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Nur so stark wie das schwächste Glied

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"Die Menschenrechts-Charta ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Vereinten Nationen. 'Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren', heißt es in der denkwürdigen Deklaration. "Die Vereinten Nationen haben das Ziel, den Weltfrieden zu sichern, über die Einhaltung der Menschenrechte zu wachen und soziale Gerechtigkeit zu schaffen."

Im kleinen Konferenzsaal des Glas-Towers am East River verliest ein UNO-Mitarbeiter die Charta, die die Generalversammlung am 10. Dezember 1948 verkündet hat. Der Mann steht vor einer Tafel voller bunter Grafiken. Mit einer Taschenlampe wirft er einen Lichtkegel auf Skizzen und Zahlenreihen. Seine Erläuterungen untermauert er, indem er den Lichtkegel auf die dazu gehörenden Grafiken lenkt. Der Mann mit der Taschenlampe versucht nicht, mit seinem Stolz hinter dem Berg zu halten. Obschon er davon ausgehen kann, dass die Studenten aus Deutschland gut informiert sind, erläutert er historische Meilensteine so, als ob man sie eben erst gesetzt hätte.

Professor Jan Schröder und seine Studenten haben ausgedehnte Besichtigungstouren durch die Acht-Millionen-Metropole hinter sich. Vom Hotel aus waren sie zunächst mit der U-Bahn nach Manhattan-Süd gefahren. Auf Governors Island machten sie das erste Gruppenfoto mit der Skyline der Wolkenkratzer im Hintergrund. Die Freiheitsstatue lag ein bisschen im Nebel. "Ein Geschenk der Franzosen an die Vereinigten Staaten," bemerkte Jan. "Die Statue stellt Libertas dar, die römische Göttin der Freiheit. Im Jahre 1776 haben die amerikanischen Gründerväter demokratische Ideen verwirklicht, die in Europa entwickelt und dann in der französischen Revolution von 1789 umgesetzt wurden. Die Figur ist ein Symbol der Freiheit."

Mit dieser Bemerkung erntete der Professor sowohl ein Gähnen als auch den Kommentar eines bärtigen Doktoranden: "Jawohl, Herr Oberlehrer." Die Kritik konnte Jan allerdings nicht schrecken. Mit seinen Studenten steht er auf gutem Fuß. Da darf auch geflachst werden. In den Seminaren, die Jan an der Uni leitet, ist "der Preuße" ein häufig gewählter Zwischenruf. Jans Pedanterie entspricht wohl den Vorstellungen, die ein Student von preußischen Tugenden hatte, als er nach einem Spitznamen für den Professor suchte.

Wie beiläufig fragte Jan zurück: "Und welchen Freiheitsbegriff sollten wir zu Grunde legen?"

"Der philosophische Freiheitsbegriff ist ständig in der Diskussion. Er unterliegt einem permanenten Wandel. Er umfasst gleichzeitig psychologische, soziale, kulturelle, religiöse, politische und rechtliche Dimensionen. Er ist ein zentraler Begriff der menschlichen Ideengeschichte. Jawoll," sagte der Student mit dem Vollbart.

"In unserer Rechtstradition ist der Begriff der Handlungsfreiheit elementar," ergänzt Anna-Lena. Sie trägt ein T-Shirt mit dem Herzchen-Aufdruck 'I love NY'. Plumpe Dekorationen auf der Brust mag sie zwar gar nicht leiden. Dennoch hat sie sich das T-Shirt übergestreift. Notgedrungen - weil sie sich ihren "Coffee to go" unterwegs über die Bluse geschüttet hatte. Und weil kein Ersatz zur Hand war.

"Handlungen eines Menschen gelten als frei, wenn sie seinem Willen entsprechen," fügt Anna-Lena hinzu. "Handlungsfreiheit kann von äußeren und inneren Umständen beschränkt oder aufgehoben werden. Von außen kann Zwang einwirken. Von innen kann zum Beispiel eine Krankheit die Handlungsfreiheit behindern."

Anna-Lena erkennt, dass ihre Kommilitonen nicht wirklich aufmerksam sind. Tapfer versucht sie dennoch, die Definition des Freiheitsbegriffs zu ende zu bringen.

