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HERR HOFFMANN GIBT TRINKGELD

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VIER ERDBEBEN PRO TAG

»So ein Tag, so wunderschön wie heute ...« Leise vor sich hin pfeifend lässt sich Herr Hoffmann behaglich in die Badewanne gleiten. Sie ist viel kürzer als er es aus Deutschland gewohnt ist, dafür um einiges tiefer. Als Herr Hoffmann drin sitzt, schaut nur noch sein Kopf aus dem warmen Wasser hervor. Die Beine kann er dafür nicht einmal annähernd ausstrecken – na gut, dann wird halt im Sitzen gebadet. Viel ärgerlicher ist dagegen, dass er in seinem Hotelbadezimmer weit und breit keinen Badezusatz gefunden hat. (Warum das so ist, erfahren Sie im nachfolgenden Kapitel ›Herr Hoffmann geht baden‹.) Stattdessen musste er mühsam die Flüssigseife aus dem Seifenspender in seiner Handfläche in das einlaufende Badewasser transportieren. Herr Hoffmann lässt sich ein wenig weiter in das Wasser hineinrutschen und macht blubbernde Geräusche mit dem Mund. Aaaah ... entspannend ...

Auf einmal taucht Godzilla auf, reißt das gesamte Hotel aus seiner Verankerung, hebt es hoch und lässt es wieder fallen. Zumindest fühlt es sich so an. Badewasser schwappt aus der Wanne, aus dem Nebenraum ertönt ein dumpfer Knall. Ein Erdbeben! Ist das nun etwa die Fortsetzung des schlimmen Bebens aus dem März 2011? Erst gestern hatte er beim Rumzappen nach einer Gameshow, in der die Kandidaten versuchten, eine rutschige Treppe hinaufzulaufen, einen Bericht darüber gesehen. Er hatte zwar kein Wort verstanden, aber anscheinend leben in Fukushima auch heute noch immer jede Menge Menschen in Notunterkünften.

Aber jetzt – das gesamte Hotel scheint sich auf die Seite zu legen. Stürzt es etwa ein? Schnell springt Herr Hoffmann aus der Wanne, rutscht dabei beinahe auf dem nassen Boden aus und sucht Schutz unter dem Rahmen der Badezimmertür. Irgendjemand hatte ihm mal erzählt, dass das der sicherste Platz sei – oder hat er das falsch in Erinnerung? Immerhin ist er im 23. Stock, und wenn das ganze Gebäude einstürzt, wie sicher kann dann der Türrahmen sein? Außerdem handelt es sich nur um eine Schiebetür, ist die wirklich stabil? Vielleicht doch lieber unters Bett?

In dem Moment ist wieder alles still. Viel ist gar nicht passiert. Ein paar Fläschchen am Waschbecken sind umgefallen und sein Koffer ist vom Schrank gerutscht. Das war wohl das Geräusch, das er eben gehört hatte. Der Schrank selber ist dank magnetischer Türschließer nicht aufgegangen, auch die wenigen Möbel sind anscheinend weitgehend an ihrem Platz geblieben. Trotzdem – jetzt ist erst mal ein Drink fällig.

Kurz darauf sitzt Herr Hoffmann – die noch immer leicht zittrigen Finger um einen Gin Tonic geschlossen – an der Hotelbar. Hat hier niemand etwas von dem Beben mitbekommen? Alle sind ganz ruhig und tun so, als wäre alles ganz normal. Da geht es schon wieder los. Die Gläser klirren leise und der Barkeeper hält mit erstaunlich gelassener Miene ein paar Flaschen fest. Während Herr Hoffmann sich noch panisch nach einem Notausgang umschaut, ist auch schon wieder alles ruhig. Nur ein schwaches Nachbeben. Er kippt seinen Drink in einem Zug herunter, legt das Geld zusammen mit einem großzügigen Trinkgeld auf den Tresen und geht zurück auf sein Zimmer.

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