Читать книгу Schwarz wie deine Liebe - Julie Craner - Страница 15
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Seine Hand hatte sich unter Auroras Kinn gelegt. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm ins Gesicht zu sehen.
„So wunderschön!“ In Erics Augen flackerten kleine Flammen. Wie immer, wenn er seine Gefühle nicht unterdrücken konnte.
Sie wollte ihm nicht widerstehen. Ihre Hände fassten in den weichen Wollstoff seines Pullovers. Sein Arm schlang sich um ihre Taille, während sein Daumen über ihre Wange strich.
„Eric?“ Zögernd sah sie ihn an. Sollte sie ihm nachgeben?
Doch er ließ ihr keine Wahl. Seine Lippen senkten sich auf ihre. Erst kurz und sanft. Dann verfestigte sich sein Griff. Fast schmerzhaft presste er sie an seinen Körper. Er sog ihre Unterlippe ein, fuhr mit seinen spitzen Zähnen über die dünne Haut, bis diese nachgab. Erics Stöhnen vibrierte an ihrem Körper, während er fest an der Wunde sog.
Erschrocken neigte sie ihren Kopf zurück, sodass er sich von ihr lösen musste. Ein blutroter Ring hatte sich um die schwarzen Pupillen gelegt. Diesen Hunger hatte sie bisher noch nie in seinen Augen gesehen.
Der Griff um ihr Kinn wurde schmerzhaft. Unsanft neigte er ihren Kopf zur Seite. Sie wollte zurückweichen, doch sein Arm um ihre Taille hielt sie gefangen. Eric öffnete den Mund und seine verlängerten Eckzähne zeigten sich. Sein Blick war auf ihren Nacken gerichtet. Kalte Schauer liefen ihren Rücken hinunter.
„Eric, bitte nicht.“ Sie versuchte, sich wieder von ihm wegzudrücken, doch er knurrte sie an, verstärkte seinen Griff. Zitternd kniff sie die Augen zu, als sich sein Kopf zu ihrem Hals senkte. Es tat weh, als seine Zähne die Haut durchbrachen. Nichts war zu spüren von dem süßen Prickeln, das sein Biss sonst auslöste. Mit jedem tiefen Sog wurde das Brennen nur stärker. Als würden Flammen durch ihre Gefäße wüten.
Ihr wurde schwindelig, in ihren Ohren hörte sie ein Rauschen und ihre Knie gaben nach. Wimmernd griff sie in seinen Pullover.
„Bitte hör auf. Eric, bitte, stopp.“
„Eric, lass sie. Komm her, Geliebter.“ Eine weibliche Stimme ließ ihn innehalten. Achtlos ließ er ihren geschwächten Körper fallen und drehte sich zu dejenigen, die ihn gerufen hatte.
Zitternd stützte Aurora sich ab und erblickte die Frau, die ihr so ähnlich sah. Ohne sich noch einmal umzuwenden, machte er einen Schritt zu ihr.
„Eric, bitte nicht. Geh nicht“, flüsterte sie ihm hinterher. Trotz allem, was er ihr angetan hatte, konnte sie ihn nicht hassen.
Langsam wandte er seinen Kopf zu ihr um. „Du hattest recht, ich habe immer nur sie geliebt.“ Dann lief er weiter. Ließ sie auf dem kalten Boden liegen, um in die Arme ihres Ebenbildes zu sinken.
Ruckartig setzte Aurora sich auf und griff nach ihrem Hals. Ihre Atmung ging so schnell, als wäre sie gerade eine Stunde auf dem Laufband gerannt. Prüfend fuhren ihre Finger über ihre Haut, während die andere Hand nach dem Nachtlicht tastete. Nachdem sie den Schalter betätigt hatte, betrachtete sie blinzelnd ihre Hände.
Kein Blut.
Dabei hatte es so echt gewirkt. Ihre Haut schien immer noch gereizt zu sein und ein leichtes Brennen zog durch ihren Körper. Seufzend wischte sie sich über die feuchte Stirn. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Auch wenn sie ihn verlassen und er sie nicht hatte gehen lassen wollen, es fühlte sich genauso an. Als hätte Eric sie nur benutzt.
Warum musste sie Gefühle für ihn entwickeln? Sie hatte bei anderen Trennungen nie solchen Schmerz empfunden.
