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Wie in der ersten Reihe

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Am nächsten Morgen ist das ganze Ausmaß der Verwüstungen auf den Straßen rund um den Bahnhof zu erkennen. Die Männer mit den Besen haben bisher vor allem Glassplitter beseitigt. Ihre Säuberungsaktion war wegen der Dunkelheit abgebrochen worden. Sie wurde fortgesetzt, als es wieder hell wurde. Zerbrochene Stühle und Absperrgitter landen nun auf Sperrmüllhaufen neben Pfützen, die die Wasserwerfer hinterlassen haben. An der Straßenfront vieler Läden sieht aus es wie nach einem Bombenangriff. Die Rahmen vieler Schaufenster sind leer. Bruchstücke von Glasscheiben sind an den Ecken hängen geblieben. Nirgends ein Hinweis, dass die Geschäfte geschlossen bleiben. Es kann noch Tage dauern, bis sie wieder geöffnet haben.

Der Schauplatz der Gewalt soll am Mittag wieder ganz für den Verkehr freigegeben werden. Noch fließt er zäh im Schneckentempo. Mit ihren Fahrzeugen blockieren Glaser, Zimmerleute, Schlosser und Installateure nicht nur die Fahrspur am Rinnstein, sondern noch zwei weitere Spuren. Die Handwerker demontieren vor allem Fensterrahmen für die Reparatur in ihren Werkstätten. Oder sie leisten “erste Hilfe” vor Ort. Fensterlöcher werden mit Brettern und Platten vernagelt. Viele Ladenbesitzer wollen ihre Ware sichern. In Klein-Lastwagen verstauen sie Kartons und Kisten.

Lange bevor die Sperrzone aufgehoben wird, strömen Schaulustige auf den Platz am Bahnhof. Am Tatort sein erzeugt fast ebensolchen Schauder wie unmittelbar dabei zu sein beim Straßenkampf. Vor allem ältere Leute versuchen, sich ein Bild von den Zerstörungen zu machen. Manche sehen aus, als wären sie Gutachter. Ein Rentner holt ein Vergrößerungsglas aus der Manteltasche. Prüft einen lädierten Türrahmen mit Kennerblick. Schießt ein Foto mit seinem Smartphone. Ein Windstoß wirbelt Blätter unter kahlen Bäumen auf. Vier Senioren in bunten Wolljacken lassen sich auf einer Parkbank nieder. Zunächst fachsimpeln sie, was das Fernsehen richtig über die Demonstration berichtet und was die Presse falsch gemacht habe.

Nach einer Weile kontroverser Meinungsäußerungen zückt einer ein Kartenspiel. Als sie dann 18, 20, 21, 23 zählen, gilt die Aufmerksamkeit der alten Herren nur noch dem Blatt in ihren Händen. Erst als ein Feuerwehrzug heranrückt, nehmen sie die Säuberungsaktion wieder wahr. Und als Sirenen heulen, fühlen sie sich wie Zuschauer in der ersten Reihe.

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