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3. Suggestion und Autosuggestion. Unterordnung aus freiem Willen und Opposition

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Gestern haben wir davon geschrieben, wie die Menschen sich selbst erziehen können und welche Gedanken dazu erforderlich sind.

Nur die Gedanken, die Macht der Gedanken, von der wir schon an anderer Stelle gesprochen haben, kann einen guten oder schlechten Einfluß auf die Entwicklung des Charakters, der Persönlichkeit ausüben. Gedanken sind es auch, die durch Einflüsse von außen durch falsches Vorbild etc. erzeugt werden oder durch Gedanken anderer, die eine entsprechende Reaktion im eigenen Denkapparat auslösen. Ich sagte schon, daß böse Gedanken die Mitmenschen treffen und ihnen an ihrer Seele Schaden zufügen können.

Wie oft ist ein Kind verschüchtert und unsicher, weil es die Gedanken der Eltern fühlt, die so oft völlig unnötigerweise besorgt sind, daß die Kinder ein richtiges – natürlich nach ihrer Meinung richtiges – Benehmen an den Tag legen. Sie warten geradezu darauf, daß das Kind sich schlecht benimmt und sie mit ihm keine Ehre einlegen können. Prompt wird das Kind versagen und womöglich Schande machen. Wir werden über dieses Kapitel auch noch manches zu sagen haben.

Ich sprach auch davon, daß die eigenen Gedanken eine noch viel größere Kraft besitzen in ihrer Wirkung auf den Menschen, der sie erzeugt. Man lächelt über die Begriffe Suggestion und Autosuggestion ein wenig, allerdings nur in Kreisen, die sich nicht ganz im Klaren sind, was sie bedeuten und wie diese Kräfte genutzt werden können.

Autosuggestion ist leichter als die Übertragung von Gedanken auf andere. Selbst ist man immer empfangsbereit für eigene Gedanken. Bei Fremdsuggestion muß der Empfänger aufnahmebereit sein, wenn durch die Übertragung von Gedanken zum Beispiel eine bestimmte Handlung erzielt werden soll.

Die Wirkung der Gedanken auf andere ist noch nicht Suggestion, wenn auch – möchte ich sagen – der Anfang davon. Suggestion ist Gedankenübertragung in Verbindung mit Übertragung von Willen. Es ist die Beeinflussung, und zwar bewußte Beeinflussung des freien Willens eines anderen, mit bestimmten Absichten angesprochenen Menschen.

Sind zwei Menschen in Harmonie verbunden, so wird der Wille des einen sich immer auch dem Willen des anderen anpassen oder sogar unterordnen. Er ist dann ein willenloses Werkzeug, wie man zu sagen pflegt, wenn er nicht die Kraft hat, sich dem Willen – und zwar dem bösen Willen – des anderen zu widersetzen. Das ist aber weit entfernt von Harmonie, denn solche Unterordnung erfolgt nicht ohne eigenen Willen, sondern im Gegenteil nur mit sehr viel gutem Willen.

Ich will aber vor allem über die Autosuggestion sprechen, weil sie eine wichtige Grundlage in der Selbsterziehung der Menschen bilden soll. Es ist die Fähigkeit, sich von negativen Einflüssen und Gedanken zu befreien, einen Zustand herbeizuführen, der einen, wenn auch oft nur kleinen Schritt dem Idealbild entgegen bedeutet.

Menschen, die sich der Kraft und Macht ihrer Gedanken bewußt sind, können diese in ungeahnter Weise nutzen zu ihrem Fortschritt auf allen Gebieten des geistigen und materiellen Lebens.

Freilich soll die Macht der Gedanken nur zu ihrem Aufstieg, zur Steigerung der Lebenskraft und, wenn diese durch widrige Einflüsse vermindert und geschädigt wurde, zu ihrer Genesung verwendet und angewandt werden. In konkreter Weise gesprochen: Wenn ein Mensch zum Beispiel durch schwere Krankheit geschwächt ist und keine Medizin imstande ist, die verlorene Kraft zu ersetzen, dann kann durch richtiges Denken, durch Bejahung der guten Einflüsse und Verneinung aller negativen Erscheinungen eine Erneuerung der Kräfte herbeigeführt werden, die manchen Arzt in Erstaunen versetzen muß. Deshalb spricht man oft von dem starken Lebenswillen eines Kranken, der dadurch imstande ist, ein vorzeitiges Lebensende zu verhindern.