"Im 17. Jahrhundert hat der englische Philosoph und Vordenker der Aufklärung, John Locke, Freiheit definiert, wie sie auch heute verstanden wird. Der politische Aspekt des Freiheitsbegriffes verlangt, dass Menschen, die in einer feudalen Gesellschaftsstruktur leben, von Zwängen befreit werden. Der Freiheitsbegriff zielt ab auf eine Trennung von Staat und Kirche. Er begrenzt staatliche Gewalt durch die Grundrechte. Der Freiheitsbegriff umfasst ferner die Kontrolle der Staatsgewalt durch die Gewaltenteilung. Schließlich verlangt Freiheit auch, dass die Staatsgewalt nicht durch ein Gottes-Gnadentum legitimiert wird."

Anna-Lena ertappt sich dabei, Lehrbuch-Formeln gebetsmühlenartig aufzusagen. "Der Freiheitsbegriff schließt ein, dass die Interessen des Einzelnen in der Demokratie verwirklicht werden," sagt sie dann.

"Wie sehr doch Theorie und Wirklichkeit auseinander klaffen," kommentiert der Student mit dem Vollbart. Der Exkurs in die Welt der Ideen und Ideale findet jäh seinen Abschluss, als ein Eiscreme-Verkäufer mit einem Kühlwagen vorfährt und lautstark seine 23 Sorten anbietet.

Von Governors Island waren die Studenten zur Wallstreet gepilgert, um die Atmosphäre im "Sumpf des Kapitalismus" zu schnuppern. Die Formulierung des Bärtigen ließ sich aber nicht verifizieren. Die weltweit größte Börse für Wert- und Spekulationspapiere war für den Besucherverkehr geschlossen. Das nächste Ziel war das "One World Trade Center", der Super-Komplex aus Beton und Stahl und Glas, der auf dem Areal errichtet wurde, auf dem früher die Zwillingstürme des World-Trade Centers standen. Der "Freedom-Tower" wurde an der Seite des großen Mahnmals für die Opfer der Terror-Attacke vom 11. September 2001 errichtet. Er ist 541 Meter oder 1776 feet hoch und erinnert an das Jahr, in dem die Vereinigten Staaten ihre Unabhängigkeit erklärten. Im September 2001 fanden hier fast 3000 Menschen den Tod. Damals hatten Terroristen Flugzeuge als Monsterwaffen nach New York und Washington dirigiert - gekaperte Linienmaschinen, die sich mit ihren Passagieren in Wolkenkratzer bohrten. In kürzester Frist waren die Zwillingstürme eingestürzt. Zahllose Menschen, die in den oberen Stockwerken eingekesselt waren, sahen keinen anderen Ausweg, als in die Tiefe und den sicheren Tod zu springen. Auch das Pentagon, das Verteidigungsministerium in Washington, war Ziel eines Terroranschlags.

Verschwörungstheorien kamen auf: die Bush-Regierung habe die Attentate selbst initiiert. Denn es sei nicht erklärbar, dass die Angreifer in den Raum über New York und Washington hätten eindringen können, ohne von der Luftabwehr daran gehindert zu werden. Es hieß auch, dass die Attentate von Juden verursacht worden seien. Angeblich seien jüdische Angestellte am 11. September zu Hause geblieben, anstatt zur Arbeit in ihre Büros in den Twin-Towers zu gehen.

Für einen Staat, dessen Grenzen wegen der geo-strategischen Lage bis zur Einsatzfähigkeit der sowjetischen Atombombe ziemlich immun für Angriffe von außen schienen, war der Terror-Überfall ein neue, bittere Erfahrung. Die Amerikaner mussten nun hautnah erleben, was vor ihnen die meisten anderen Völker erdulden mussten: Auch ihr Territorium war nicht gegen Angriffe von außen gefeit. Die Gegner der USA konnten Tod und Verwüstung auch nach Amerika bringen.

Die Antwort der Regierung George W. Bush war der "Krieg gegen den Terror". Die USA nahmen einen weltweiten Kampf gegen Opponenten auf, die im Untergrund agierten und nur sehr schwer greifbar waren. Der Anti-Terror-Krieg hat die Terroristen nicht außer Gefecht setzen können. Er hat aber eine nie dagewesene Sicherheits-Phobie ausgelöst und in deren Folge den Menschen im Westen massive Einschränkungen ihrer demokratischen Freiheiten gebracht.

