Читать книгу Keine Panik, ist nur Technik - Kenza Ait Si Abbou - Страница 9
Mein digitales Schweizer Taschenmesser
ОглавлениеMein nächster Tag beginnt – wenig überraschend – damit, dass mein Handy mich weckt. Dieses kleine Gerät ist längst kein bloßes Telefon mehr, sondern ein kleiner Alleskönner, der mich rund um die Uhr begleitet. Es weckt mich nicht nur morgens, es erinnert mich auch sofort daran, dass heute mein Freund Carlos Geburtstag hat, und zeigt mir, dass es aktuell nur 5 Grad draußen sind. Bevor ich vom Alltag abgelenkt werde, schreibe ich Carlos schnell eine WhatsApp-Nachricht. Ich drücke auf die grüne Sprechblase mit dem altmodischen weißen Telefonhörer und suche Carlos im Chat-Verlauf, wobei die Tastatur auf Spanisch eingestellt wird. Denn ich kenne Carlos noch aus Valencia, wir kommunizieren auf Spanisch, und das hat sich mein Handy sehr gut gemerkt. Ich fange also an zu tippen: »Hola tete (so spricht man gute Freunde in Valencia an), feliz …« Weitertippen brauche ich gar nicht, denn die Vorschläge, die mir mein Handy macht, passen genau. Es kommt zuerst »cumpleaños«, also Geburtstag auf Spanisch, dann ein paar passende Emojis. Perfekt! Nachricht schnell erledigt, heute Abend kann ich ihm noch ein kleines Video schicken, wo wir alle »Happy Birthday« singen.
Die Autovervollständigung beim Schreiben einer Nachricht ist eine meiner Lieblingsanwendungen. Und da steckt viel künstliche Intelligenz drin. Das System wurde erst einmal trainiert, um sinnvolle Wortzusammenhänge vorzuschlagen, wie beim »Herzlichen Glückwunsch … zum Geburtstag«, oder um häufige Abkürzungen zu vervollständigen, wie »mit freundlichen Grüßen«, wenn ich nur »mfg« eintippe. Aber auch das passt sich an den jeweiligen Nutzer an. Nach einer Weile schlägt mir die Software andere Wörter vor als meinem Mann zum Beispiel, weil sie gelernt hat, wie ich schreibe und welche Ausdrücke ich am meisten oder liebsten nutze. Diese Entwicklung braucht aber seine Zeit. Für mich das beste Beispiel dafür ist mein Vorname: Kenza. Wenn ich meinen Namen eintippte, dann wurde das früher immer automatisch in »Kenya« umgewandelt. Als ich im Jahr 1999 mein erstes Handy hatte, musste ich regelmäßig »Kenya« zurück in »Kenza« korrigieren. Die Zeit, in der ich das Wort manuell umwandeln musste, verkürzte sich mit jeder Handy-Generation. Daran konnte ich sehr gut verfolgen, wie die Handys intelligenter wurden. Mein iPhone 8 hatte nach wenigen Korrekturen schon verstanden: »Okay, sie will doch Kenza schreiben.«