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2.2 Die einzelnen Parteien
Оглавление– Partido Socialista Obrero Español (PSOE) Von der Glanzzeit Anfang der 80er Jahre, als die Sozialisten mit ihrem umjubelten Sympathieträger „Felipe“ (González) an der Spitze den ersehnten cambio verhießen, über den politischen Scherbenhaufen, der nach 14 Jahren Felipismo übrigblieb, bis zu dem aufsehenerregenden Wahlsieg im März 2004 und der Krisensituation in José Luis Rodríguez Zapateros zweiter Amtsperiode als Regierungspräsident verlief die nachfranquistische Geschichte des PSOE, der traditionsreichen sozialistischen Partei Spaniens, wie eine Berg- und Talfahrt. Keine andere Partei hat im demokratischen Spanien einen derart spektakulären Werdegang erlebt wie der Partido Socialista Obrero Español, der als eine der ersten sozialistischen Parteien Europas und älteste Partei Spaniens am 2.5.1879 von einer 25 Personen starken Gruppe, der vor allem Buchdrucker, aber auch Akademiker angehörten, gegründet wurde. Federführend war Pablo Iglesias (1850–1925), der bis zu seinem Tod der Partei vorstand. In den ersten Jahren operierte die Partei im Untergrund, bis sie 1887 legalisiert wurde. Ein Jahr später, nach dem ersten offiziellen Parteikongress, gründete Iglesias die Gewerkschaft UGT (Unión General de Trabajadores). Beide Organisationen schrieben die sozialistische Reformierung, nicht aber den gewaltsamen Umsturz der Gesellschaft auf ihre Fahnen. Bei den Wahlen von 1910 errang Iglesias als erster Sozialist in Spanien einen Sitz im Parlament. PSOE und UGT gewannen als sozialistische Gegenkraft zum herrschenden Restaurationssystem an Macht und spielten eine führende Rolle beim Generalstreik von 1917. Im selben Jahr führten die Ereignisse der Russischen Revolution und die Gründung der III. Internationale durch Lenin zur Spaltung der internationalen Arbeiterbewegung. In Spanien mündete die PSOE-interne Debatte in eine Abspaltung der Leninisten, die sich im PCE, der Kommunistischen Partei Spaniens, zusammenschlossen.
In der Zweiten Republik erhielt der PSOE Gelegenheit, Regierungsverantwortung zu übernehmen und Politik aktiv zu gestalten. Auch nach Ausbruch des Bürgerkriegs wurde die Regierung der Republik von Sozialisten geführt, zunächst von Largo Caballero, ab Mai 1937 von Juan Negrín; ihr Einfluss nahm aber generell zugunsten der Kommunisten stetig ab. Als nach 1939 nur die Alternative Exil oder illegaler Untergrund blieb, behielt der PCE seine hegemoniale Rolle auch in der klandestinen Opposition bei. Erst Ende der 60er Jahre kam Bewegung in den PSOE: Nach dem Vorbild der französischen Sozialisten und der deutschen SPD und gegen den Widerstand der aus dem Ausland agierenden Parteispitze wurde eine ideologische Modernisierung in Angriff genommen, die eng mit einem Namen verbunden ist: Felipe González. Der 1942 geborene charismatische Andalusier, der als Anwalt für Arbeitsrecht die soziale und politische Realität Franco-Spaniens gründlich kennenlernte, stieg schnell in die Führungsgremien der Partei auf. Er stand an der Spitze einer Gruppe von unorthodoxen jungen Renovadores, unter ihnen z.B. Alfonso Guerra, aber auch der spätere UGT-Generalsekretär und erbitterte Kritiker des Felipismo Nicolás Redondo, die sich dem von Generalsekretär Rodolfo Llopis und den históricos, den Parteiveteranen im Exil, verfolgten ideologischen Kurs entgegenstellten. 1974 gelang den „Erneuerern“ der nach den beiden vorangegangenen Kongressen zu erwartende Durchbruch: Auf dem 26. Kongress des PSOE in Suresnes (Frankreich) wurde González als Llopis’ Nachfolger zum Generalsekretär gewählt, wofür zuvor auch Nicolás Redondo im Gespräch war, der aber seinerseits die Kandidatur von González unterstützte. Unter seiner Führung und mit Hilfe prominenter europäischer Sozialdemokraten (u.a. Willy Brandt), die ihn 1978 zum Vizepräsidenten der Sozialistischen Internationalen ernannten, entwickelte sich der PSOE in den Jahren der Transición zu einer der bedeutendsten politischen Kräfte. Die Unterstützung insbesondere seitens der SPD wurde dem PSOE von seinen politischen Kontrahenten, vor allem dem PCE, im Wahlkampf gerne zum Vorwurf gemacht. Dessen ungeachtet gingen die Sozialisten aus den ersten freien Wahlen nach Franco als zweitstärkste Partei und damit führende Kraft der Opposition hervor. Im Folgenden schloss sich auch der Großteil der Mitglieder des von Enrique Tierno Galván gegründeten Partido Socialista Popular dem PSOE an.
Die innerparteilichen Auseinandersetzungen um die ideologische Orientierung wurden auf dem 28. Kongress im Mai 1979 auf die Spitze getrieben: González, dem es nicht gelang, die Absage an die marxistische Doktrin bei seinen Parteigenossen durchzusetzen, trat demonstrativ von seinem Posten als Generalsekretär zurück. Im September desselben Jahres erreichte er dann sein Ziel: Laut Parteiprogramm verstand sich der PSOE nicht mehr als marxistisch orientierte, klassengebundene, sondern als sozialdemokratische Partei europäischen Zuschnitts, und Felipe González wurde mit überwältigender Mehrheit erneut zum Generalsekretär gewählt. Im Oktober 1982 erzielten die Sozialisten einen triumphalen Erfolg. Ein erdrutschartiger Wahlsieg, die absolute Mehrheit in beiden Parlamentskammern, ermöglichte den cambio, Felipe González und der PSOE übernahmen die Regierungsverantwortung. Auf „Felipe“ konzentrierte sich der Wahlkampf, und „Felipe“ war, mehr noch als seine Partei, der strahlende Wahlsieger. Der friedliche Machtwechsel nach links galt nicht nur vielen Beobachtern als der eigentliche Abschluss des spanischen Demokratisierungsprozesses, sondern löste eine enorme Euphorie, gerade auch bei den jungen Spaniern, und Hoffnung auf Neuerungen im Lande aus. Der Wechsel sollte endlich den Schwung in die neue Demokratie bringen, den viele bisher vermissten.