Der nächste Ort, den die Studenten ansteuerten, war das Empire State Building - viele Jahre lang das höchste Gebäude der Welt. Vom 101. Stockwerk war der Blick schwindelerregend. Auf dem Dach des Wolkenkratzers beschlossen die Studenten, zum berühmten Times Square zu fahren. An der Kreuzung Broadway/7th Avenue wollten sie kurz Station im 'Shop-holic Heaven' mit seinen 'Tempeln der Einkaufswelten' machen. Ihren Termin im UNO-Hauptquartier wollten sie aber auf keinen Fall verpassen.

Der UNO-Vertreter, der den Besuchern die Geschichte und die Aufgaben der Organisation erläutert, hatte die Gruppe vor dem Flachbau der Generalversammlung begrüßt. Die jungen Leute hatte er zunächst zur „Gewaltlos-Statue" geführt - einem Mahnmal, das einen Revolver mit einem verknoteten Lauf darstellt. Das Kunstwerk ist ein Geschenk aus Luxemburg.

"Der Umbruch nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Paradigmenwechsel," betont der UNO Vertreter nun im Konferenzsaal. Mit der Taschenlampe wirft er den Lichtkegel auf eine Weltkarte, sucht und findet Berlin. Für einige Sekunden leuchtet der Kegel, wird herunter gedimmt, verschwindet dann ganz. Danach strahlt der Kegel der Taschenlampe kurz über Tokio - bis es auch dort dunkel wird. Die dritte Phase des Lichtspiels vollzieht sich über Amerika. Der Kegel findet Washington. Das helle Licht über der amerikanischen Hauptstadt breitet sich aus. Über den ganzen Kontinent. Vom Atlantik im Osten bis zum Pazifik im Westen.

"Der Umbruch brachte grundlegend neue politische, militärische und soziale Bedingungen," bekräftigt der Referent. "Die USA mauserten sich zur beherrschenden Weltmacht. Sie allein verfügten über Atombomben. Die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich waren zu

Mittelmächten geschrumpft. In Deutschland und Japan regierten die Besatzungsmächte. Die Frühphase des Ost-West-Antagonismus war eingeleitet. Die Sowjetunion war auf dem Weg zur zweiten Supermacht. Es war ein riesiger Erfolg der Vereinten Nationen, die Völker der Welt zu motivieren, ein Bekenntnis zu den Grundsätzen der Menschenrechte abzulegen," betont der UNO-Vertreter.

"Wenn man so will, kann man als Erfolg verbuchen, dass die UNO die Ausarbeitung der Erklärung vorgenommen hat," meldet sich ein Student zu Wort. "Von einem riesigen Erfolg der UNO zu sprechen, ist aber lächerlich." Professor Schröders Gruppe quittiert es mit einem Raunen.

"Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist nämlich keine verbindliche Rechtsquelle des Völkerrechts," fügt der Student hinzu. "Sie ist kein völkerrechtlicher Vertrag und somit unverbindlich. Bindende Wirkung haben nach der UN-Charta nur Resolutionen des UNO Sicherheitsrates."

Die Wortmeldung wird mit Klopfen auf die Tische begleitet.

"Wie kann die UNO die Menschenrechts-Verletzungen der USA in Guantanamo ahnden? Oder : wie geht die UNO gegen Menschenrechts- Verletzungen in der Ukraine, auf der Krim, in Afrika, in China oder im Nahen Osten vor? Gar nicht," beantwortet der Student seine Frage selbst.

"Das ist leider wahr", meint der UNO-Referent. "Mit den Stimmen der arabischen Staaten wurden so viele Resolutionen gegen Israel verfasst wie zu keinem anderen Themenkomplex. Im Sicherheitsrat wurden diese Resolutions-Entwürfe nicht angenommen, weil die USA ihr Veto meist zugunsten Israels einlegten. Somit waren sie auch nicht völkerrechtlich bindend."

„Reformen sind überfällig,“ meint Anna-Lena, die jetzt neben dem Professor sitzt. „Der Weltsicherheitsrsat trägt die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der Internationalen Sicherheit.“

„Während alle anderen UN-Organe nur Empfehlungen abgeben können, kann der Sicherheitsrat Entscheidungen treffen, die für alle Mitgliedsstaaten verbindlich sind. Zum Beispiel Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens oder Angriffshandlungen," sagt Professor Schröder.

"Der Sicherheitsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Davon sind fünf ständige Mitglieder: Die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich. Die fünf ständigen Mitglieder haben ein Vetorecht. Eine einzige Veto-Abgabe kann jeden Resolutionsentwurf abschmettern."