Warum war das zwischen Eric und ihr anders? Lag es daran, dass sie so viele intensive Erlebnisse miteinander geteilt hatten?
Sie griff nach der Tasse mit dem inzwischen kalten Lavendeltee. Auch wenn sie es nicht ganz vermeiden konnte, sie musste versuchen, sich von Eric fernzuhalten. Dann würde diese dumme Sehnsucht sicher bald verschwinden.
Nachdem sie die Tasse abgestellt hatte, griff sie nach einem der Schreibhefte ihrer Ahnin auf dem Nachttisch. So schnell konnte sie nicht mehr einschlafen, und was ihre Großmutter alles erlebt hatte, war so spannend, dass es sie hoffentlich auf andere Gedanken bringen würde.
„Wie gesagt, wenn du keine Lust hast, mit meinem Mann zu trainieren, kannst du gerne mir und Sasha Gesellschaft leisten.“ Francesca nickte dem Diener zu, der ihnen die große Tür zum Haus des Königs aufhielt. „Fühl dich nicht dazu verpflichtet, nur weilLorenzo dich gefragt hat.“
Aurora schüttelte den Kopf, der halb in ihrem langen, weichen Schal verborgen lag. Bei den kalten Temperaturen wollte sie über ihren Trainingssachen lieber etwas Warmes tragen.
Sie war überrascht gewesen, als dass Ehepaar heute vor ihrer Tür gestanden hatte. Zwar hatte der König der Vampire gesagt, er würde einen Fahrer schicken, doch sie hatte nicht mit Erics Freunden gerechnet. Noch weniger hatte sie erwartet, dass Lorenzo ihr anbieten würde, nach dem Gespräch mit dem König mit ihr zu trainieren, wenn sie Lust dazu hatte. Schnell war sie auf sein Angebot eingegangen. Immerhin waren die Trainingsstunden mit Eric immer sehr effektiv gewesen, wenn auch hart.
„Jetzt lass es gut sein, mi amore. Ich werde daran denken, dass sie kein Vampir ist. Außerdem wollte ich mit Aurora vor allem ihre Schießfähigkeiten verbessern. Ich bin mir sicher, dass sie diese nicht woanders trainieren kann, oder?“ Lorenzo sah sie mit einem warmen Lächeln an und Aurora schüttelte automatisch den Kopf.
Bis vor einigen Tagen hatte sie nicht mal eine Schusswaffe besessen. Ob die ihres Vaters funktionierte, sollte sie Lorenzo ein andermal fragen. Sie wollte nicht, dass die Kugeln in ihrer Hand explodierten, nur, weil irgendetwas verrostet war.
„Wenn er zu hart zu dir ist, sag mir Bescheid. Dann kümmere ich mich um meinen Mann.“
Aurora schmunzelte über den erschütterten Blick, den Lorenzo seiner schwangeren Frau zuwarf. Diese ignorierte ihn und ging mit einer Hand an ihrem vorstehenden Babybauch weiter. Während sie die Treppe zu den oberen Etagen ansteuerte, blickte sich die braunhaarige Vampirin erneut zu Aurora um.
„Wir sind oben, wenn du fertig bist und Sasha und mir beim Onlineshopping Gesellschaft leisten möchtest.“
„Danke für das Angebot, aber ich denke, ich bin in den Händen deines Mannes gut aufgehoben.“
Francesca nickte ihr noch einmal zu und stieg langsam die Stufen hoch.
„Der König sollte mit seiner Besprechung gleich fertig sein, wir warten am besten vor seinem Büro.“ Lorenzo deutete mit dem Arm in den Gang, der an der Treppe vorbeiführte.
Sie passierten die Türen zu dem großen Ballsaal, drangen weiter in das Haus vor.
Da öffnete sich vor ihnen eine Tür und eine bekannte Gestalt tauchte vor Aurora auf. Als sie Alexander Romanow mit seinem kalten Lächeln vor sich sah, trat sie automatisch einen halben Schritt zurück.
„Ah, die Jägerin, was für eine Überraschung.“ Das Grinsen auf dem Gesicht des russischen Prinzen wirkte falsch. Automatisch trat Aurora näher zu Lorenzo.