In den 90er Jahren nahm eine das Land aufwühlende Serie von Korruptionsskandalen ihren Anfang, die die Sozialisten nachhaltig in Misskredit brachten. Zu den Affären um illegale Parteispenden kam der schwerwiegende Verdacht des Staatsterrorismus: Es verdichteten sich die Hinweise darauf, dass die GAL (Grupos Antiterroristas de Liberación), die zwischen 1983 und 1987 über 50 tatsächliche sowie vermeintliche ETA-Mitglieder liquidierten, im Auftrag oder zumindest mit Billigung des Innenministeriums gehandelt hatten. Die Liste der Verdächtigen reichte bis zum Ministerpräsidenten selbst, der eine Beteiligung jedoch stets von sich wies. In dieser angespannten Situation konnte der PSOE mit dem persönlichen Versprechen González’, mit der Unterstützung des Richters Baltasar Garzón nun energisch gegen Machtmissbrauch und Korruption vorzugehen, die Wahlen von 1993 noch einmal für sich entscheiden, verlor aber die absolute Mehrheit und war in der folgenden Legislaturperiode auf die Kooperation mit den bürgerlich-nationalistischen Parteien Kataloniens und des Baskenlandes angewiesen. Aber damit war der Abstieg der einstigen sozialistischen Hoffnungsträger noch nicht zu Ende, sowohl die Partei wie auch González selbst hatten für einen Großteil der Bevölkerung jegliche Glaubwürdigkeit verloren. Zum einen war das Problem der Arbeitslosigkeit bei weitem nicht gelöst und die Arbeiter sahen sich von der PSOE-Politik verraten und verkauft, zum andern ließen die immer noch nicht abreißenden Skandale die 1982 ohne politische Altlasten angetretenen, jungen und dynamischen Sozialisten als einen maroden, von Filz und Vetternwirtschaft geprägten Parteienklüngel erscheinen. Zugleich wurde die innere Zerrissenheit des PSOE immer offensichtlicher, wobei die Kluft nach dem Ausscheiden Alfonso Guerras aus der Regierung insbesondere zwischen Partei (guerristas) und Regierung (renovadores um González) verlief. Die cultura del pelotazo, das schnelle Geld ohne Rücksicht auf Verluste, hatte sich derart verselbständigt, dass Spanien den Eindruck eines nicht mehr kontrollierbaren Chaos erweckte, aus dem jeder seinen persönlichen Nutzen zu ziehen versuchte. Die Behinderung der Ermittlungen in Sachen GAL trug das ihre dazu bei, dass die PSOE-Regierung der spanischen Bevölkerung beim besten Willen nicht mehr tragbar erschien.
In der Folge versuchte der PSOE, sich von den verheerenden Auswirkungen des Felipismo zu erholen, sich aus seiner Rolle als wichtigste Oppositionspartei heraus neu zu profilieren, zerstrittene ‚Familien‘ innerhalb der Partei zusammenzuführen und Kräfte zu bündeln, um sich der Wählerschaft wieder als wählbare Option zu präsentieren. Auf dem 35. Parteitag im Juni 2000 wurde der knapp 40-jährige José Luis Rodríguez Zapatero mit hauchdünner Mehrheit zum Generalsekretär gewählt. Der junge ‚Provinzpolitiker‘, den außerhalb seiner Heimat León bis dahin kaum jemand kannte, ist wie González von Hause aus Jurist, hat sich aber unmittelbar nach dem Studium ganz der politischen Laufbahn gewidmet. Er gilt als karrierebewusst und ‚medienkompetent‘ und wurde in seinem jugendlich-dynamischen Auftreten zuweilen mit dem jungen Felipe verglichen. Wie González Ende der 70er Jahre tritt Zapatero für einen cambio ein, den er allerdings mit dem Attribut tranquilo versieht – also keine Neuauflage des Paukenschlags von 1982, für die ohnehin der historisch-politische Kontext fehlt. Er steht hinter dem Projekt Nueva Vía, das seit April 2000 mit dem Ziel eines sozialistischen Neuanfangs ins Leben gerufen wurde.
– Partido Popular (PP) Partido Popular (PP) heißt die Partei, die das Spanien der Jahrtausendwende prägte. Die konservative Volkspartei, die sich auf liberale sowie christlich-humanistische Traditionen beruft und sich gern als Partei der reformistischen Mitte positioniert, stellte von 1996 bis 2004 die Zentralregierung unter Premier José María Aznar. Geboren 1953 in Madrid, nach dem Jurastudium als staatlicher Finanzinspektor tätig, wurde Aznar 1989 vom ‚Gründervater‘ der Partei, Manuel Fraga Iribarne, als Präsidentschaftskandidat in den Sattel gehoben und übernahm ein Jahr später von ihm auch den Parteivorsitz. Nachdem Spanien unter den Sozialisten eine Phase durchlebt hatte, in der die gerade auch durch die persönliche Ausstrahlung des Regierungschefs Felipe González ausgelöste Euphorie der Anfangsjahre letztlich in bittere Enttäuschung umschlug, ließ der eher blasse Aznar die Hoffnung auf ein Ende der Wechselbäder aufkommen. Bezeichnend für die unterschiedliche Wirkung ist die Art und Weise des Regierungswechsels: Während der PSOE 1982 mit einem spektakulären Paukenschlag an die Macht kam und bei den folgenden Wahlen sukzessive Stimmen abgeben musste, lag der PP 1996 nur knapp vor dem PSOE (38,8 % zu 37,6 %) und schaffte die Ablösung nur mit Hilfe der Regionalparteien (PNV, CiU und CC), um dann aber 2000 durch ein glänzendes Wahlergebnis von 44,5 % in seiner Regierungsarbeit bestätigt zu werden. Aznar war, anders als sein Vorgänger, keine strahlende Identifikationsfigur, deren Sieg jubelnd auf den Straßen gefeiert wurde, aber er wurde von weiten Bevölkerungsteilen als Repräsentant einer auf Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt gerichteten Politik gesehen.