Besonders Amerika-kritisch ist Anna-Lena. Sie spricht so fließend Englisch als sei es ihre Muttersprache. "Nationale Alleingänge“, sagt sie, „vereiteln die meisten Ansätze, um zu mehr Verbindlichkeiten in den Vereinten Nationen zu kommen. Besonders die Amerikaner lassen ihren Willen zur Unterwerfung unter das völkerrechtliche Gewaltmonopol des Sicherheitsrates vermissen. Stattdessen versuchen sie im Alleingang oder mit Koalitionen unter ihrer Führung militärische und wirtschaftliche Interessen durchzusetzen."

Eine andere Studentin verweist auf Täuschungsmanöver der George W. Bush-Regierung beim Angriffskrieg gegen den Irak.

"Die Charta der Vereinten Nationen verlangt ein Gewaltverbot zur Beilegung von Streitigkeiten und untersagt Angriffskriege. Dagegen haben die USA immer wieder verstoßen. Ohne ein Mandat der UNO haben sie in anderen Staaten Krieg geführt. Schon im Jahre 2001 plante das Pentagon eine Invasion im Irak- zwei Jahre bevor die USA dann einmarschierten. Washington erklärte, der Irak stelle Massenvernichtungs-Waffen her und wolle die USA angreifen. Wie sich später herausstellte, entbehrten die amerikanischen Behauptungen jeder Grundlage. Der Überfall auf den Irak war ohne ein Mandat des Weltsicherheitsrates."

Die Studenten klopfen zustimmend.

„Trotz einer Vielzahl von Drohungen hat in unserem Atomzeitalter ein angenommenes Gleichgewicht des Schreckens zur Entspannung zwischen den Blöcken in Ost und West geführt. Auch eine partielle Abrüstung war möglich. Die ständigen Vertreter im UNO-Sicherheitsrat - alle sind ja Atommächte - schlossen 1968 den Atomwaffen-Sperrvertrag. Aber nicht als eine UNO-Übereinkunft, sondern nur als eine internationale, zwischenstaatliche Vereinbarung,“ sagt Anna-Lena.

„Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen verbietet die Verbreitung von Kernwaffen und verpflichtet zur Abrüstung, erlaubt aber die friedliche Nutzung von Kernenergie. Fast alle Staaten sind dem Vertrag beigetreten. Pakistan und Indien, die über eigene Nuklearwaffen verfügen, lehnen eine Mitgliedschaft ab. Auch Israel, das Atombomben herstellen kann, ist dem Vertrag nicht beigetreten. Nordkorea, das von sich behauptet, Kernwaffen zu besitzen, ist ebenfalls kein

Mitglied.“

„Muss denn hier nachgebetet werden, was Wort für Wort im 'Politik-Lexikon für junge Leute' steht?“, fragt der Bärtige. In Jans Seminar gilt er als Besserwisser. Und sie nennen ihn nur Nörgli.

Anna-Lena lässt sich nicht beirren.

„Die Internationale Atomenergie-Organisation soll kontrollieren, ob der Vertrag eingehalten wird. Da Kontrollen angemeldet werden müssen, und da nur solche Anlagen überprüft werden, die von den Betreibern angeboten werden, sind die Möglichkeiten, Verstöße aufzudecken, nur gering.

In gewisser Weise ist der Atomwaffen-Sperrvertrag ein Hebel, den die Starken gegenüber den Schwachen einsetzen. Der Vertrag schreibt nämlich das Ungleichgewicht zwischen den Atommächten und den Habenichtsen fest. Während fast 200 Staaten der Zugang zur Bombe verwehrt ist, unternehmen die Kernwaffen-Staaten nur geringe Anstrengungen zur Abrüstung. Nicht-atomar-bewaffmete Staaten, die erklären, Atomenergie zur zivilen Nutzung herstellen zu wollen, haben es besonders schwer, wenn man ihnen unterstellt, sie wollten in Wahrheit Kernwaffen bauen.“

Professor Schröder meldet sich noch einmal zu Wort:

"Diese Beispiele zeigen deutlich, was der UNO auch ein Dreiviertel Jahrhundert nach ihrer Gründung noch immer fehlt: ein zentrales Gesetzgebungsorgan, eine hierarchisch strukturierte Gerichtsbarkeit und eine Exekutivgewalt, die in der Lage ist, ihre Grundsätze durchzusetzen. Dass es noch immer nicht gelungen ist, ein Völkerrecht zu definieren, das von allen Mitgliedern als allgemein gültig anerkannt wird, zeigt die Notwendigkeit von Reformen. Im Vergleich zu diesem Mammutprogramm sind andere Reformvorhaben zweitrangig.“

Nörgli ist im Begriff, seinen Salm hinzuzufügen. Jan hebt Jan die Brauen – was den Studenten veranlasst, auf einen neuen Zwischenruf zu verzichten.