„Heute sogar ohne den Prinzen von Ragenow. Vielleicht könnte ich Sie ja dazu überreden, Sie ab jetzt von mir begleiten zu lassen.“ Sie spürte, wie der Vampir vor ihr versuchte, sie zu beeinflussen. Sein Lächeln wurde so breit, dass seine Eckzähne aufblitzten.
„Romanow, es reicht“, grollte Lorenzo ihn an. „Sie sind im Haus des Königs und die Jägerin steht unter dem Schutz von Prinz von Ragenow. Reißen Sie sich zusammen, sonst werde ich ernsthafte Maßnahmen einleiten lassen.“
„Schon gut, ich wollte der Jägerin nur meine Dienste anbieten.“ Immer noch lächelnd hatte der schwarzhaarige Vampir seine Hände vor den Körper gehoben.
Aurora schüttelte den Kopf. „Nein, danke, ich bin nicht interessiert.“
„Falls Sie es sich anders überlegen, ich stehe gerne zur Verfügung. Do svidaniya.“ Er rauschte so dicht an ihr vorbei, dass seine Hand ihre Seite streifte. Während sie sich versteifte, zwinkerte er ihr zu, dann war Alexander Romanow Richtung Ausgang verschwunden.
Sie sah ihm nach, wusste nicht, was sie von dieser Begegnung halten sollte. Unbewusst strich sie über die Narbe an ihrem Handgelenk. Ihre erste Begegnung mit Vampiren war ein Biss von Alexander Romanow gewesen. Damals hatte Eric ihn und seine Verwandten davon abgehalten, Aurora noch mehr Blut auszusaugen. Doch jedes Mal, wenn sie den dreien begegnete, schienen sie nur darauf zu warten, an das Blut der Vampirjägerin zu gelangen.
„Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass er hier ist.“ Lorenzo strich ihr beruhigend über den Rücken. „Eigentlich sollte er mit seiner Einheit unterwegs sein, um einen Bunker zu untersuchen. Ich hatte es extra so eingerichtet, dass du ihm nicht begegnen musst.“
Aurora schüttelte den Kopf. „Du kannst nichts dafür und es ist ja nichts weiter passiert.“
Ein Diener trat an sie heran. „Fräulein Zantoni, der König hat nun Zeit für Sie.“
Sie presste ihre Lippen zu einem schmalen Lächeln, um Lorenzo zu beruhigen, und folgte dem Diener zu ihrem Termin.
In Papiere vertieft saß Vlad Tepes hinter einem massiven Holzschreibtisch. Um ihn herum stapelten sich Akten und Karten. Er schien Aurora nicht zu bemerken. Erst als der Diener sie im Raum stehen ließ und hinter sich die Tür schloss, sah der König auf.
Lächelnd erhob er sich von seinem Platz und kam auf sie zu.
„Aurora, meine Liebe, es hat mich sehr gefreut, dass du mich angerufen hast. Ich wusste nicht, ob du noch Kontakt mit uns halten möchtest, nach dem, was zwischen dir und Eric vorgefallen ist.“
Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, den König der Vampire zu kontaktieren, doch das hatte sich nach dem Vorfall mit seinen Leibwächtern geändert.
„Ah, ich verstehe. Die zwei waren einfach nicht vorsichtig genug. Eigentlich hättest du deine Schutzleute nicht bemerken sollen. Baldur hat wohl wieder einmal über Erics Kopf entschieden.“
Sie musste sich auf die Zunge beißen, um den langhaarigen Mann vor sich nicht zu tadeln. Sie hasste es, wenn die Vampire ihre Gedanken lasen und gegen sie verwendeten. Bestimmt verschränkte sie die Arme vor der Brust.
„Es tut mir leid, ich sollte dir gegenüber diese Indiskretion lassen.“
Sie atmete aus und lockerte ihren Stand etwas. „Ihr wisst, dass ich diesen Schutz nicht möchte. Könnt Ihr Eure Männer nicht abziehen?“
„Nimm Platz.“ Er deutete auf einen Sessel und lehnte sich selbst gegen die Schreibtischkante davor. Vlad wartete geduldig, bis sie sich widerwillig in den angebotenen Stuhl gesetzt hatte. „Eric hat dich unter seinen Schutz gestellt. Es ist seine Pflicht, dich beschützen zu lassen. Ich als sein bester Freund unterstütze ihn dabei.“
„Aber ...“
„Außerdem kann ich es nicht zulassen, dass meine Feinde einen weiteren Jäger in dieser Stadt töten. Damit würde ich meine Schwäche eingestehen.“
„Ein weiterer Jäger? Heißt das, derjenige, der vorher für den Schutz von Berlin verantwortlich war, ist ...“ Sie machte eine unbestimmte Handbewegung, konnte nicht aussprechen, was sich in ihren Gedanken formte.