Diese Politik schlug sich jedoch auch in einer klaren Verschärfung des Einwanderungsgesetzes, im Verbot der radikalen baskischen Batasuna-Partei sowie in der willigen Unterstützung von George W. Bushs ‚Kreuzzug‘-Politik gegen den Irak nieder. Richtung Europa standen die Zeichen dagegen zunächst auf Integration und Kooperation. Spanien trat unter der Aznar-Administration der Währungsunion bei und spielt in der europäischen Staatengemeinschaft längst eine wichtige Rolle. Allerdings führte die bedingungslose Übernahme der US-Positionen im Irakkonflikt zu einer gewissen Distanzierung insbesondere von Deutschland und Frankreich. Auch in der Diskussion um die europäische Verfassung machte sich Spanien mit seiner starren Haltung wenig Freunde.
Wo liegen nun die Wurzeln dieser Volkspartei, die ab Mitte der 90er Jahre in Spanien stetig an Boden gewann? Hier ist ein Name zu nennen, der untrennbar mit dem Werdegang der Partei verbunden ist: Manuel Fraga Iribarne. Der 1922 geborene Galicier, promovierter Jurist, begann seine Karriere unter Franco und wurde besonders als Minister für Information und Tourismus (1962–1969) bekannt. In seiner Amtszeit wurden einerseits Regimegegner brutal verfolgt und zum Teil hingerichtet (z.B. 1963 der Kommunist Julián Grimau), erfolgte andererseits mit dem Pressegesetz von 1966 aber auch eine gewisse Lockerung der Zensur. Noch unter Franco traf Fraga Vorbereitungen, um sich nach dem Tod des Diktators eine Machtposition zu sichern: Die von ihm gegründete Gesellschaft GODSA (Gabinete de Orientación y Documentación S.A.) erstellte die Grundlagen eines Programmes, das das franquistische System intern reformieren sollte. Auf diesen Vorarbeiten baute die Gruppierung Reforma Democrática auf, die Fraga 1976 ins Leben rief. Diese wurde ihrerseits im Frühjahr 1977 in Hinblick auf die ersten Parlamentswahlen von Fraga und sechs weiteren ehemaligen Franco-Ministern, den siete magníficos, die jeweils eigenen politischen Vereinigungen vorstanden, in die Alianza Popular (AP) überführt. Ziel des Bündnisses war es, die Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die in der politischen Übergangsphase eher nach Kontinuität denn nach Umbruch strebten. Diese Hoffnung wurde freilich bei der Wahl von 1977 enttäuscht, Alianza Popular erzielte nur 8,4 %. Mit einem neuen Wahlbündnis, der Coalición Popular (CP), errang Fragas Partei 1982, im Jahr des sozialistischen cambio, immerhin 26 % und wurde damit schlagartig zur führenden Oppositionskraft. Nachdem die Volksallianz empfindliche Verluste bei den baskischen Regionalwahlen im Dezember 1986 hinnehmen musste, legte Fraga den Parteivorsitz nieder. Da es aber seinem Nachfolger Hernández Mancha nicht gelang, die Partei aus ihrer tiefen Krise zu führen, trat Fraga auf dem 9. Parteitag im Januar 1989 doch wieder selbst an. Für die vorgezogenen Parlamentswahlen im Oktober desselben Jahres wurde erstmals Aznar, einer der Vizepräsidenten der Partei, als Spitzenkandidat aufgestellt. 1990 übernahm er auch den Parteivorsitz, während Fraga zum Presidente-fundador, einer Art Ehrenvorsitzendem, ernannt wurde und sich ansonsten von der Madrider Bühne in seine Heimat Galicien zurückzog. Dort wurde er von 1989 bis 2001 viermal in Folge mit absoluter Mehrheit zum Präsidenten der Xunta de Galicia gewählt. Nicht von ungefähr zog die spanische Presse Parallelen zwischen dem patriarchalischen ‚Landesfürsten‘ Fraga und dem bayrischen Phänomen Franz-Josef Strauß – die Position Fragas in Galicien schien ähnlich felsenfest und unangefochten. Im PP war mit dem Aufstieg Aznars der fällige Generationswechsel vollzogen, die Volkspartei hatte sich von ihren franquistischen Wurzeln gelöst und präsentierte sich als konservativ-liberale, demokratische Partei, die – das Wahlergebnis von 2000 zeigte es – in der Lage ist, das Vertrauen breiter Bevölkerungskreise zu erwerben.
Aznar ernannte Anfang September 2003 Mariano Rajoy zu seinem Nachfolger, der nun als Generalsekretär und Spitzenkandidat des PP bei den Wahlen im März 2004 das Erbe antreten sollte. Nach der Kür durch den Vorsitzenden Aznar wurde die Ernennung Rajoys durch das Votum der Junta Directiva Nacional bestätigt. Der Galicier Rajoy, Jahrgang 1955, stammt aus einer politisch aktiven Familie und widmete sich nach Abschluss seines Jurastudiums bald seiner politischen Karriere. Nach einem raschen Aufstieg durch die Institutionen seiner heimatlichen Comunidad Autónoma zeichnete er 1996 und 2000 für die erfolgreichen Wahlkampagnen des PP verantwortlich und bekleidete unter Aznar verschiedene Ministerposten. Nach der Wahlniederlage vom März 2004 kam Rajoy die undankbare Aufgabe zu, sich als Oppositionsführer zu profilieren, während Aznar sich zwar aus seiner Führungsposition, aber keineswegs aus dem politischen Geschehen zurückzog. Nach einer zweiten Legislaturperiode in der Opposition gelang es dem Galicier Ende 2011 durch einen spektakulären Wahlsieg schließlich, die Regierungsverantwortung zu übernehmen.
