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Die trügerische Sehnsucht nach Unvergänglichkeit in unserer Zeit

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In 14 Gegensätzen listet Salomo in dem, was wir anfangs gelesen haben, als Wahrheiten über die Zeit auf; wie sie vergeht und wie wenig wir in der Lage sind, sie aufzuhalten. Darin zeigt sich so deutlich, wie wir Menschen schließlich an der Sehnsucht nach etwas, das Bestand hat, scheitern müssen. Warum? Weil wir es nur in dieser Welt erwarten und suchen. Doch Unvergänglichkeit – Ewiges – finden wir hier nicht. Schauen wir uns den inneren Kampf, den Salomo mit sich ausfocht, näher an:

• »Geborenwerden und Sterben hat seine Zeit.« Wir haben nicht die Kontrolle darüber. Bei der Geburt wurden wir nicht gefragt und der Tod kommt bestimmt. Wir sollten dem Schöpfer weder beim Werden neuen Lebens noch beim Sterben ins Handwerk pfuschen! In ganz notvollen Situationen unseres Lebens fragen wir vielleicht: »Warum wurde ich überhaupt geboren, warum lebe ich noch?« Hiob hat so gefragt, der Prophet Jeremia hat den Tag seiner Geburt verwünscht; Jesus bittet im Garten Gethsemane den Vater um einen Ausweg angesichts des nahen Todes. Vergeblich! Es hat alles seine Zeit, und es braucht alles seine Zeit.

• »Pflanzen und Ausreißen hat seine Zeit.« Wir Menschen meinen alles im Griff zu haben, aber mal ehrlich, in Wirklichkeit hat es doch uns im Griff. Kein Bauer kann gegen die Jahreszeiten säen und ernten. Angesichts des Klimawandels erkennen wir langsam unsere Ohnmacht. Mit allen erdenklichen Mitteln der chemischen Industrie und Gentechnik versuchen wir, unsere landwirtschaftlichen Erträge zu optimieren, und vergessen dabei, wie wenig wir tatsächlich ausrichten können. Es ist eine Tragödie, dass wir Menschen so tun, als hätten wir alles im Griff und in der Regel zu spät merken, dass dem nicht so ist.

• »Töten und Heilen hat seine Zeit.« Darüber reden wir nicht gern, aber so ist es. Das Leben verläuft zwischen Geburtsstation und Schlachtfeld, zwischen Medizin und Tod. Die Mafia gehört zu dieser Welt genauso wie Mutter Teresa, und alles hat seine Zeit. Jesus ist der Herr und der Heiland, er ist der, der nach dieser Zeit als Richter der Welt Recht sprechen wird. Er heilt, er rettet und keine gute Tat bleibt unbelohnt, kein Unrecht ungestraft.

• »Niederreißen und Aufbauen hat seine Zeit.« Sie kennen die Bilder deutscher Großstädte nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Bremer Westen war beispielsweise ein einziges Ruinenfeld. 1944 fielen Bomben auf unser damaliges Gemeindezentrum. Unter den Trümmern starb der Hausmeister mit seiner Familie. 50 Jahre später hatte die Paulus-Gemeinde nach etlichen Umzügen ihr neues Gemeindezentrum im Süden der Stadt eingeweiht. Ein ehemaliger Bauernhof dient seitdem als Kirche und Begegnungsort. Alles hat seine Zeit, alles vergeht. Was bleibt, wenn unsere Hoffnung sich im Diesseitigen verliert und unser Leben nicht in der Ewigkeit verankert ist? Wenn nicht der ewige Gott unsere Mitte ist?

• »Weinen und Lachen hat seine Zeit; Klagen und Tanzen hat seine Zeit.« Der englische Literaturwissenschaftler C. S. Lewis hat einmal gesagt: »Leid ist Gottes Megafon. Er flüstert, wenn wir lachen, aber er spricht laut zu uns, wenn wir weinen.«4 Wir hätten es ja viel lieber, er würde zu uns mehr flüstern als laut sprechen, aber dann überhören wir Ihn so leicht!

• »Steinewerfen und Steinesammeln hat seine Zeit« In dem Film »Forrest Gump« kehrt eine junge Frau, Jenny heißt sie, nach vielen Jahren in ihren Heimatort zurück. Sie steht vor dem verfallenen Elternhaus und erinnert sich an die Schrecken ihrer Kindheit. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte sie ihr Vater jahrelang missbraucht, bis die Behörden eingeschritten waren. Nun steht die junge Frau da und heiße Wut übermannt sie. Sie hebt Steine auf und schmeißt sie auf das Haus. Dann bricht sie zusammen und weint. Forrest Gump sagt: »Es gibt wohl zu wenig Steine für dieses Haus!« Mich haut so etwas um. Es gibt zu wenig Steine für diese Welt. Da wird der Schein aufrechterhalten, da ist man bürgerlich, modern und postmodern, nennt sich evangelisch oder katholisch oder auch gar nichts und hinter den Kulissen, in den Häuserschluchten der Großstadt, in der Villa im Nobelviertel, in den Dörfern auf dem Lande, überall ist es anzutreffen, das pure Elend. Was für ein Segen, wenn Raum für Bekenntnis, Vergebung und Versöhnung geschaffen wird und Steine nicht mehr geworfen werden müssen. Und wie trostvoll zu wissen, dass eines Tages alles Leid, alle Trauer und alles, was uns auf der Erde belastet, einmal von uns genommen wird und wir ewigen Trost erfahren.

