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4. Gewährleistung der Vertraulichkeit
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Die Selbstbefreiungsvoraussetzungen sind nur solange gegeben, wie der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann.[112]
Die Gewährleistung der Vertraulichkeit ist weder in der MAR noch in den ESMA Leitlinien konkretisiert, lässt sich jedoch aus den Dokumentationspflichten gem. Art. 4 Abs. 1 lit. c Durchführungsverordnung (EU) 2016/1055, die der Emittent während der Befreiungszeit zu erfüllen hat, herleiten.[113] Diese entsprechen dem bisherigen § 7 WpAIV. Der Emittent hat zur Gewährleistung der Vertraulichkeit während der Selbstbefreiung Vorkehrungen zum Schutz der Insiderinformation vor unbefugtem Zugang sowie zur unverzüglichen Bekanntgabe der Information für den Fall, dass die Vertraulichkeit nicht mehr gewährleistet ist, zu treffen.[114]
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Bereits unter § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG a.F. war die an den Emittenten adressierte Verpflichtung, jede Person mit Zugang zu der Insiderinformation über die sich hieraus ergebenden insiderrechtlichen Pflichten und Sanktionen bei Pflichtverstößen aufzuklären, ebenfalls eine echte Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Selbstbefreiungsmöglichkeit. Dies wurde mit einer richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 3 a.F. WpHG begründet. Der Verordnungsgeber habe bei der Umsetzung der einschlägigen Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG in § 7 WpAIV die Übernahme dieser Voraussetzung aus der Richtlinie für überflüssig gehalten, weil § 15b Abs. 1 S. 3 WpHG a.F. in Umsetzung von Art. 5 Abs. 5 der Durchführungsrichtlinie 2004/72/EG eine entsprechende Anordnung enthalte, deren Erfüllung dann auch dem Zwecke des § 15 Abs. 3 WpHG a.F. genüge.[115] Danach bestand selbst dann die vorgenannte Hinweispflicht, wenn der Adressat einer spezialgesetzlichen Vertraulichkeitsregelung unterliegt, wie z.B. Aufsichtsratsmitglieder[116] der strafbewehrten aktienrechtlichen Verpflichtung zur Wahrung der Vertraulichkeit[117] mandatsbedingt erlangter Informationen.[118]
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Auch wenn weiterhin die Anforderung, alle Personen, die Zugang zur Insiderinformation haben, anerkennen zu lassen, welche Pflichten sich aus dem Zugang von Insiderinformationen ergeben und mit welchen Sanktionen zu rechnen ist (Art. 18 Abs. 2 MAR) nicht explizit im Zusammenhang mit der Selbstbefreiung geregelt ist, so folgt diese Regelung doch der allgemeinen Belehrungspflicht und ist damit Teil der Sicherstellung der Vertraulichkeit der Insiderinformation.[119]
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Vor dem Hintergrund der skizzierten Auffassung empfiehlt sich für Emittenten in der Praxis potenzielle Insider generell, z.B. durch arbeitsvertragliche Regelung, separate Anweisung und/oder einzelfallbezogen durch eine Vertraulichkeitserklärung, zur Verschwiegenheit zu verpflichten und über die sich aus der Kenntnis einer Insiderinformation ergebenden insiderrechtlichen Pflichten und Sanktionen bei Pflichtverstößen aufzuklären.