„Sie sind tot, ja.“ Vlad nickte ihr mit zusammengezogenen Brauen zu. „Es waren mehrere, die in eine Falle gelockt wurden. Ich möchte nicht, dass dir das Gleiche passiert, deshalb sind die besten Männer für deinen Schutz verantwortlich.“
Aurora war immer noch dabei, die neue Information zu verarbeiten. Bruder Michael hatte ihr damals erzählt, dass die Berliner Jäger nicht mehr da waren und es wegen der zunehmenden Vampirangriffe weltweit keinen Ersatz gab.
Warum hatte er ihr die Ermordung ihrer Vorgänger verschwiegen?
„Also wirst du deine Männer nicht abziehen?“ Fragend sah sie zu dem schlanken Mann, der seine Beine vor sich übereinandergeschlagen hatte.
„Keine Chance.“ Er lächelte.
„Was ist, wenn ich auf Vampirjagd gehe?“ So wie sie es heute Abend mit Gregor vorhatte. „Werden mich deine Leute dann auch begleiten und zusehen, wie ich möglicherweise Bekannte von ihnen umbringe?“
Vlad lachte leise. „Eventuell werden sie dir sogar dabei helfen. Immerhin sind diese Abtrünnigen meine Feinde. Diese Vampire haben keine Gnade verdient. Sie alle kennen das Gesetz: Wer einen Menschen tötet, wird selbst hingerichtet. Vielleicht können wir über dich ja sogar an neue Informationen herankommen.“
Aurora neigte den Kopf leicht. „Heißt das, es gibt noch keine Fortschritte? Was ist mit Erics Onkel? Konnte er euch nichts sagen?“ Sie hatte gedacht, der König wäre schon längst einen Schritt weiter und wüsste zumindest, mit wem er es zu tun hatte.
Vlad ließ den Kopf in den Nacken fallen. „Leider nicht. Victor von Ardelean kann uns nichts sagen. Eine Art Zauber hält ihn davon ab. Selbst Eric konnte nicht zu ihm durchdringen.“
Aurora überlegte. Wenn es ein Zauber war, hatte Gregor vielleicht eine Idee, diesen zu brechen. Sie sah, wie Vlad interessiert eine Augenbraue hob.
„Das könnte uns helfen.“
„Dann möchte ich mit ihm sprechen, wenn ich etwas habe, was helfen könnte.“ Sie hatte Erics Onkel immer unheimlich gefunden, aber sie wollte den Mann noch einmal sehen. Herausfinden, warum er seinem Neffen das angetan hatte.
„Ich bin einverstanden. Sag mir oder Lorenzo Bescheid, wenn du einen Gegenzauber hast, dann gebe ich euch zehn Minuten mit ihm.“
„Zehn Minuten?“
„Übertreib nicht, das sollte reichen. Immerhin ist es außergewöhnlich, dass ich einen Vampirjäger überhaupt in unseren Gefängnistrakt lasse.“
Nickend lenkte sie ein. „Also gut.“
„Dann werde ich dich jetzt in die Obhut von Lorenzo entlassen. Ich glaube, mein Kommandant hat noch einige Pläne für dich. Ich wünsche dir viel Spaß beim Üben.“
Als sie das Büro verließ, fand sie Lorenzo an die Wand gelehnt vor. Er lächelte ihr zu. „Wollen wir?“
Aurora nickte ihm zu und folgte ihm aus dem Haus heraus zu einem grauen Flachbau in der Nähe des Parkplatzes. Das Gelände um die Villa des Königs war riesig. Erstaunt sah sie zu, wie mehrere Transporter mit Soldaten gefüllt vom Trainingsgebäude fuhren. Vlad schien sehr mächtig zu sein, wenn er seine eigene kleine Armee halten konnte.