– Partido Comunista de España/Izquierda Unida (PCE/IU) Beim Stichwort „spanische Kommunisten“ fällt der Blick meist zuerst in die Geschichte, auf den Spanischen Bürgerkrieg und die Zeit des klandestinen Widerstands gegen das Franco-Regime – auf historische Zeitabschnitte also, in denen die Kommunistische Partei in Spanien eine hegemoniale, wenn auch nicht unumstrittene Rolle spielte. Auch noch in der Transición verstand es Santiago Carrillo, sich und seine Partei ins Rampenlicht zu rücken, seitdem freilich scheint sich der Abstieg anzubahnen, der bislang auch nicht durch den Schulterschluss in linken Bündnissen aufzuhalten war. Die politische Positionierung der spanischen KP zeigt die Tendenz, sich bisweilen stärker gegen den PSOE als den PP abzugrenzen – ein Umstand, der sich teilweise aus der Genese der Partei erklärt. Denn die Gründung der III. Internationale durch Lenin führte dazu, dass in Spanien die Leninanhänger aus der sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE) austraten und am 15.4.1920 den Partido Comunista Español gründeten. 1921 schloss sich eine weitere Gruppe von ehemaligen PSOE-Mitgliedern zum Partido Comunista Obrero zusammen, und im gleichen Jahr vereinigten sich beide Parteien zum Partido Comunista de España (PCE). Das heisst, dass die Differenz zum PSOE von Beginn an identitätsbildend für den PCE wirkte. 1923 wurde der PCE von Primo de Rivera verboten. Nach Ausrufung der Zweiten Republik formierte sich die innerlich zerstrittene Partei neu und gewann unter Generalsekretär José Díaz an Einfluss. Eine große Rolle spielte sie bei der Organisation des asturianischen Bergarbeiterstreiks von 1934, und 1936 war sie eine der Kräfte, die, zur Volksfront zusammengeschlossen, die letzten Wahlen in der Zweiten Republik gewannen. Im Bürgerkrieg wuchs ihre Bedeutung rapide an, wozu die militärische Unterstützung aus Moskau einen beträchtlichen Beitrag leistete. Die Zahl der Mitglieder stieg auf 250.000 an, und im Zentralkomitee wirkten Personen, von deren Namen jahrzehntelang eine polarisierende Signalwirkung ausgehen würde: Da ist zum einen Dolores Ibárruri (1895–1989), die unter ihrem Beinamen Pasionaria fast zum Mythos wurde. Die hochtalentierte Rednerin, Gründungsmitglied des PCE, ZK-Mitglied seit 1930 und Urheberin des Kampfrufes ¡No pasarán! bei der Verteidigung Madrids, wurde, je nach politischem Standort, zur Heiligen oder Inkarnation des Bösen stilisiert. Zum andern ist Santiago Carrillo zu nennen, ZK-Mitglied seit 1937, der die Geschicke der Partei während und nach der Transición bestimmen sollte.
Die führende Rolle unter den antifranquistischen Kräften, die der PCE während des Bürgerkriegs übernahm, behielt er auch in den fast vier Jahrzehnten des klandestinen Widerstands bei. Unter der Generalsekretärin Ibárruri (1942–1960) wandelte sich die PCE-Strategie vom reinen Untergrundkampf zu einer eher auf Integration aller oppositionellen Kräfte bedachten „Politik der Versöhnung“. Seit den 50er Jahren konzentrierte sich ein Großteil der Aktivitäten des PCE auf die Gewerkschaften: Einerseits versuchte man, die franquistischen „vertikalen Syndikate“ zu unterwandern, andererseits wurden die Comisiones Obreras (CCOO) gegründet, die sich zu einer zentralen Kraft des Widerstands entwickelten. Auf dem 6. Parteitag 1960 wurde Santiago Carrillo Nachfolger von Dolores Ibárruri, die fortan als Präsidentin der Partei fungierte. Unter Carrillo schlug der PCE eine moskaukritische Linie ein, für die, wenn auch nicht von Carrillo selbst, der Begriff „Eurokommunismus“ geprägt wurde. Der Konflikt mit der Sowjetunion zeigte sich besonders deutlich nach dem Einmarsch in der Tschechoslowakei (1968), den Carrillo offen verurteilte. Im Parteiprogramm von 1975 wurde die eurokommunistische Politik festgeschrieben, was im Jahr danach zum offenen Bruch mit Moskau führte. 1978 wurde auf Carrillos Betreiben der Begriff „leninistisch“ aus den Parteistatuten gestrichen. In der Partei selbst sorgte allerdings nicht nur diese politische Marschrichtung Carrillos für heftige Auseinandersetzungen, sondern auch sein autoritärer Führungsstil, der sich u.a. im Ausschluss von unliebsamen, weil seinen Kurs kritisierenden Genossen aus der Partei äußerte. Jorge Semprún, prominent als Autor und später auch als Kulturminister der PSOE-Regierung, rechnete in seiner 1977 erschienenen „Autobiografía de Federico Sánchez“ (Semprúns Deckname als kommunistischer Widerstandskämpfer in der Franco-Ära) mit Carrillo und der Kommunistischen Partei ab.
Die Transición brachte für den PCE zunächst besondere Hürden mit sich: Streitkräfte und Franquisten versuchten mit Nachdruck, eine Legalisierung der Partei, die im Franquismus zum Hauptfeindbild aufgebaut worden war, zu verhindern. Die anderen Parteien setzten sich hingegen für ihre Zulassung ein. Adolfo Suárez erklärte sich schließlich dazu bereit, wollte es aber vorsichtshalber dem Obersten Gerichtshof überlassen, die Zulassung auszusprechen. Als dieser sich für nicht zuständig erklärte, wählte Suárez den Ostersonntag (9.4.1977), um die Partei in das Register der legalen politischen Vereinigungen aufzunehmen. Die Streitkräfte reagierten erwartungsgemäß mit Empörung, einige Generäle sprachen öffentlich ihre Missbilligung aus; es kam zu Rücktritten, aber nicht zu drastischeren Aktionen.
