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Kapitel 12

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Wie erwartet habe ich eine fast schlaflose Nacht hinter mir. Langsam wird es endlich hell. Ich stehe auf, ziehe den Vorhang zur Seite und blicke aus dem Fenster. Der Himmel erhellt sich in atemberaubender Weise. Ich kenne keinen Ort auf dieser Welt wo ich das schon einmal so erlebt hätte. Beim Anziehen lasse ich mir heute bewusst Zeit. Jamie und Eliza sitzen bereits beim Frühstück als ich die Küche betrete.

„Guten Morgen“, sage ich freundlich, obwohl ich total unausgeschlafen bin und mir die gestrigen Ereignisse noch in den Knochen sitzen.

Eliza gießt mir Tee ein, bevor sie sich ihren Schal umlegt.

„Ich bin dann drüben Frühstück machen. Du kannst mir nachher gerne helfen, wenn du Lust hast.“

Ich nicke an meinem Tee nippend. „Sehr gerne. Ich möchte nur vorher noch ein bisschen frische Luft tanken.“

„Lass dir Zeit“, erwidert sie. „Vor zehn gibt es nicht besonders viel zu tun.“

Onkel Jamie bricht auch ein paar Minuten nach ihr auf und so bin ich allein und starre eine Zeitlang aus dem Fenster. Dann beschließe ich Tyler anzurufen, wenn schon er es nicht tut. Verwunderlicher Weise geht er recht schnell dran.

„Hey Holly. Wie geht es dir?“, fragt er und klingt etwas gestresst.

„Danke, ja es geht schon. Wo bist du denn?“

„Schon am Weg ins Büro. Ich habe gleich ein Meeting.“

Er erklärt mir, dass es einen neuen Werbeauftrag gibt, der relativ hoch dotiert ist, darum scheinen alle ziemlich aus dem Häuschen. Ich spare mir die Frage ob Carolin wieder in seinem Team ist. Ich spare mir überhaupt jegliche Frage dieses Thema betreffend.

„Geht es dir denn auch gut?“, frage ich vorsichtig nach als wir zum Ende des Telefonates kommen.

„Ach Holly…Ich habe zum Glück so viel zu tun, dass ich keine Zeit habe darüber nachzudenken warum du weg bist. Auf jeden Fall ist es ziemlich leise in der Wohnung und ich vermisse dein gutes Essen.“

Ich seufze für mich selbst. Er sollte mich vermissen und bereuen was er getan hat.

„Na dann…Wir hören uns wieder“, sage ich noch zum Abschied und lege das Handy vor mich auf den Tisch. Ich lege meine Hände vors Gesicht und würde am liebsten laut losschreien, doch ich beschließe stattdessen raus zu gehen. Ich gehe eine große Runde ziemlich flott, sodass mir ganz schön warm ist und ich auch ein bisschen außer Puste bin, als ich Richtung Castle marschiere. Heute gehe ich von der anderen Seite über den Parkplatz zum Hintereingang. Gerade als ich über den großen Platz spaziere, traue ich meinen Augen kaum. Die rothaarige Frau von gestern geht über die Stufen herunter und zwar mit Lord Angus. Sie reicht ihm ihren Arm und lächelt ihn freundlich an. Jetzt wo ich sie so im Gesamten sehe, ist sie noch schöner. Wie eine Fee oder Prinzessin. Sie ist eine makellose Erscheinung. Ihre roten Haare hat sie heute hochgesteckt, was ihrem zarten Gesicht außerordentlich schmeichelt. Die Kleider in zarten Tönen unterstreichen ihren porzellanenen Teint perfekt. Lord Angus hingegen ist gezeichnet von seiner Krankheit. Viel ist von dem einflussreichen und furchteinflößenden Mann von früher nicht übrig wie es scheint. Seine früher einmal dunklen Haare sind ergraut und er ist für seine große Statur sehr schmal geworden. Ich weiß nicht recht was ich tun soll. Ist es unhöflich jetzt weiter zu gehen? Oder soll ich Lord Angus begrüßen? Er kennt mich vermutlich nicht einmal mehr und gesehen haben sie mich wie es aussieht nicht. Darum gehe ich schnurstracks weiter, bis ich meinen Namen höre.

„Holly!“

Ich bremse ab und drehe mich um. Lord Tavis kommt auf mich zu. Er sieht sehr edel im Anzug aus, scheinbar macht er sich auf den Weg zu einem Geschäftstermin. Trotzdem sticht mir seine Narbe sofort wieder ins Gesicht. Zwar lenkt der Bart ein wenig ab, aber es ist fast unmöglich nicht hinzusehen. Er nähert sich, darum begrüße ich ihn mit einem „Guten Morgen“, was er erwidert.

