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Mittwoch, 07:46 Uhr, Rossweg 19, Bad Berging

Maus hatte grauenhaft schlecht geschlafen.

Mitten in der Nacht war er mit so starken Halsschmerzen aufgewacht, dass er kaum mehr hatte schlucken können.

»Na prima!«, hatte er in sein Kissen geknurrt, als er deswegen nicht mehr hatte eingeschlafen können. Die Digitalanzeige auf dem Radiowecker hatte hämisch darauf hingewiesen, dass es erst 3:56 Uhr war. Seufzend hatte es Maus erst einmal mit hin- und herwälzen versucht, ein Umstand, der ihn durch Ingas Fehlen zwar mehr Freiraum, aber gleichzeitig auch ein Gefühl des Verlorenseins und somit keine Erleichterung gebracht hatte. Er konnte sich geistig und körperlich drehen und wenden wie er wollte, die Tatsache, dass sich gerade eine Erkältung anbahnte, hatte er dann um 4:09 Uhr nicht mehr ignorieren können. Schlaftrunken, erschöpft und mit einer Spur trotziger Verzweiflung war er dann aufgestanden, ins Bad getapst und hatte im Medizinschränkchen nach etwas Brauchbarem gesucht. In einer Ecke hatte er schließlich eine angebrochene Packung Halstabletten finden können, deren Verfallsdatum bereits schon seit einem Jahr – denn Familie Maus konnte sich einer guten Gesundheit rühmen – überschritten war. Er hatte trotzdem eine genommen und sich eingebildet, durch den scharfen Menthol-Geschmack alle bösen Bakterien im Rachenraum wegätzen zu können. Leider war jedoch durch diese außerplanmäßige Unterbrechung seines normalerweise tiefen Schlafes alles aus dem Rhythmus gebracht worden, sodass es ihm erst wieder um 5:57 Uhr gelungen war, in einen traumlosen Schlummer zu sinken . Umso unerbittlicher hatte das Klingeln des Weckers dann eineinhalb Stunden später auf ihn eingeschlagen, hatte ihn todmüde die verquollenen und verklebten Lider öffnen lassen, ihm – dem passionierten Frühaufsteher – die gelbe Karte gezeigt.

Ächzend wälzte er sich jetzt aus dem Bett, fühlte sich schwächlich und hatte noch stärkere Halsschmerzen als zuvor. Wie durch ein Wunder gelang es ihm, sich zu duschen, anzuziehen und nach unten in die Küche zu gehen. Dort machte er sich erst einmal einen Kaffee.

»Nein!«, murmelte er, während das heiße Wasser blubbernd auf den Filter tropfte. »Nein, doch nicht heute. Nicht jetzt, wo Inga nicht da ist und ich am Abend Englischkurs habe.«

Konzentriert überlegte er. Sein Hirn fühlte sich an wie ein trockener Schwamm. Dann kam ihm eine Idee. Schnell zog er die Schublade des Küchenbuffets auf. Ja, richtig, hier waren ja die wirklich harten Medikamente, zwischen wichtigen Dingen wie Gummibändern, Paketschnur, Kleingeld, Ersatzschlüsseln, alten Passfotos, leeren und zum Teil ausgelaufen klebrigen Kugelschreibern, aufbewahrt. Maus wurde fündig. Er ertastete eine Sichtverpackung und konnte auch gleich den Namen eines bekannten Grippemittels darauf entziffern. Zwar hatte er keine Ahnung, wieviel er nehmen musste, drückte aber großzügig die letzten drei Tabletten aus der Folie und schluckte diese mit lauwarmem Leitungswasser.

Wenn es nicht besser wird, schau ich bei Dr. Frank vorbei, beschloss er und goss sich wieder etwas zuversichtlicher geworden, Kaffee in seine Lieblingstasse. Kurz darauf stand er am Küchenfenster und blickte auf die Straße.

Wie friedlich hier noch alles war. Oh ja, mit gutem Grund liebte er die frühen Morgenstunden, den jungen Tag, der so unschuldig, rein und hoffnungsfroh anbrach. Der Nebel war im Begriff, sich gerade vollständig aufzulösen. Maus konnte im gegenüberliegenden Haus Licht sehen. Wohnte dort nicht seine neue kleine Freundin Evi? Vermutlich streichelte sie gerade ihren weißen Hund und machte sich bereit, in die Schule zu gehen – obwohl, hatten die Kinder denn nicht bald Herbstferien?

So in Gedanken versunken schreckte er zusammen, als plötzlich Nachbar Hübners Kopf über seiner Hecke auftauchte. Gleich darauf stand der ganze restliche Mann in voller Sportmontur eines Olympialangstreckenläufers an der Gartentür und fixierte Maus, der kurz davor war, dem natürlichen Reflex, sich auch mit halbvoller Kaffeetasse auf den Boden zu werfen, nachzugeben. Lediglich der Tatsache, dass sich der Kommissar momentan zu überrumpelt und auch zusätzlich zu schwächlich für einen so gewagten Stunt fühlte, war es zu verdanken, dass er sich auf das nachbarschaftliche Blickduell einließ. Einige Sekunden passierte dann gar nichts. Maus war es schließlich, der sich dazu herabließ, freundlich zu lächeln und Hübner zuzunicken. Glücklicherweise schien dieser mit dem Gruß zufrieden, hob nun seinerseits die Hand und sprintete auch gleich wieder weiter. Maus seufzte erleichtert auf. Tja, soviel zu einem ruhigen Tagesanbruch, dachte er und fühlte sich plötzlich etwas flau.

»Vielleicht sollte ich was essen«, versuchte er eine Erklärung. »Auf leeren Magen solche Hammer tabletten?! Das ist bestimmt nicht gut.«

Da sich der Kühlschrank aber über Nacht nicht selbst aufgefüllt hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Mantel, seine Aktentasche und die Autoschlüssel zu nehmen, um in die Stadt und zur Bäckerei Möller zu fahren, die bekanntlich schon um diese Tageszeit ein leckeres Frühstück servierte.

Der Henker von Bad Berging

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