Bei den ersten Parlamentswahlen im nachfranquistischen Spanien von 1977 erreichten die Kommunisten beachtliche 9,4 % (20 Sitze), die sie 1979 sogar auf 10,8 %(23 Sitze) steigern konnten. Carrillos eurokommunistische Linie und seine Zustimmung zum „paktierten Bruch“ wurden zu einem wichtigen, ja unverzichtbaren Baustein der neuen spanischen Demokratie. Der PCE bekannte sich uneingeschränkt zur Verfassung von 1978 und stimmte – im Gegensatz zum PSOE – sogar für die Monarchie als Staatsform. Mit Rafael Alberti und Dolores Ibárruri saßen bei der ersten Sitzung des neu gewählten Kongresses zwei Symbolfiguren des Kommunismus am Präsidiumstisch – eine Situation, die im November 1975 sicher noch niemand vorausgesehen hätte. Carrillo konnte schließlich die Flügelkämpfe in seiner Partei und den internen Widerstand gegen seine Führung nicht mehr kontrollieren, und die Partei erlitt 1982 eine große Wahlniederlage: Während die Sozialisten ihren historischen Erfolg erzielten, musste sich der PCE mit 4,1 % der Stimmen bzw. vier Parlamentssitzen begnügen, woraufhin Carrillo zurücktrat. Die Partei selbst regte 1986 die Bildung der Izquierda Unida an, einer Parteienkoalition, die aus der Anti-NATO-Bewegung hervorging und sich als Gegengewicht zum regierenden PSOE verstand. 1986 blieb die Vereinigte Linke trotz des ‚Rechtsrucks‘ der PSOE-Regierung, der ihr Stimmengewinne hätte verschaffen können, noch unter 5 %, aber einen deutlichen Auftrieb erhielt sie 1988, als der „rote Kalif“ Julio Anguita, ehemaliger Bürgermeister von Córdoba, die Führung von PCE und IU übernahm. Unter dem sehr populären Anguita konnte die IU ihren Stimmenanteil bei den Parlamentswahlen von 1989 fast verdoppeln (auf 9 %).
Aktuell machen sich Gaspar Llamazares und Cayo Lara die Führungsrolle streitig. Die Parlamentswahlen vom November 2011 brachten der Partei nach einer längeren Talfahrt zwar einen beachtlichen Stimmenzuwachs auf Kosten des PSOE und verhalfen ihr (bei 1.680.000 Stimmen) zu 11 (statt zuvor 2) Abgeordneten. Es muss aber angemerkt werden, dass das Verhältniswahlrecht die Partei gegenüber den regionalen Formierungen benachteiligt, denn z.B. errang die CiU mit nur 1.014.000 Stimmen 16 Sitze.
– Unión Progreso y Democracia (UPyD) Die Unión Progreso y Democracia (UPyD) wurde 2007 von Rosa Díez gegründet. Die Partei entstand aus dem Bewusstsein heraus, dass weder die Sozialisten noch die Konservativen Lösungen für die dringenden Probleme Spaniens bereitstellen. Die kategorische Ablehnung der nationalistischen Strebungen in Katalonien und im Baskenland seitens des PP und die zu breiten Zugeständnisse des PSOE haben Rosa Díez zu diesem dritten Weg veranlasst. Inzwischen ist ‚ihre‘ Partei schon mit mehreren Sitzen in der Abgeordnetenkammer der Cortes, im Europaparlament und im baskischen Regionalparlament vertreten. Zu den bekannten Mitgliedern der UPyD zählen neben der Gründerin auch der von der ETA verfolgte Philosoph Fernando Savater und der peruanisch-spanische Schriftsteller und Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa.
Rosa Díez, ursprünglich Präsidentin des baskischen PSOE-PSE und bis 2007 Abgeordnete der sozialistischen Partei in Straßburg, musste schon 2000 als Kandidatin für den Parteivorsitz gegen José Luis Rodríguez Zapatero eine Niederlage hinnehmen. Sie trat aus der Partei aus, weil sie nicht damit einverstanden war, dass die sozialistische Regierung 2006 Verhandlungen mit der ETA aufnahm (die übrigens nach dem Attentat im Madrider Flughafen Barajas wieder abgebrochen wurden). Schon in den 90er Jahren wurde sie als Ministerin in einer Koalitionsregierung im Baskenland Ziel eines Attentats; die an sie gerichtete Briefbombe explodierte dank eines technischen Fehlers jedoch nicht.
In ihrem Wahlprogramm von 2011spricht sich die UPyD (wie die politische Rechte) gegen regionale Sonderstellungen aus, tritt für den Zusammenhalt der Nation ein und plädiert in diesem Zusammenhang aber auch für den Erhalt der spanischen Sprache in Katalonien und im Baskenland. Wie der PP beklagt sie das ‚asymmetrische‘ Spanien, in dem einige Regionen mehr Privilegien genießen als andere. Wie die spanischen Linksparteien fordert die UPyD dagegen aber auch einen strikten Laizismus und mehr Sozialleistungen für die ärmeren Bevölkerungsschichten. Um diese Forderungen umzusetzen, strebt die Partei mehrere Verfassungsänderungen an und verlangt u.a. ein auch für die kleineren Nationalparteien gerechteres Wahlgesetz. Gerade davon wird es abhängen, ob es der UPyD gelingt, sich langfristig in der spanischen Parteienlandschaft zu konsolidieren.
– Regionalparteien Den zahlreichen Regionalparteien kommt in der spanischen Parteienlandschaft in zweifacher Hinsicht eine Bedeutung zu, die weit über ihrem prozentualen Anteil an Wählerstimmen bei den nationalen Wahlen liegt. Zum einen haben die gemäßigten unter ihnen wiederholt einer Minderheitsregierung die zur Wahl des Ministerpräsidenten notwendige Unterstützung zukommen lassen und dafür im Gegenzug politische und finanzielle Zugeständnisse an die jeweilige Comunidad Autónoma ausgehandelt. Zum andern haben die inzwischen verbotenen radikalen Parteien, allen voran Herri Batasuna und die Folgeorganisationen Euskal Herritarrok, Batasuna und Sortu, immer wieder die Diskussion darüber entfacht, wo das Recht auf politische Meinungsäußerung und Repräsentation endet und die Unterstützung terroristischer Vereinigungen beginnt.
