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Antinatalismus, philanthropischer
ОглавлениеDie ethische Devise des philanthropischen Antinatalismus lautet: Hilf allen Bedürftigen so gut du kannst und setze dich dafür ein, dass keine weiteren Hilfsbedürftigen gezeugt werden. Kann die antinatalistische Moraltheorie beanspruchen, philanthropisch zu sein? Wenn man einen personenbezogenen Begriff von Philanthropie voraussetzt, hält der Begriff einer näheren Prüfung nicht stand. Denn man erweist keiner nichtexistierenden „Person“ etwas Gutes, wenn man sich entscheidet, „sie“ nicht hervorzubringen. Dessen ungeachtet können wir dem Antinatalismus eine philanthropische Gesinnung oder humanistische Motive zuschreiben, da er zur Revision von Entscheidungen anhält, bei deren Durchführung Menschen leiden und sterben müssten.
Kant formuliert: „Der, welcher am Wohlsein (salus) der Menschen, so fern er sie bloß als solche betrachtet, Vergnügen findet, dem wohl ist, wenn es jedem anderen wohlergeht, heißt ein Menschenfreund (Philanthrop) überhaupt.“ (Kant, Werkausgabe Bd. 8, S. 586) Mit dem Verebben der Menschheit ist das Ausbleiben neuer Menschen zum Ziel gesetzt, an deren Wohlsein der Philanthrop also kein „Vergnügen“ finden könnte. Dennoch kann ein ausgeprägter Philanthropismus Beweggrund des Antinatalismus sein, insofern der Antinatalist dafür argumentiert, dass keine weiteren Menschen zu existieren beginnen, die unweigerlich und unsäglich so leiden würden, wie bisherige Menschen es taten. Crawford fasste diese Konstellation in folgende Worte: „At risk of appearing prideful, I need to point out that philanthropic antinatalism emerges from a deep well of empathic sensibility, from which naturally springs a sense of responsibility toward other people, as well as toward all life.“ (Crawford, S. 142. Siehe auch Akerma 1995, S. 29)