Читать книгу "Brender ermittelt" - Kim Scheider - Страница 15

Polizeipräsidium Köln Kalk, gegen 19 Uhr

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“Ich würde Ihnen nur zu gerne glauben, Frau Meyer, aber solange Sie nichts zu Ihrer Entlastung vorbringen können, muss ich leider danach gehen, was die Indizien sagen. Und die belasten Sie doch erheblich!”

Der Kommissar ihr gegenüber raufte sich die Haare. Seit Stunden saßen sie nun schon in dem kleinen kalten Raum und drehten sich im Kreis.

“Also noch mal von vorne. Sie haben den Handschuh erkannt, als Frau Lorenz ihn erhielt und sind in den Club gefahren, um nachzusehen, ob Sie recht hatten. Ist das soweit richtig?”

Vivien nickte nur.

Sie war in einem Albtraum gefangen. Seit sie die an sie gerichtete Botschaft von Tom gefunden hatte, erlebte sie alles um sich herum wie unter einer Glasglocke eingesperrt. Alles drang nur noch gedämpft zu ihr durch und die nackte Panik hielt sie fest in den Klauen.

Tom würde Anna töten, wenn sie dem Kommissar, der so geduldig versuchte, sie zum Einlenken zu bringen, auch nur ein Wort verraten würde. Von ihrem unfreiwilligen Deal mit Lorenz, zu dem er sie bereits vor Monaten gezwungen hatte.

Tom hatte schon am Tag nach dem Überfall auf Anna einen Boten zu ihr in den Club geschickt. Steve, der sich als Kunde ausgegeben hatte, konfrontierte sie mit Toms Forderungen und kam seither regelmäßig um neue zu stellen.

Um sie zur Kooperation zu zwingen, hatte er ihr eine Fotoserie vorgelegt, die zeigte, dass Lorenz über jeden ihrer Schritte informiert war und es ein leichtes für ihn wäre, Anna umzubringen, sollte Vivien sich ihm oder Steve in irgendeiner Weise verweigern. Egal, was man von ihr verlangen würde, sie hätte sich zu fügen - jederzeit!

Zu ihren Aufgaben gehörte fortan hauptsächlich der Verkauf von harten Drogen auf dem Kinderstrich. Eine Demütigung und Zumutung, die Lorenz in Kenntnis um ihre eigene Vergangenheit auf eben jenem Kinderstrich, sicher nicht zufällig gewählt hatte.

„Sieh es einfach als einen Rollenwechsel an“, hatte Steve zynisch gemeint. „Von der kleinen verlausten Stricherin zur Drogenbaronin. Du wirst für viele der Mädels ein Vorbild sein!“

Sie ertrug es nur, um Annas Leben damit zu erkaufen. Für jedes Gramm, dass sie nicht verkaufte, würde Tom Anna eine Stunde länger quälen, bevor er sie sterben lassen würde, hatte Steve gedroht und sie hatte ihm jedes Wort geglaubt.

Tom finanzierte auf diesem Wege sein Leben in der Isolation, denn sein Gesicht war zu bekannt, als dass er groß hätte offen auftreten können. Was ihn jedoch im Ernstfall nicht davon abhalten würde, sich ihrer und Annas anzunehmen, wie Steve ebenfalls glaubhaft erklärt hatte.

Mindestens ein Mal in der Woche kam er in den Club, verlangte bei Madame stets von Vivien bedient zu werden, trieb das Geld ein, brachte eine neue Drogenlieferung und ließ sich tatsächlich noch von ihr “bedienen”. Anschließend hatte sie immer zusehen können, woher sie das Geld bekam, dass sie mit ihm als Kunden offiziell verdiente und bei Madame abgeben musste.

“Hallo? Frau Meyer?”

Mühsam richtete Vivien ihre Aufmerksamkeit auf den Polizeibeamten.

“Frau Meyer, wie erklären Sie sich dann, dass man Sie gesehen hat, als Sie die Päckchen in Holland bei der Post aufgegeben haben?”

Wie gerne hätte sie ihm die Wahrheit ins Gesicht gebrüllt. Wie gerne würde sie sich endlich jemandem anvertrauen, damit dieses widerliche Spiel ein Ende hatte. Doch ihre Angst vor Tom war zu groß. Lieber riskierte sie, unschuldig ins Gefängnis zu gehen, als Annas Leben zu gefährden.

Still vor sich hin weinend zuckte sie mit den Schultern.

Sie durfte und sie würde nichts sagen.

Für Anna!

“Ein paar Handschuhe zu verschicken ist ja an und für sich nichts Verbotenes”, versuchte es der Polizist noch einmal. “Aber abgehackte Hände und ausgebuddelte Leichen mitzuschicken, ist dann gar nicht mehr komisch!”

Erschrocken sah Vivien auf. Davon hatte sie nichts gewusst!

“Oder Kinder zu entführen”, fügte er zu ihrem Entsetzen noch hinzu.

Doch obwohl ihr klar war, was man ihr da versuchte anzuhängen, überwog noch immer die Angst vor Lorenz.

“Ich war das nicht!”, sagte sie leise. “Damit habe ich nichts zu tun!”

Traurig blickte der Kommissar ihr in die verheulten Augen.

“Wie gerne würde ich Ihnen das glauben”, wiederholte er resigniert. Dann wandte er sich an zwei uniformierte Kollegen, die auf seinen Wink den Verhörraum betraten.

“Führt sie ab!”, sagte er erschöpft.



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