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Retter in der Not

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Ricardo Cruz sah den schwarzen Lieferwagen, wie er wendete und zurück fuhr. Er war zu weit von Samantha entfernt um sie noch zu warnen, also gab er Lichthupe und hoffte, dass Sam verstand, was er damit ausdrücken wollte. Aber es war zu spät. Der Lieferwagen hielt genau neben ihr. Rick sah nur noch, wie zwei Männer Samantha in den Wagen zerrten und mit ihr davon fuhren. Jetzt konnte er nur noch hinterherfahren und dieses so unauffällig wie möglich. Bei den vielen Autos, die auf den Straßen fuhren, war das keine große Sache. Das Problem war nur, den Anschluss nicht zu verpassen und den Lieferwagen nicht aus den Augen zu verlieren. Mit einem überschaubaren Abstand blieb er hinter dem Fahrzeug.

Seine gute Ausbildung bei den US Seals kam ihm jetzt zu Gute. Nach mehreren teils geheimen Auslandseinsätzen wurde er vom amerikanischen Geheimdienst, der CIA, angeworben. Allerdings mit der Voraussetzung bei seinen Aufträgen alleine zu agieren.

Sein Bruder Manuel hatte sich nach mehreren Jahren als Elitekämpfer auch neuen Herausforderungen zugewandt. Seine erlernten Fähigkeiten setzte er jetzt angeblich im Personenschutz ein. Dort würde man viel mehr verdienen, sagte er irgendwann einmal.

Ricks neuer Job führte ihn aufgrund seiner Herkunft häufig nach Kolumbien, um in geheimen Operationen bei der Bekämpfung der Drogenkartelle zu helfen. Als gebürtiger Kolumbianer viel er praktisch im Land nicht auf. Trotzdem hatte er in Kolumbien viel Schlimmes erlebt. So wurden einige seiner engsten Freunde von der Drogenmafia brutal ermordet. Ihre Körper waren kaum wiederzuerkennen, als man sie fand. Immer wieder machte er sich Vorwürfe, warum er nicht da gewesen war, um ihnen zu helfen. Auf keinen Fall wollte er so etwas noch einmal erleben und nun konnte er nur noch hoffen, diesen verfluchten Lieferwagen nicht aus den Augen zu verlieren. In diesem Moment wünschte er sich, sein großer Bruder wäre hier und würde ihm helfen. Auch wenn Manuel etwas Schlimmes über ihn erzählt haben sollte, er war immer noch sein Bruder und er liebte ihn. In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er nicht einmal eine Telefonnummer von Manuel besaß. Selbst wenn er wollte, er hätte keine Möglichkeit ihn zu kontaktieren. Also blieb ihm nichts weiter übrig, hier musste er alleine durch.

Der schwarze Lieferwagen bog in eine Seitenstraße ab. Diese Gegend mit den großen leeren Lagerhallen kannte er gut. Vor geraumer Zeit hatte er hier in einer verdeckten Operation einen internationalen Drogendeal vereitelt.

Rick parkte sein Auto so, dass er die Lagerhallen im Blick hatte, aber von den Männern in dem Lieferwagen nicht gesehen werden konnte.

Samantha stieg aus der Seitentür des Wagens. Sie hatten ihr die Augen verbunden, damit sie nichts sah. So war ihre Chance gestiegen, am Leben zu bleiben. Sie gingen recht behutsam mit ihr um. Das beruhigte Rick etwas. Es war beinahe unmöglich, ungesehen näher an diese Tür zu kommen. Er musste sich etwas anderes ausdenken um Sam zu helfen. Schließlich fand er ein kaputtes Fenster in unmittelbarer Nähe. Leise öffnete er es und stieg hinein. Die Halle war riesig. Ein großes Containerschiff hätte hier hinein gepasst. Über das Gebälk hangelte er sich weiter nach vorn, um zu sehen wohin die Entführer Sam brachten. Sie gingen eine schmale Treppe hinauf in ein verglastes altes Büro. Von hier konnte er nicht viel erkennen, er musste sich in eine bessere Position bringen. In einer kleinen dunklen Nische direkt neben dem Büro fand er einen Unterschlupf, so dass er durch die Lüftungsschlitze etwas hören konnte. Eine verzerrte Stimme fragte Samantha gerade, wo sich ihr Vater aufhielt. Soviel stand schon mal fest, es handelte sich um einen Mann, einen Ausländer. Das hörte Rick an dem Akzent.