Es ist die Autosuggestion, ganz unbewußt durch Gedanken wie: Ich werde bestimmt noch nicht sterben, ich will noch nicht, ich muß genesen, ich will noch diese oder jene Aufgabe erfüllen und so weiter. Nicht nur in solch krassen Fällen geschehen dadurch nach menschlicher Ansicht oft geradezu Wunder. Im täglichen Leben kann dadurch so viel Gutes erreicht werden.

Die kleinen Wörtchen „ich muß“ und „ich will“ und „es gibt kein Hindernis für mich, das ich nicht bezwingen könnte“ wirken voraus zum Gelingen jeder Leistung, mag sie noch so unerfüllbar scheinen. Freilich darf dabei nicht vom gesunden Menschenverstand abgegangen werden. Daß ein Mensch allein nicht tausend Kilo heben kann, ist so sicher, daß der beste Vorsatz und die stärkste Autosuggestion nichts daran ändern werden.

Die Leistungen, die gewollt sind, dürfen nicht den ewigen Naturgesetzen widersprechend sein. Vor allem kann durch eine vernünftige Lenkung der Gedanken erreicht werden, daß vor ungewöhnlichen Leistungen, zum Beispiel eines Künstlers, der vor einer großen Anzahl von Menschen sein Können zeigen muß – alle Hemmungen und Lampenfieber, wie man es zu nennen pflegt – ein für allemal wegfallen. Das ist schon ein großer Fortschritt, denn Angst vor dem menschlichen Urteil ist es, das solche negativen Gefühle erzeugt.

Nur dann ist voller Erfolg möglich, wenn ein Vertrauen, in sich selbst erzeugt, die Sicherheit des Auftretens eine Selbstverständlichkeit wird und damit den eigenen Kräften, dem Wissen und Können freie Bahn geschaffen wird. Wie oft versagt ein Prüfling nur deshalb, weil er anstatt des großen Wissens, das er schon erworben hat, nur das sieht, was er seiner Meinung nach nicht ausreichend beherrscht.

Ich habe in meiner ärztlichen Praxis viele solch arme, zitternde Seelen befreit von ihrer Angst und ihnen dadurch zum Erfolg verholfen. Wie viel leichter wird es gelingen, wenn die Menschen einmal restlos überzeugt sein werden, daß das materielle Leben in solcher Richtung unwichtig und unbedeutend ist, daß der Wert und die Reife des menschlichen Wesens sich anders manifestieren als in Prüfungen über auswendig gelernte, wissenschaftliche Erkenntnisse.

Ich wollte aber nicht so sehr davon sprechen als von der Art der Selbsterziehung, die nicht nur einen Fortschritt im geistigen, sondern auch im materiellen Sinn – also die Meisterung von Aufgaben, die mit geistigem Fortschritt nichts zu tun haben – bringen kann.

Ich muß aber dazu auch vor allem herausheben, daß es die Aufgabe der Eltern ist, die Kinder zur Selbsterziehung anzuregen. Allein das Vertrauen, daß man ihnen die Entscheidung über ihre Handlungsweise selbst überläßt, erzeugt großes Selbstvertrauen, und das allein bedeutet schon einen großen Fortschritt im Werdegang eines jungen Menschen. Ganz besonders aber erzeugt es ein gesteigertes Vertrauen zu den Eltern, die nicht nur mit Befehl und Strafe die richtige Einstellung des Kindes zum Leben und seinen Aufgaben erzwingen. Sie werden auf diese Weise am besten zu den Vertrauten und Freunden der Kinder, und diese werden den Weg zu den Eltern finden, wenn sie aus eigenem Urteil und Denkvermögen nicht die richtige Entscheidung in ihren Lebensfragen finden können.