„Bei Abstimmungen in der Vollversammlung hat jedes Mitglied ebenso viel Gewicht wie jedes andere Mitglied. Luxemburg ebenso viel wie China. Nach dem Motto 'Ein Land - eine Stimme'. Brasilien, Indien, Japan und Deutschland wollen ständige Mitglieder im Sicherheitsrat werden. Diskutiert wird auch seit langem, ob Deutschland nicht doch lieber auf eine Mitgliedschaft verzichten sollte - zugunsten eines "Mitglieds Europa." Angesichts der Ungleichheit beim Prinzip "Ein Land - eine Stimme" wird es wohl noch lange dauern, bis eine Lösung gefunden wird, die Deutschland dauerhaft im Weltsicherheitsrat verankert. Denn die Vereinten Nationen sind im Zweifelsfall immer nur so stark wie das schwächste seiner Mitglieder.“

Jan möchte, dass nicht immer nur die Schwächen der UNO hervorgehoben werden.

„Um die Vereinten Nationen stärker und effektiver zu gestalten, muss jedes einzelne seiner Mitglieder auf Teile seiner Souveränität verzichten.,“ betont er. Solange sich diese Einsicht nicht bei allen durchsetzt, wird die UNO eine Organisation bleiben, der der Biss fehlt und über deren Mahnungen sich die Atommächte unter Missachtung der Charta weiter ohne große Skrupel hinwegsetzen.“

Das ist auch die Meinung der Studenten. Jan erntet zustimmendes Klopfen.

„Wer aber glaubt, dass es sich bei den Vereinten Nationen nur um eine „lahme Ente“ oder einen Quasselverein handelt, der irrt. In Zeiten der Spannungen – dann, wenn sich die Gewaltspirale dreht und wenn direkte Kontakte zwischen den Kontrahenten abbrechen - ist die UNO mit ihren Spezialisten eine Plattform für den Dialog. Die Vereinten Nationen sind eine hervorragende Bühne für die Diplomatie - wenn es darum geht, Lösungen auf friedlichem Wege vorzubereiten und zu erzielen."

Wieder klopft Jans Besuchergruppe Beifall.

"Zur Bewertung der Leistungen der Vereinten Nationen gehört auch ein Blick auf die Blauhelm-Aktionen in aller Welt. Die friedens-sichernden Militäreinheiten unter dem Kommando der UNO werden meist zwischen den Fronten der Konfliktparteien eingesetzt,“ sagt Jan Schröder. „Sie werden nur dann aktiv, wenn das Gastland dies zulässt. Die Blauhelme haben keinen Kampfauftrag. Sie sind aber bewaffnet, um sich selbst zu schützen. Besondere Verdienste haben sich die Blauhelme nicht so sehr als kämpfende Truppe, sondern als Vermittler zwischen den Kontrahenten erworben.

Die größten Erfolge der UNO liegen auf humanitärem, sozialem und entwicklungs-politischem Gebiet. Ohne die Arbeit von UNWRA, dem Hilfsprogramm für Palästina-Flüchtlinge, ohne den Einsatz des Kinderhilfswerkes UNICEF, ohne die Arbeit der Weltgesundheits-Organisation WHO oder die Bemühungen der Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation FAO wären das Leid der Ärmsten unter den Armen, die Schicksale von Hungernden, von Kranken, von Verletzten, von Obdachlosen und Flüchtlingen um ein Vielfaches größer als sie noch immer sind."

Zum Tagesausklang führt Jan seine Studenten ins gerammelt volle „ Easy Internet“ am Times Square. Rund um die Uhr können dort gleichzeitig 800 User surfen. Nörgli ergattert einen Platz. Auf der Website der Vereinten Nationen sucht der Besserwisser nach der Definition des Völkerrechts. Jans erhobene Brauen verlangen schließlich eine profunde Antwort. Nörgli kann sie nicht finden. Die Suche bestätigt den Professor: Die UNO-Mitglieder sprechen allenfalls von internationalem Recht. Auf ein „Völkerrecht,“ das die UNO definiert, konnten sie sich bisher nicht einigen.

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