Es liegt auf der Hand, dass die Regionalparteien zunächst vor allem in den historischen Autonomieregionen Baskenland, Katalonien und Galicien eine entscheidende Rolle spielen. In Katalonien beherrschte über 20 Jahre lang die bürgerlich-nationalistische CiU (Convergència i Unió) die Politik, ein 1978 unter Jordi Pujol gebildetes Bündnis zwischen der 1974 von Pujol (geb. 1930) gegründeten liberalen Convergència Democràtica de Catalunya (CDC) und der 1931 entstandenen christdemokratischen Unió Democràtica de Catalunya (UDC). Bereits bei den ersten Regionalwahlen in Katalonien 1980 wurde die CiU stärkste Partei und bildete eine von der linksnationalistischen Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) unterstützte Minderheitsregierung unter der Führung von Jordi Pujol. Bis 1999 wurde Pujol fünfmal in seinem Amt als Präsident der Generalitat bestätigt. Zugleich gewann die CiU auf nationaler Ebene an politischem Gewicht: Von 2,7 % der Stimmen bei den Wahlen von 1979 steigerte sie sich bis auf 5 % (1986 und 1989), um dann aber wieder kontinuierliche Rückgänge, auf 4,2 % (2000), 3,2 %(2004) und 3,05 %(2008) zu verzeichnen. Entscheidender noch als der prozentuale Stimmenanteil war die dank des spanischen Wahlsystems überproportional hohe Zahl an Abgeordnetensitzen, die die CiU damit erhielt (1986 und 1989: jeweils 18 Sitze; 2000: 15; 2004: 10; 2008: 11), sowie vor allem die Duldung der Minderheitsregierung des PSOE (1993) und des PP (1996), die Pujol sich durch Wirtschaftsförderungsprogramme und Zugeständnisse in der Autonomieentwicklung entlohnen ließ.
CiU und Pujol haben somit den Aufbau der Autonomen Region Katalonien verantwortlich gestaltet, wobei die Schwerpunkte zunächst der Schaffung einer institutionellen Infrastruktur, dann vor allem dem Wirtschaftssowie dem Bildungssektor und der Förderung der katalanischen Sprache galten. Seit 2000 wurde die personelle Wachablösung eingeleitet: Artur Mas übernahm im November den Parteivorsitz und kandidierte bei den Regionalwahlen 2003 für die Präsidentschaft, konnte aber die Talfahrt nicht stoppen und ging als Verlierer aus der Wahl hervor. Seit 2010 regiert die CiU jedoch wieder ohne Koalitionspartner unter Mas als Ministerpräsident in der Generalitat.
Das politische Programm der CiU steht ganz im Zeichen der Förderung katalanischer Autonomie-Interessen, wobei diese nach Pujols Credo weitgehend deckungsgleich mit denen des katalanischen Kapitals sind und am besten in einem seinerseits prosperierenden Spanien gedeihen können. Es geht der CiU also keineswegs um Separatismus, sondern um die Durchsetzung und Anerkennung eines konsequent multinationalen Gesamtstaates. Daneben betont CiU das Interesse Kataloniens, direkt am Aufbau eines „Europa der Regionen“ mitzuwirken, verfolgt mithin auch eigene außenpolitische Ziele.
Als größter Kontrahent der CiU in Katalonien hat sich der regionale PSOE-Zweig Partit dels Socialistes de Catalunya (PSC) etabliert, der ebenfalls die katalanischen Autonomie-Interessen auf seine Fahnen geschrieben hat und bei den Regionalwahlen im Oktober 1999 nur knapp sein Ziel verfehlte, einen Machtwechsel herbeizuführen. Der war erst 2003 fällig, als der PSC wieder einen hauchdünnen Stimmenvorsprung (31,2 % im Vergleich zu 30,9 % für die CiU) erzielte, nun aber mit ERC und ICV-EU (Iniciativa per Catalunya Verts-Esquerra Unida) eine regierungsfähige Koalition bilden konnte. So war Pasqual Maragall, der langjährige Bürgermeister von Barcelona, von 2003 bis 2006 katalanischer Ministerpräsident im sog. Tripartit. Von 2006 bis 2010 konnte die Dreierkoalition weitergeführt werden, jetzt mit dem katalanischen Sozialisten José Montilla an der Spitze.
Im Baskenland tritt nicht nur das Grundschema politischer Verortung „rechts/links“ zugunsten des Paradigmas „nationalistisch/zentralistisch“ in den Hintergrund; besondere Relevanz kommt auch den Binnendifferenzierungen des nationalistischen Lagers zu: zum einen der Frage nach der Akzeptanz der spanischen Verfassung bzw. des baskischen Autonomiestatuts, zum andern der ‚Radikalität‘, sprich der Haltung zur Gewalt. Die führende baskische Regionalpartei EAJ-PNV (Euzko Alderdi Jeltzalea/Partido Nacionalista Vasco) ist eine eindeutig nationalistische Partei, deren Position innerhalb des nationalistischen Spektrums freilich immer wieder neu definiert wird und für Auseinandersetzungen sorgt. Das Lavieren zwischen Kooperationsbereitschaft mit Madrid und Annäherung an radikale Gruppierungen zeugt von einem gewissen Pragmatismus und bringt der Partei oft heftige Kritik des jeweils brüskierten Flügels ein. Andererseits konnte sie in der polarisierten baskischen Gesellschaft bis 2009 stets genug Wählerstimmen auf sich vereinen, um eine Regierung zu bilden und deren Präsidenten zu stellen.
