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Reibung und Anpassung

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In diesen Stunden hilft es, aus Zimmern und Büros zu laufen,

einfach dem Impuls zu folgen, wegzurennen von den

pedantischen Einzelheiten und den strengen Geschäften,

um Passagen entlang zu latschen wie die Bewohner dieser seltsamen Stadt.

(Sagte ich: seltsame Stadt? Es türmen sich Einkaufscenter wie überall.)

Was macht man mittwochvormittags um elf auf verregneten Straßen?

Mein Freund Carlos hatte schon immer vor,

in einem Café zu sitzen, während man verzweifelt nach ihm suchte.

Es kann heiter machen, unter Tische zu kriechen und sich

in Kleiderschränken zu verstecken, wenn die Ökonomie nach

anderem verlangt. Man stelle sich einen riesigen Apparat vor, an

dessen entscheidender Stelle man ein Rädchen zu Brei schlägt.

Genau in diesem Moment, wenn zerrauftes Haar

sich scheiteln soll, bleibt etwas zurück, eine Gegenläufigkeit,

ein aufmüpfiges, verrutschtes Ding, das zwischen Kanonen passt

und sich wehrt gegen einen absoluten Klumpen. Ganz objektiv, will man

sagen, gibt es Gegenstände, Autobahnen und die eiserne Pflicht.

Es sei denn – wenn es jetzt eine Antwort darauf gäbe.

Immer wünscht man eine Begründung und erinnert

sich an eine verschwundene Welt, die irgendwo noch anwesend sein muss,

mit ihrer eindringenden Stofflichkeit und diesem Gestank nach Fäkalien.

Meine Hände kennen den Akaziendorn, der sich ins Innere dreht,

und den roten Ball meiner Kindheit, den ich nicht mehr finde.

Das manchmal etwas ferne Bewusstsein will auch ohne Ermahnung

einmal Blumen pflücken und das Sperrholz aus seinen Blicken entfernen.

Darum das: ein pralles, schlüpfriges Dagegen zur Erweiterung

der Sinne nach irgendwohin. Mein Gemüt, das oft einem Kramladen

gleicht, unsortiert und altertümlich, pocht immer noch auf

die sture Subjektivität, auf das besondere Auge.

Ich habe Seelenzustände, ach ja, monströses Getöse,

und auch Carlos, der nicht gefunden werden will,

gleicht manchmal einem Priester, derart keusch und sentimental

ist sein Gang, dass man lachen muss über diese weichen Knie.

Meine Feigheit, meine lang gedehnte, manchmal

beschwipste Feigheit, sie ist es, die strammsteht, die die Gläser der

Chefs füllt und ein unterwürfiges Maunzen hören lässt.

triste

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