„Entschuldigung, ich möchte nicht unhöflich sein und sie beim Vornamen ansprechen, Mrs.?“

„Ach das passt schon. Einfach Holly.“

Er nickt und scheint kurz zu überlegen. „Es ist mir sehr unangenehm wegen gestern. Bitte verzeihen Sie mir, ich wollte Sie nicht erschrecken.“

„Nein, nein, kein Problem“, sage ich als Lord Angus hinter seinem Sohn steht. Die Frau immer noch an seiner Seite. Gott ist sie schön.

„Tavis. Wer ist die junge Dame?“, fragt er und mustert mich augenscheinlich.

„Vater. Das ist Holly. Holly Skelton. Du weißt doch noch, die Nichte von James Skelton.“

„Barnes“, lächle ich verlegen.

„Natürlich. Entschuldigung“, meint Tavis und zieht dabei die Augenbrauen hoch.

Lord Angus sieht mich nachdenklich an, reicht mir dann aber freundlich die Hand.

„Schön Sie wieder zu sehen Lord Stewart“, sage ich höflich.

„Und das ist meine Frau Kendra, oder habt ihr euch schon kennen gelernt?“, stellt mir Tavis die rothaarige Schönheit vor.

Mir rutscht fast das Herz in die Hose. Kendra? Seine Frau? Aber sie hat doch mit Peter…Ach du Scheiße…Sie reicht mir die Hand.

„Nein, wir haben uns noch nicht gesehen, aber ich habe schon gehört, dass Sie zu Besuch sind. Schön Sie kennen zu lernen“, begrüßt sie mich und lächelt dabei herzlich, was ich zu erwidern versuche, es gelingt mir aber nur schwer. Das scheint ihr nicht zu entgehen.

„Sie sind so blass Mrs. Barnes. Geht es Ihnen nicht gut?“

Tavis zieht erneut die Augenbrauen hoch. Ich schüttle den Kopf.

„Nein. Alles in Ordnung“, stammle ich.

„Ja…Ich muss dann auch los“, meint Tavis und sieht mich noch einmal eindringlich an. Dann küsst er seine Frau auf die Wange, verabschiedet sich bei mir und seinem Vater und geht zu seinem Wagen.

„Gehen wir jetzt? Worauf warten wir Kendra?“, fragt der Lord seine Schwiegertochter. „Ich habe doch nachher noch einen wichtigen Termin. Hast du das vergessen?“

„Natürlich nicht“, erwidert Kendra. „Ich würde doch niemals deine Termine vergessen.“

„Ich gehe dann mal zu Eliza“, meine ich, weil mir einfach nichts mehr anderes einfällt. „Schönen Tag noch und hat mich gefreut.“

„Ja ganz meinerseits“, lächelt sie.

Langsam gehe ich zum Hintereingang. Shit. Da habe ich gestern wohl etwas mitbekommen, dass ich so absolut gar nicht hören und sehen hätte dürfen und sollen. Das Beste wird sein, ich vergesse es ganz schnell. Kendra ist mit Tavis verheiratet, das ist alles was für mich interessant ist. In Gedanken versunken gehe ich an den Hunden vorbei in die Küche. Tavis und Kendra geben ein seltsames Paar ab, irgendwie erinnern sie mich an die Schöne und das Biest. Ich schüttle mich. Wegen der Narbe muss ich nicht gleich so gemein sein, aber er benimmt sich auch ein bisschen wie das Biest. Er ist grantig und ich kann ihn absolut nicht einschätzen. Kendra hingegen scheint warm und herzlich zu sein. Aber sie betrügt ihn.

„Hast du einen Geist gesehen?“, fragt mich Eliza mit hochgezogenen Augenbrauen und reißt mich aus meinen Gedanken, während ich meine Jacke ablege.

Ich seufze. „Ich habe draußen Tavis, seine Frau und Lord Angus getroffen. Sonst nichts.“

Als ich den Satz zu Ende gesagt habe, kommt Peter in die Küche. Auch das noch, als ob die Ereignisse von gestern und heute nicht ausreichen würden. Wie immer lächelt er mich charmant an, was aber an mir abprallt. Selbst wenn es nett ist, aber ich habe gerade die Frau kennen gelernt die er wirklich zu lieben scheint. Und diese Frau ist die Ehefrau seines Bruders. Gott, je mehr ich darüber nachdenke, desto wilder drehen sich die Gedanken in meinem Kopf. Alles in Allem ein total absurdes Chaos. Zum Glück betrifft es mich diesmal nicht und im Gegensatz dazu scheint Tylers Seitensprung fast lächerlich. Na ja. Ich bin trotzdem sehr gekränkt. Peter holt nur ein Lunchpaket ab, weil er zu Mittag scheinbar irgendwelche Ländereien abfährt um die Whiskeyproduktion sicherzustellen und darum zum Essen nicht hier sein wird. Den Rest des Tages versuche ich nicht so viel darüber nachzudenken und helfe lieber Eliza in der Küche.

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