Der PNV gehört wie der PSOE zu den Parteien mit langjähriger Tradition. Er wurde 1895 von Sabino Arana Goiri gegründet, der durch die zunehmende Industrialisierung und die dadurch einsetzende massive Zuwanderung aus anderen spanischen Landesteilen die baskische Kultur und Sprache in Bedrängnis geraten sah. Dagegen sollte die Partei wirken, deren Motto „Jaungoikoa eta Lagizarra“ (Gott und Altes Gesetz) auf die Verankerung im Katholizismus einerseits und auf die Anbindung an die foralen Traditionen (die sind mit dem „Alten Gesetz“ gemeint) andererseits verweist. Wichtigstes Abgrenzungsmerkmal der Basken war in Aranas Auffassung die „Rasse“, deren Reinheit gegen die Zuwanderer verteidigt werden sollte. Heute ist die ethnisch-rassistische Grundlage nationalistischer Forderungen durch historische, kulturelle und linguistische Aspekte ersetzt worden. Auch die konfessionelle Bindung wurde inzwischen aufgegeben. Seit den ersten spanischen Parlamentswahlen hat sich der PNV als stärkste baskische Partei etabliert, die mit einem festen Wählerstamm, vor allem aus der bürgerlichen Mittelschicht, rechnen kann. Von 1980 bis 1986 stellte er allein die autonome Regierung und konnte in dieser Zeit im Baskenland wichtige Strukturen schaffen, wie z.B. die baskische Polizei (Ertzaintza) oder das baskische Fernsehen.
Mit dem Machtwechsel in Madrid 1996 nahm die Polarisierung im Baskenland weiter zu, das nationalistische Lager suchte den Schulterschluss. Der PNV nahm dabei eine Doppelrolle ein: einerseits gewährte er der Aznar-Regierung in Madrid parlamentarische Unterstützung, andererseits schloss er im Baskenland mit Herri Batasuna den Pakt von Estella (baskisch: Lizarra). Die Annäherung des PNV an die radikalen Nationalisten, die vor allem vom Parteivorsitzenden Arzalluz forciert wurde, registrierten in- und ausländische Beobachter größtenteils mit Sorge. Der gemäßigtere Flügel um den Ministerpräsidenten Juan José Ibarretxe trat unterdessen für eine klare Absage an die Gewaltanwendung ein und distanzierte sich von Herri Batasuna/Euskal Herritarrok, da diese sich weigerten, die ETA-Morde öffentlich zu verurteilen.
Bei den nächsten Wahlen wurde der Lehendakari Juan José Ibarretxe in seinem Amt bestätigt. Diese Legislaturperiode war geprägt von der Initiative des Ministerpräsidenten Ibarretxe, das baskische Autonomiestatut im Sinne einer libre asociación an den spanischen Staat zu erweitern. Dieser sog. Plan Ibarretxe sieht vor, dass das Baskenland eine völlig unabhängige Gerichtsbarkeit und die alleinige Kompetenz in den Bereichen Wirtschaft, Steuern, Sicherheit, Erziehung und Bildung erhält und autorisiert wird, eine eigenständige Außenpolitik (einschließlich eigener Vertretung in den EU-Gremien) zu betreiben.
Nachdem der Plan vom baskischen Parlament angenommen, vom Madrider Abgeordnetenkongress jedoch erwartungsgemäß abgelehnt worden war, war am Wahltag 17.4.2005 erneut die baskische Bevölkerung am Zuge. Der Lehendakari, der durch eine klare Mehrheit Zustimmung zu seinem Kurs erhoffte, wurde herb enttäuscht: nur noch 38,6 % der Wahlbeteiligten gaben dem Wahlbündnis PNV-EA ihre Stimme, was 29 Parlamentssitzen entspricht (2001: 33 Sitze). Demgegenüber gewannen die Sozialisten mit 22,6 % der Stimmen 5 Sitze hinzu, während der PP 4 Sitze abgeben musste. Ibarretxe wurde zwar noch einmal Ministerpräsident, aber seine Partei ist zunehmend auf Unterstützung angewiesen. Nach den letzten Wahlen zum baskischen Parlament im Jahr 2009 blieb der PNV zwar mit über 38 % noch stärkste Partei, aber dank der Unterstützung des PP konnte der PSE-EE (Partido Socialista de Euskadi-Euskadiko Ezkerra) unter dem Lehendakari Patxi López eine Minderheitsregierung bilden.
Das baskische Parteienspektrum wird durch die der PNV nahen EA (Eusko Alkartasuna) und die linksnationalistischen Abertzale-Parteien vervollständigt. Diese gingen aus dem 1976 formierten Block KAS (Koordinadora Abertzale Sozialista) hervor und forderten einen unabhängigen sozialistischen baskischen Staat. Im Vorfeld der ersten Parlamentswahlen wurde aus der KAS heraus Euskadiko Ezkerra (EE) gegründet, die sich allmählich vom Abertzalismus abwandte und sich schließlich 1993 dem PSOE anschloss. Die im KAS-Block verbliebenen Gruppierungen formierten sich 1978 zu Herri Batasuna (HB), einer ETA-nahen Wahlplattform, deren Agieren immer wieder die Diskussion um die Grenzen des parteipolitischen und ideologischen Pluralismus belebte. Wurde die Propaganda für ETA zu eindeutig, drohte der Partei das Verbot, aber bald darauf trat dann schon unter neuem Namen eine Nachfolgeorganisation auf den Plan. So folgte auf HB Euskal Herritarrok, die wiederum von Batasuna abgelöst wurde, die ihrerseits seit August 2002 verboten ist. Ihren Protest gegen das herrschende politische System drücken die Abgeordneten von HB und der Nachfolgeorganisationen durch das Nichteinnehmen ihrer Parlamentssitze in den Cortes aus. Diese Parteien konnten bei Regionalwahlen bisher in der Regel mit einem Stimmenanteil von ca. 15–20 % rechnen (wobei bei den radikalen Nationalisten die Abweichungen in den Ergebnissen zwischen nationalen und autonomen Wahlen geringer sind als bei den gemäßigten), 2001 ging ihr Anteil allerdings deutlich zurück: auf 10,1 % (1998: 17,9 %). Damit sprach sich die baskische Bevölkerung klar für den moderateren PNV-Kurs und gegen die Befürworter der als immer sinnloser empfundenen Gewaltakte der ETA aus. 2005 hingegen stieg der Anteil der radikal-nationalistischen Wähler wieder auf 12,5 %, was 9 Mandaten entspricht. Diese Stimmen erhielt die Liste der EHAK (Euskal Herrialdeetako Alderdi Komunista – Partido Comunista de las Tierras Vascas), zu deren Unterstützung die verbotene Batasuna-Partei ihre Anhänger aufgerufen hatte. Inzwischen kam es zu neuen Versuchen, radikale und ETA-nahe Politik ins Parlament zu tragen, etwa in der Vereinigung Sortu, die jedoch ebenfalls vor den Gerichten scheiterte. Das aus den baskischen Kommunalwahlen im Mai 2011 als zweitstärkste Kraft hervorgegangene Wahlbündnis Bildu wurde zuvor vom spanischen Verfassungsgericht legalisiert, weil eine Nähe zur Terroristengruppe ETA nicht nachgewiesen werden konnte. Zu den Parlamentswahlen im November 2011 wurde diese Gruppierung dann wieder nicht zugelassen, formierte sich aber neu unter dem Namen Amaiur und konnte sieben Abgeordnete (zwei mehr als die traditionalistische baskische Partei PNV) in den Congreso de los Diputados nach Madrid schicken.