• »Umarmen und Loslassen hat seine Zeit.« Loslassen! In diesem Wort liegt eines der größten Geheimnisse unseres geistlichen Lebens. Wenn Sie nicht loslassen können, kann Gott Ihnen nichts schenken. Am Ende müssen wir loslassen. Nichts von alledem, was uns hier wichtig und unverzichtbar erscheint, kann uns begleiten, wenn wir unsere letzte Reise antreten. Was für ein Geschenk ist es dann, wenn wir nicht gehen müssen, sondern gehen dürfen, weil wir wissen: Nach dieser Zeit empfängt uns Gottes Herrlichkeit.

• »Suchen und Finden hat seine Zeit; Aufbewahren und Wegwerfen hat seine Zeit.« Woran denken Sie bei diesen Stichworten? Vielleicht an Ihren Kleiderschrank oder den Autoschlüssel. Aufbewahren? Wegwerfen? Wie liebevoll legen wir den neuen Pullover zusammen. Wie achtlos wandert der alte in die Kleidersammlung! Alles hat seine Zeit. Wie tragisch, wenn Kleidung, grenzenloser Konsum zum heimlichen Gott im Leben so vieler Menschen wird. Ein Gott zum Wegwerfen, der nur sehr kurzfristig Befriedigung schenkt. Tragisch, wenn das Auto mein Gott ist, den ich am Sonntagmorgen mit dem Poliertuch bearbeite. Peinlich, wenn Jugend das höchste Ideal ist und die 70-Jährige mit der fünften Operation versucht, ihre Falten zu glätten. Seien Sie stolz auf Ihre Falten! Gott liebt Ihre Runzeln! Jedes Pfund an Ihnen liebt er – in der Ewigkeit werden wir so schön sein wie die Sterne am Himmel, immer und ewig!

• »Zerreißen und Zusammennähen hat seine Zeit; Reden und Schweigen hat seine Zeit.« Es wird so viel geredet. Besser wäre es manchmal zu schweigen. In der Ehe zum Beispiel, wenn Ihr Partner gar nicht mehr zu Wort kommt, weil Sie immerfort reden und nicht mehr schweigen können. Was wird in der Politik alles geredet und wie oft denken wir: Ach, wenn sie doch geschwiegen hätten! Und gleichzeitig wird so viel geschwiegen. Besser wäre es, wenn wir manchmal den Mund aufbekommen würden. In der Ehe, wo Sie Ihrem Partner endlich einmal wieder sagen, wie sehr Sie ihn bzw. sie lieben und schätzen. In der Familie, wo Ihre Kinder so lange oder vielleicht noch nie von Ihnen gehört haben: »Du, mein Kind, ich liebe dich!« Es wird so viel geschwiegen: 120 000 ungeborene Kinder verlieren stillschweigend jedes Jahr in unserem Land ihr Leben. Ganze Viertel in den großen Städten unseres Landes gelten als rechtsfreie Räume, in denen kriminelle Familienclans das Sagen haben. Berlin ist die europäische Hauptstadt für Prostitution und Menschenhandel, ohne dass darüber groß gesprochen, geschweige denn dagegen nachhaltig etwas unternommen wird. Alexander Solschenizyn hat einmal gesagt: »Die Menschen haben Gott vergessen, und das ist der Grund für die Probleme des 20. Jahrhunderts. Wir werden keine Lösungen finden ohne die Umkehr des Menschen zum Schöpfer aller Dinge.«5

• »Lieben und Hassen hat seine Zeit.« Auch hier hat Salomo recht und sieht die Dinge ganz realistisch. Ich sehe das junge Paar noch vor mir, eng umschlungen; sie küssen sich, und offensichtlich sind sie so richtig ineinander verliebt. Ich sehe sie einige Jahre später wieder und höre den beiden betroffen zu. Sie behaupten, sich nie wirklich geliebt zu haben, und klagen einander an. Mit Sicherheit ist es eine der frustrierendsten menschlichen Erfahrungen, dass alle Vorsätze, einander zu lieben, immer wieder von Hass, Langeweile und Gleichgültigkeit eingeholt werden.

• Schließlich der letzte Gegensatz, den Salomo benennt: »Krieg und Frieden hat seine Zeit.« Nie zuvor gab es in der Geschichte unseres Landes eine solch lange Periode des Friedens. Nach den Schrecken des Ersten und Zweiten Weltkriegs sind es inzwischen einige Generationen, die den Krieg nur aus Geschichtsbüchern kennen. Was für ein Geschenk, an dem wir teilhaben, aber so viele andere Menschen auf dieser Welt nicht. Nie zuvor gab es so viel Kriegstote wie im 20. Jahrhundert. Nie zuvor haben so viele Kinder unter den Folgen von Krieg und Vertreibung gelitten wie aktuell im Jahre 2020. Krieg im Großen, Krieg im Kleinen! Was gerade dran ist, daran wirken wir mit! Sorgen wir für Frieden in unserer Familie, in unserer Nachbarschaft. Jesus schenkt den Frieden, der höher ist als alle menschliche Vernunft. Mit ihm bricht die Ewigkeit herein. Er hat uns zu Menschen des Friedens, zu Friedensstiftern berufen, denen eine herrliche Verheißung gilt: »Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.« (Matthäus 5,9)

Alles hat seine Zeit, und wir haben 86 000 Sekunden – jeden Morgen neu. Gott hat die Ewigkeit, und vor langer Zeit hat er beschlossen, die Ewigkeit zu verlassen und sich der Zeit auszusetzen damit wir Ewigkeit bekommen. Er hat uns seine Zeit geschenkt! Jesus ist am Kreuz gestorben, damit unsere Zeit Sinn bekommt, damit aus Lebenszeit Vorbereitungszeit für den Himmel wird. Nutzen wir die Zeit!

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