Er hörte, wie Sam antwortete, dass ihr Vater vor über zehn Jahren verschwunden sei und niemand mehr etwas von ihm gehört hatte.

»Nun, ich weiß, dass das nicht stimmt. Sie haben mich soeben angelogen. Sollten sie das noch einmal tun, werden sie diesen heutigen Tag nicht mehr vergessen. So, und nun frage ich sie noch einmal. Wo ist William Black?«, hörte Rick die Stimme des Mannes sagen.

Er klang ziemlich aggressiv.

Ricardo sah, wie Samantha zusammen zuckte, als einer der Entführer ihre Schulter berührte. Zum ersten Mal hatte er richtig Angst um sie. Er kroch zu einem kleinen Fenster, durch das er alle sich im Raum befindlichen Personen sehen konnte. Zu seiner Verwunderung waren es nur die beiden Fahrer des Lieferwagens. Die verzerrte Stimme kam aus der Freisprechanlage eines Telefons. Sam hatte immer noch verbundene Augen. Zwei Männer waren kein Problem für Rick. Er hatte es in vergangenen Zeiten schon mit einigen mehr aufgenommen. Leise kroch Rick zurück zu den Lüftungsschlitzen. Er sah, wie einer der Männer ein Klappmesser aus seiner Tasche zog und es Sam an den Hals hielt. Wahrscheinlich hatte Samantha wieder die falsche Antwort gegeben. Er war noch zu weit entfernt um zu hören, was sie gerade geantwortet hatte.

»Ich verabscheue Gewalt, doch sie lassen mir keine andere Wahl, junge Dame.«, hörte Rick wieder die Stimme aus dem Telefon.

»Ich gebe ihnen noch eine Minute um ihre Antwort zu überdenken, danach werden meine Männer nicht mehr so nett zu ihnen sein.«

Rick konnte sehen, wie sich Samanthas Körper leicht bewegte. Nein, nicht bewegte, sondern zitterte. Jetzt war Schluss damit. Er sprang auf die Treppe, die zum Büroraum führte, nahm gleich zwei Stufen auf einmal und öffnete leise die Eingangstür. Die Männer waren so auf die Stimme fixiert, dass sie ihn nicht bemerkten. Von hinten stürzte er sich auf den Entführer mit dem Messer, denn er sollte keine Chance bekommen, Sam doch noch weh zu tun. Mit einem gekonnten Handgriff brach er ihm das Genick. Gleichzeitig holte er mit seinem Bein aus und verpasste dem anderen Mann einen Hieb in den Unterleib. Der ging mit einem schmerzverzerrten Gesicht in die Knie. Rick schnappte sich das Messer und rammte es dem am Boden liegenden Entführer mitten ins Herz. Samantha hatte immer noch die Augenbinde um. Der Anblick der getöteten Männer wäre sicher schrecklich für sie gewesen. So durchtrennte Rick erst einmal nur die Fesseln, nahm sie bei der Hand und verlies mit ihr den Raum. Auf der Treppe löste er die Augenbinde und gab ihr ein Zeichen den Mund zu halten und hier einen Augenblick zu warten. Sam zitterte nach wie vor am ganzen Körper. Rick lief noch einmal in das Zimmer, wo er die Männer getötet hatte.

Die Person, mit der sie noch vor ein paar Minuten über das Telefon kommuniziert hatten, war nicht mehr zu hören. Rick ging zum Telefon, nahm den Hörer und sagte in einem resoluten Ton:

»Sollten sie jemals wieder die Hand an Samantha Black legen, töte ich sie. Das ist ein Versprechen.«

Dann unterbrach er die Verbindung und kümmerte sich um Sam.

Sie stand immer noch wie versteinert da, als Rick sie in seine Arme nahm.

»Wir müssen sofort von hier verschwinden.«, sagte er mit sanfter Stimme.

Dann nahm er Samanthas Hand und sie verließen das Lagerhaus. Erst in seinem Auto sah er sie an. Er drehte sich zu Sam und legte eine Hand auf ihre Wange.

»Ich hatte große Angst um dich.« Ihre Blicke begegneten sich und dann beugte sich Rick zu ihr und legte seine Lippen auf ihren Mund. Sam wehrte sich nicht. Sie ließ es geschehen.

»Wohin möchtest du?«, fragte er.

Ganz leise sagte sie: »Ist mir egal, nur weg von hier.«

Sam legte den Kopf nach hinten und schloss die Augen.

Sie war am Ende ihrer Kräfte.

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