Ein wiederum anderes Bild bietet die Parteienlandschaft in der dritten historischen Autonomieregion Galicien. Hier fehlt eine bürgerlich-nationalistische, CiU bzw. PNV vergleichbare Partei. Der Bloque Nacionalista Galego (BNG), die tonangebende nationalistische Partei Galiciens, entstand 1982 als Zusammenschluss linksnationalistischer Gruppierungen, die den Kontakt mit Herri Batasuna pflegten und deren radikale separatistische Politik eine strikte Verweigerungshaltung gegenüber den Institutionen der Comunidad Autónoma beinhaltete. Diese Politik fand aber in Galicien kaum Zuspruch bei den Wählern, so dass der BNG 1985 nur einen Abgeordneten ins Regionalparlament entsenden konnte. Daraufhin änderte der BNG seine Strategie, brach mit HB und schlug den Weg ‚durch die Institutionen‘ ein, um von innen auf eine Stärkung der galicischen Autonomie hinzuarbeiten. In den 90er Jahren profitierte der BNG dann von der Krise der Sozialisten. Zudem sorgte die Regierungsübernahme durch Fraga Iribarne 1989 für ein Zusammenrücken der nationalistischen Opposition unter dem Dach des BNG. Ihm schlossen sich die sozialdemokratischen PNG (Partido Nacionalista Galego) und Unidade Galega (unter Camilo Nogueira) ebenso an wie die marxistisch-leninistische UPG (Unión do Pobo Galego). Innerhalb des BNG formierte sich 1994 die sozialistische Esquerda Nacionalista, der auch der Parteiführer Beiras selbst angehört.
Der BNG hat sich damit in den zwanzig Jahren seines Bestehens von einem Konglomerat radikaler linksnationalistischer Splittergruppen zu einer realpolitisch agierenden Partei entwickelt, deren gemeinsamer ideologischer Nenner zwar nach wie vor ein links orientierter Nationalismus ist, die sich aber inzwischen auch die begehrte politische Mitte erschlossen hat und in Hinblick auf das Fernziel für Galicien offen bleibt. Eine wichtige Rolle als Integrationsfigur spielt dabei der charismatische Parteiführer Xosé Manuel Beiras (geb. 1936), Professor der Wirtschaftswissenschaften, Gründungsmitglied und seit 1985 Abgeordneter des BNG im galicischen Parlament. Der stetige Aufstieg in den 90er Jahren (bei den Regionalwahlen von 1997 erhielt der BNG über 25 % der Stimmen bzw. 18 Sitze, und in die Madrider Cortes konnte er 1996 zwei, 2000 drei Abgeordnete entsenden) nährte die Hoffnung, vielleicht doch die scheinbar unanfechtbare PP-Herrschaft in Galicien brechen zu können. Aber das Wahlergebnis von Oktober 2001 brachte dem BNG und seinem Spitzenkandidaten Beiras eine herbe Enttäuschung: Der PP verteidigte nicht nur die absolute Mehrheit und stellte weiterhin mit Fraga Iribarne den Präsidenten der Xunta, der BNG verlor auch noch ca. 3 % an Stimmen. Nach dem Versagen der PP-Regierung bei der Ölkatastrophe im Oktober 2002 (Prestige) erwarteten Beobachter, dass die galicischen Kommunalwahlen eine Trendwende, ein Aufbrechen der zementierten PP-Dominanz, signalisieren würden. Aber weit gefehlt, die Volkspartei konnte sich trotz allem erneut durchsetzen. Bei den Parlamentswahlen im März 2004 verlor der BNG ca. 0,5 % und damit einen seiner bisher drei Sitze.
Der ersehnte Durchbruch kam bei den Regionalwahlen vom 17.6.2005. Nach einer langen Zitterpartie (erst die Stimmen der ca. 300.000 im Ausland lebenden Galicier gaben den Ausschlag) stand fest, dass die jahrzehntelange PP-Dominanz gebrochen war: PSOE und BNG erzielten zusammen mit 38 Sitzen eine hauchdünne Mehrheit, und der Sozialist Emilio Pérez Touriño löste den „Dinosaurier“ (so die spanische Presse) Fraga im Amt des Ministerpräsidenten ab. Im April 2009 konnte der PP die Regierung in Galicien wieder zurückgewinnen, seither regiert die konservative Partei unter Ministerpräsident Alberto Núñez Feijóo.
Auch außerhalb der historischen Autonomieregionen haben sich, obwohl immer wieder Gruppierungen von der Bildfläche verschwinden, Regionalparteien etabliert und konsolidiert. Hier wäre die auch auf nationaler Ebene durchaus präsente Coalición Canaria (CC) zu nennen. In Andalusien hat sich der Partido Andalucista (PA) konsolidiert und ist seit 2000 im Regionalparlament mit fünf Abgeordneten vertreten. Parlamentarisch repräsentiert sind ferner: in Aragón die Chunta Aragonesista (CHA); in Navarra Nafarroa Bai; der Partido Regionalista de Cantabria (PRC); der Partido Riojano (PR) und diverse andere Gruppierungen, deren politischer Einfluss jedoch sehr begrenzt ist.