Damit sind wir bei einem neuen Kapitel angelangt, bei der Opposition. Sie ist das Bestreben, seinen eigenen Willen zur Geltung zu bringen wenn Zwang von außen die Durchführung einer Leistung unmöglich machen will.

Opposition ist kein unerlaubtes oder sträfliches Verhalten. Es ist die normale Reaktion auf einen Angriff, möchte ich sagen. Sie tritt dann in Erscheinung, wenn das Geistwesen – und vor allem die Seele – nicht bereit ist, einem Befehl zu gehorchen, sich einem fremden Willen unterzuordnen.

Ich sagte schon, daß in Harmonie vereinte oder abgestimmte Seelen sich gerne gegenseitig unterordnen, daß aber Geistwesen mit sehr verschiedener Ausstrahlung und unterschiedlicher Entwicklungsstufe schwerer Übereinstimmung in ihrer Handlungsweise finden werden. Natürlich gibt es sehr unterschiedliche Grade von Opposition und ihre Auswirkung. Nicht zwei Menschen werden in der gleichen Weise und mit gleicher Intensität opponieren, mag es noch so den Anschein haben.

Es muß dabei vor allem unterschieden werden zwischen Opposition gegen einen Angriff schädlicher Art und einer solchen, die gegen wohlgemeinte Aktionen gerichtet ist. Der Mensch, der bestrebt ist, nur im guten Sinn seine Entwicklung zu fördern, wird wohl oft einen Widerstand in seinem Innern, in seinem Denken gegen einen guten Rat zum Beispiel empfinden oder gegen einen nach der menschlichen Gesellschaftsordnung zwangsweise gegebenen Eingriff in die persönliche Freiheit. Sein aufwärts strebender Geist wird aber den Nutzen solchen Zwangs oder solcher vielleicht unbequemer Ordnung erkennen und sich aus freiem Willen alsbald fügen. Solches Verhalten ist richtig und fördernd.

Anders ist es, wenn zwar die Opposition dazu zwingt, das Gegenteil von dem zu tun, was gefordert wird, wenn aber nur deshalb nicht oder nicht mehr opponiert wird, weil man einsieht, daß man gegen den Fordernden nicht aufkommen, mit seiner Opposition keinen Erfolg erzielen kann. Ein solches Sichfügen ist ohne freien Willen zustande gekommen, aus reinen Vernunftgründen, die zwar die Forderung nicht anerkennen, aber zum bequemeren Nachgeben verleiten.

Solcherart erzwungener Gehorsam, wie er in jedem Lebensalter gefordert wird, ist ungesund. Er ist unaufrichtig und erzeugt eine Aufspeicherung von Gedanken und Gefühlen, die zur Opposition drängen und meist dann zum Durchbruch und zur Auswirkung gelangen, wenn die Gelegenheit zwar gegeben, aber keineswegs geeignet ist, den eigenen Willen zum eigenen Nutzen wirksam werden zu lassen.

Menschen, die in ihrer Kindheit als brave, folgsame Kinder galten – zur größten Zufriedenheit ihrer Eltern – werden sich oft plötzlich ihres eigenen freien Willens bewußt. Sie erkennen, daß sie ja auch selbst das Recht und die Fähigkeit haben, zu entscheiden und kommen nun in die Lage, überall und stets nur ihren eigenen Willen zu betätigen, der aber, durch die dauernde Unterdrückung ungeübt, meist weit über das Ziel hinausschießt. Arm sind die Menschen in diesem Zustand, und mannigfache Verfehlungen und Irrtümer sind die Folge solcher Erziehung. Es muß endlich dazu kommen, daß die Eltern lernen, den freien Willen des Kindes in Güte zu lenken, anstatt sie durch Strafen, Verbote und Befehle ihrem eigenen Willen unterzuordnen. Es ist ein schwerer Fehler.

