen des Gehirns, die Information in Form von elektrischen Impulsen darstellen und weiterleiten. Ein Gedanke ist also eine neuronale Repräsentation in deinem Gehirn. Dein Gehirn wiederum ist Bestandteil eines Organismus, der mit seiner Umwelt interagiert und dauernd damit beschäftigt ist, existierende Dinge zu erfassen und Zusammenhänge zu erläutern. Dieses Vorgehen ist für das menschliche Fortbestehen lebensnotwendig. Gedanken sind also ein Produkt des Gehirns, das in Wechselwirkung mit der Umwelt und uns selbst steht.
Was ich damit sagen möchte, ist, dass dein Gehirn kein objektives Lexikon ist, das bei einem Gedanken an etwas eine neutrale Definition oder Erklärung liefert, sondern immer in Wechselwirkung zu deinen Erfahrungen steht.
ÜBUNG
Wir können ja mal ein kleines Experiment machen:
Was passiert, wenn ich dich bitte, an einen Hund zu denken?
Bevor du weiterliest, beobachte einmal ganz bewusst, welche Bilder gerade in dir entstehen, wenn ich dich bitte, an einen Hund zu denken.
Soll ich dir sagen, was du gerade vor deinem inneren Auge gesehen hast?
Das würde ich gerne, aber das kann ich leider nicht. Denn nur du weißt, welche Gedanken zum Thema Hund in dir entstehen. Fakt ist, dass kein Mensch bei dieser Übung identische Gedanken denkt. Niemand greift zurück auf eine allgemeingültige Definition wie: »Ein Hund ist ein Haus- und Nutztier, das von den Wölfen abstammt.« Vielmehr hast du vielleicht gerade an einen ganz speziellen Hund gedacht. Vielleicht an Rudi, den Dackel deiner Oma, und wie du mit ihm als Kind vergnügt im Garten gespielt hast. Vielleicht hast du aber auch sofort an die »böse« Bulldogge gedacht, die vor ein paar Jahren einmal nach dir geschnappt hat.
Dieses Beispiel verdeutlicht zusätzlich auch noch einmal die Auswirkung unserer Gedanken auf unsere Gefühlslage. Bei dem Gedanken an den Dackel Rudi würde ein wohliges Gefühl entstehen, während der Gedanke an die Bulldogge vermutlich Angst und Anspannung auslösen würde.
Vielleicht hilft es dir, wenn du dir das menschliche Gehirn ein bisschen wie eine Festplatte vorstellst, die bei unserer Geburt noch nicht bespielt ist. Von der Sekunde an, in der wir das Licht der Welt erblicken, könnte diese Festplatte nun mit allen möglichen Informationen bespielt werden, denn unser Geist hat keine natürlichen Grenzen. Allerdings werden wir in eine Welt hineingeboren, in der bereits eine kollektive Meinung darüber besteht, wie wir über bestimmte Dinge denken sollten. Von Tag 1 unserer Geburt an wird uns von unseren Eltern, der Schule, der Kirche, den Medien und der Gesellschaft beigebracht, wie wir zu denken und sogar zu fühlen haben. Wir lernen sozusagen einen Kodex, der uns lehrt, was etwas ist und wie es funktioniert. Ein Baum ist ein Baum, ein Stuhl ist ein Stuhl, ein Haus ist ein Haus … Man hält das Messer in der rechten Hand und die Gabel in der linken; Kinder bekommt man erst wenn man verheiratet ist; schön bist du, wenn du schlank, vollbusig und blond bist etc. Als Kind glauben wir ungefiltert alles, was Erwachsene sagen, und so bespielen wir unsere Festplatte von Anfang an mit gesellschaftlichen Regeln und Normen. Wir haben also von Geburt an nie wirklich die Gelegenheit, zu entscheiden, was wir glauben wollen und was wir nicht glauben wollen. Die Religion, mit der wir aufwachsen, die politische Ausrichtung unseres Landes und die moralischen Wertvorstellungen unserer Kultur existierten bereits, bevor wir geboren wurden und prägen unsere Entwicklung.
Ähnlich wie bei der Dressur von Tieren werden wir entweder bestraft oder belohnt, wenn wir uns an die Gesellschaftsregeln halten. Man sagt uns »Guter Junge« oder »Braves Mädchen«, wenn wir tun, was Mama und Papa von uns erwarten. Tun wir es nicht, sind wir ein »schlechtes Mädchen« oder ein »böser Junge«.
Solange wir uns an die Regeln halten, werden wir entsprechend belohnt; verstoßen wir hingegen dagegen, werden wir bestraft. Die Belohnung zeigt sich beispielsweise in Form von gebührender Anerkennung von Seiten unserer Eltern, Geschwister Lehrer oder Freunde. In diesem Zusammenhang entwickeln wir alle ein großes Bedürfnis nach Anerkennung und verspüren regelrechte Panik, bestraft zu werden. Geprägt von diesem Bedürfnis nach Anerkennung und der Angst vor Bestrafung, tun wir oft Dinge, die eigentlich nicht unserem Wesen entsprechen. Das wiederum birgt auf Dauer große Gefahren.
Um dazuzugehören und anderen Menschen zu gefallen, entwickeln sich viele von uns zu Menschen, die sie eigentlich nicht sind. Statt zu einem Individuum werden wir schnell zu einer Kopie von Mamas Erwartungen, Papas Glaubenssätzen und gesellschaftlichen Normen. Um Mama und Papa, den Lehrern und den Freunden zu gefallen, fangen wir an, eine Rolle zu spielen und sind uns dessen nicht einmal bewusst. Denn wir wissen ja gar nicht, wer wir eigentlich sind. Alle unsere persönlichen Neigungen gehen während unser »gesellschaftlichen Dressur« verloren beziehungsweise hatten oft gar nie die Chance, sich zu entwickeln oder von uns selbst entdeckt zu werden. Genau aus diesem Grund ist es so unglaublich wichtig, sich einmal die Zeit und den Raum zu nehmen, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und über solche Dinge in Ruhe zu reflektieren.
Wie schön, dass du dir mit diesem Buch genau diese Zeit und diesen Raum schenkst! Die weiteren Inhalte und bevorstehenden Übungen werden dich systematisch auf dieser Reise zu dir selbst und deiner Transformation zu der Person, die du werden möchtest, unterstützen.