Читать книгу "Brender ermittelt" - Kim Scheider - Страница 19

Köln Domplatte, gegen 1.30 Uhr nachts

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“Wie viel kriegst du von mir?”, fragte der Kunde mit gedämpfter Stimme.

“150”, antwortete Tolja Grzyek und sah sich nervös um. Er würde wohl nie abgebrüht genug sein, um solche Geschäfte zu erledigen, ohne sich aus Angst vor den Drogenfahndern, fast in die Hose zu machen.

Ein bisschen Hasch verkaufen, das war in den Augen des Zwanzigjährigen absolut in Ordnung, auch wenn seine Schwester das berufsbedingt natürlich anders sehen würde. Dabei hatte er noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Ohnehin hielt er das deutsche Betäubungsmittelgesetz für vollkommen überholt.

Aber harte Drogen? Chemie?

Das war schon eine andere Hausnummer!

Er hasste sich dafür, wenn er sah, wie die zumeist jugendlichen Junkies mit zitternden Händen das geklaute oder auf dem Strich verdiente Geld übergaben, bloß um ein winziges Tütchen mit dem weißen Pulver zu erwerben, dass sie nur noch tiefer in die Spirale aus Kriminalität und körperlichem Verfall treiben würde.

Und doch hatte Tolja keine Alternative.

Es sei denn, es gelänge ihm, den Betrag für die monatliche Pflichtration auf anderem Wege zusammen zu bekommen. Doch wo sollte er jeden Monat 10000€ auftreiben? Das war schlichtweg unmöglich!

Seit drei Monaten ging das nun schon so. Nacht für Nacht trieb er sich in der Stadt herum und mühte sich, das Zeug unter die Leute zu bringen, um das Geld für diesen Mistkerl, der ihn erpresste aufzutreiben. Als Gegenleistung dafür, dass man Rina am Leben ließ.

Der muskelbepackte Riese, der Lorenz Botschaften stets überbrachte, hatte sich da unmissverständlich ausgedrückt. Egal, warum er die Summe nicht erbringen würde, die Konsequenz sei in jedem Fall Rinas Tod. Selbst wenn er die Polizei informieren würde, fänden sie Mittel und Wege, seine Schwester in ihre Gewalt zu bekommen und er selbst wäre dann auch gleich mit fällig.

„Wer weiß“, hatte der Hüne gespottet. „Vielleicht lässt Tom dich ja dann zusehen, wenn er sie erledigt.“

Nötigung und Schutzgelderpressung würde seine Schwester das nennen.

Eine verdammte Scheiße nannte Tolja es.

Angewidert von der ganzen verfahrenen Situation drückte er dem Kunden seinen Stoff in die Hand und nahm das Geld entgegen. Keinen Cent hätte er davon für sich persönlich haben wollen.

In dem Moment, als er die Scheine in seiner Jackentasche verschwinden lassen wollte, brach auf einmal die Hölle um ihn herum los.

“Achtung! Polizei!”, hörte er von hinten jemanden rufen. “Bleiben Sie stehen und nehmen Sie die Hände hoch!”

“Scheiße Mann, die Bullen”, fluchte der Junkie und rannte völlig kopflos davon.

Aus verschiedenen Richtungen stürmten bewaffnete Polizeibeamte auf die Domplatte. Sie rissen den flüchtenden Kunden zu Boden und legten ihm in kürzester Zeit Handschellen an. Der arme Kerl war viel zu kaputt, als dass er sich groß hätte zur Wehr setzen können.

Tolja blieb nicht viel Zeit, sich einen genauen Plan zu überlegen. Sein Fluchtinstinkt setzte ein und ohne weiter nachzudenken, stürmte er los in Richtung Hauptbahnhof.

“Halt, bleiben Sie sofort stehen!”, hörte er einen der Beamten energisch rufen.

Er rannte weiter.

Sie durften ihn unter keinen Umständen in die Finger kriegen. Wenn er am Freitag nicht die geforderte Summe ablieferte, war Rinas Leben keinen Cent mehr wert.

Noch immer brüllten die Beamten hinter ihm her, forderten ihn auf, endlich stehen zu bleiben.

Unmittelbar darauf fiel ein Schuss.

Tolja blieb vor Schreck beinahe das Herz stehen. So weit war es also schon mit ihm gekommen, dass er wie ein Hase auf der Treibjagd gehetzt wurde. Es war ein schreckliches Gefühl!

Die nackte Panik und die Sorge um seine Schwester trieben ihn voran, ließen ihn zielsicher jede Stufe vor der majestätischen Kulisse des Doms treffen, als er weiter auf den Bahnhof zuhielt. Er befand sich keine fünf Meter mehr von dem rettenden Eingang entfernt, als ein weiterer Schuss durch die Nacht krachte.

Der von den Wänden und Mauern ringsum abprallende Schall zerriss ihm beinahe das Trommelfell. Im selben Moment spürte er einen unfassbar heftigen Schmerz im Oberschenkel. Man hatte ihn getroffen!

So sehr er auch kämpfte, er konnte nicht weiterlaufen. Der Schmerz war zu groß. Erst als er zu Boden ging, bemerkte er das ganze Blut, dass rasch aus der Wunde quoll und seine Hose tränkte.

Kaum, dass er lag, spürte er auch schon das Knie eines Polizisten auf seinen Rücken krachen.

Schmerzerfüllt schrie er auf.

Es war vorbei. Sie hatten ihn erwischt.

Und Rina würde sterben!



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