Nicht nur in der Erziehung des Kindes können wir die Folgen des Zwangs, also die Opposition, beobachten. In jeder menschlichen Gesellschaftsordnung sind Vorschriften und Einschränkungen, Verbote und Strafandrohungen gegeben, die in den Mitgliedern der jeweiligen Gesellschaft des Volkes oder Staates Widerspruch in allen Graden hervorrufen. Auch hier muß es so weit kommen, daß die Menschen aus eigenem freien Willen nur das Gute, das für die Gesellschaft Nützliche und Zweckmäßige denken und tun wollen. Ich sprach schon in dem Kapitel über das Strafrecht davon, daß durch Zwang und Strafen keine Besserung eines verfehlten oder verirrten Geistes erzielt werden kann, daß der Wille zum Guten auf andere Weise geweckt werden muß.

Es ist der höchste Grad von Opposition, der durch Bestrafung hervorgerufen wird und statt einer Besserung nur – und in jedem Fall – eine viel tiefere Abneigung gegen die menschliche Gesellschaft erzeugt. Es gibt keinen Verbrecher, der eine Strafe als gerecht empfindet, nicht nach seinem innersten Gefühl, denn er erkennt, daß sie es nicht ist, die ihm die Schlechtigkeit oder Abwegigkeit seines Tuns zum Bewußtsein bringt. Das ist nur seine innere Stimme, sein Gewissen, sein guter Führer, dem er nicht gehorcht. Er fühlt bei diesem Erkennen aber auch schon seinen geistigen Fortschritt, möchte gerne seinen Irrtum gutmachen und wünschte ihn ungeschehen und die böse Tat nie begangen zu haben. Durch die Strafe wird er in die Opposition gedrängt, ob er will oder nicht, und daraus entsteht der Haß gegen die Gerichtsbarkeit, ja gegen die ganze menschliche Gesellschaftsordnung. Erkennt doch endlich, daß auf diese Weise kein Erfolg für die Menschheit erzielt werden kann und habt den Mut, restlos aufzuräumen mit dieser unrichtigen Auffassung von Strafe und Sühne und ihren vermeintlichen Erfolgen!

Von einer anderen Seite erscheint die Opposition in der Politik. Sie ist meist nur aus einem bösen Willen oder dem Bedürfnis nach persönlicher Geltung entstanden und ist immer ungesund. Auch auf diesem Gebiet müssen die Menschen erkennen lernen, daß nur einmütige, selbstlose Zusammenarbeit wahren Erfolg bringen kann, daß der Einzelne so unbedeutend ist im ganzen großen Weltall und seinen gesetzmäßigen Zeitläufen, und daß die Gemeinschaft nicht durch Gegnerschaft gefördert werden kann, sondern nur durch Leistungen auf einer Ebene.

Heute liegen die Gegensätze noch in der Überbewertung der materiellen Güter, denn nur dadurch entstehen die Klassen und Gesellschaftsschichten im menschlichen Leben statt einer Ordnung nach geistiger Reife im wahrsten Sinn des Wortes.

Ich habe in meiner beruflichen Tätigkeit oft Gelegenheit gehabt, diese unrichtige Einteilung in den menschlichen Bewertungsfragen zu studieren und habe für meine Tätigkeit einen anderen Maßstab gesucht und – wie ich glaube sagen zu dürfen – auch gefunden.

Warum soll solche Einstellung, die – wie ich heute erkennen darf – die unbedingt Richtige ist, nicht Allgemeingut werden können? Sie wird es in gar nicht allzufern liegender Zeit sein und zwar dann, wenn die Menschen erkennen, daß das Geistige nicht nach materiellem Segen, möchte ich sagen, verteilt ist sondern ganz unabhängig davon.

Entkleidet die Menschen bei der Betrachtung ihrer Persönlichkeit all ihres materiellen Reichtums und sichtbaren Rahmens, schaut ihnen ins Innere und erforscht nur die Reife von Seele und Geist, dann werdet ihr sie in die gerechte Ordnung bringen, und Menschenkenntnis wird einen anderen Sinn bekommen, als sie ihn heute noch besitzt. Über Menschenkenntnis wollen wir das nächste Mal nachdenken.

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