Читать книгу triste - Katrin Sell - Страница 5
Dich vergessen
ОглавлениеWährend jeder schreitet, in ein Blütenfeld oder in Gruben und Aushöhlungen,
in seinen Tag hinein, wie ein Tag sein kann als Wiederholung oder Ereignis,
rinnt Wasser verstohlen im Hintergrund, als unterdrückter Schmerz,
in dessen Zwerchfell ein Atmen ist, auch ein Schrei, meinetwegen
von jener Art, die hervorbrechen will, doch nicht zu den einfachen
Dingen passt. Denn stell dir vor, plötzlich sprichst du von glühenden Namen
und der erwürgten Braut, sprichst von Erinnerungen und grausamen
Umständen, denen nichts entnommen werden konnte, außer einer fieberhaften
Krankheit und dem Verlust von tausend Küssen.
Es bedeutet weiter und sprich nur von Dingen, von gekauften Kleidern
und Kaffeetassen, von Terminen und Autobahnen. So ist es. Sich die
Oberfläche zu eigen zu machen, und das Geschrillte selbst niederschreien
oder sich abwenden vom Gekrächze der eigenen inneren Stimme
und das ohne Mitleid, was heißt, den Schmerz bei sich selbst ausrotten,
ihn verschlingen und sich irgendwo hintreiben lassen.
Und Tau kommt dann vielleicht, auch ein frisches Gewächs,
das dem versehrten Morgen einen Anreiz gibt, die verdunkelten Straßen
zu vermeiden; und wie jemand zu sein, der nicht mehr fragt: Warum dies?
Das nennt sich Strategie und braucht den Kopf, ärztliche Verordnungen und Willen
zur Überwindung; die starke, rosige Hand, auch den Roboterarm, der öfter
empfindungslos über Rosen streift, damit nicht alles Eindruck und Sanftheit ist.
Ja, ein Lächeln, wenn nichts gelingt.
Hier sind Wochen, in denen man an einem Dorn festhing und die niedergetrampelte
Angst von Neuem kam, es nicht zu schaffen, was so scheinbar existiert
zwischen Kaffeehausluft und Fußballplatz, eben dieses Leben, befreit und nicht
in Nächten verschüttet.
Jeder Winkel der Seele, ihr weiches Mark, klammert sich
an mir fest, dich nicht auszusortieren wie zerstörten Hausrat, dabei bist du
das wasserlose Gras und stumm wie hundert Tote zu mir und sprichst von Terminen
wie andere von ihren Kindern. Eitle Füchsin, sagt etwas in mir, denn ich kenne
dich als Zwielicht und habe dir deine Bücher hinterhergetragen und dich verehrt
wie ein Knabe die schlaksige Abiturientin.
Das geht so durch die Tage, eine niedergerungene Leidenschaft, von der niemand
hören will, nicht einmal du selbst.