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Inklusion

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Der verstellte Blick: Es ist Klaus Hennickes Verdienst, immer wieder den Blick zu richten auf kaum Gesehenes, auf blinde Flecken, auf Versäumnisse. Ich verstehe sein Plädoyer als Ausdruck der Überzeugung, dass die Menschen, die wir doch meist mit großer Freude begleiten und denen wir viel verdanken, es verdient haben, als Persönlichkeiten ernst genommen und in der Vielfalt ihrer Ausdrucksmöglichkeiten geachtet zu werden.

Als Soziologe muss er kritisch auf immer noch defizitäre Versorgungsstrukturen hinweisen, als Kinder- und Jugendpsychiater auf die Notwendigkeit, Einschätzungen nicht auf der Basis von Simplifizierungen und ausschließlich einer Denkrichtung entnommenen Vorannahmen vorzunehmen.

Polarisierung kann vorübergehend reizvoll sein, sie verliert dann ihren Charme, wenn unsere Klienten zwischen die Räder unserer Standesinteressen geraten. Gegenseitige Stigmatisierung nutzt uns wenig. Menschen mit Behinderungen mit ihren spezifischen Entwicklungswegen profitieren bei der Bewältigung seelischer Krisen von Kompetenzen verschiedenster Fachrichtungen, die idealerweise im engen persönlichen Austausch stehen. Einzelkämpfertum führt nur zu unangemessener Fragmentierung. Es geht darum, in Orientierung an den Anliegen der Betroffenen mit diesen nach Lösungsstrategien zu suchen, die nachhaltige Veränderungen im Alltag bewirken. Inklusion würde hier zunächst einmal bedeuten, dass wir uns selbst nicht exkludieren, sondern Zusammenarbeit suchen.

Das in therapeutischen Kreisen beliebte Zauberwort der Lösungsorientierung verbunden mit einer Zentrierung auf Ressourcen hat zu allerlei Trivialisierungen und Missverständnissen geführt. Es hat der Illusion Vorschub geleistet, dass Not und Einschränkungen sich allein dadurch auflösen, dass man sie umbenennt. Bei Menschen mit Behinderungen würde das bedeuten, dass man sie mit ihren Einschränkungen, die sie spüren und meist artikulieren können, allein lässt. Die Exklusion der Einschränkung führt nicht zu deren Behebung, im Gegenteil: Das vermeintlich »Nicht-Aussprechbare« meldet sich umso vehementer zurück. Es darf nicht als »offizieller« Teil des Selbst besprochen und auch nicht im Kontext erwähnt werden. Gerade dieser gut gemeinte Leugnungsmechanismus verhindert ein Selbstbild, in dem alle Facetten – auch die schwierigen – mit Stolz und Würde gelebt und auch kommuniziert werden dürfen. Nicht- oder nur mit Scham Aussprechbares wird zum Nährboden seelischer Not.

Ich bin unsicher, ob Psychiatern ein allgemeines Urteil über den Inklusionsprozess zusteht. In den Kliniken scheinen sich zur Zeit eher jene Therapiekontexte zu bewähren, die spezifische Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden vorweisen und Gruppenstrukturen ermöglichen, in denen Menschen mit Behinderungen nicht am Rand stehen. Diese Angebote können in größeren Klinikverbünden realisiert werden, die neben spezialisierten Stationen über gemeinsame Angebote verfügen.

Eine generelle Beurteilung inklusiver Bemühungen ist verfrüht. Es gibt jedoch Hinweise, dass Kinder und Jugendliche im gemeinsamen Unterricht auch Schaden nehmen können. Es bedarf also in jedem Fall qualifizierter Navigationshilfen, die abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse Kinder und Familien während der Schullaufbahn beraten.

Der verstellte Blick: Verhaltensauffälligkeiten und psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung

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