Читать книгу Wir Hawaiianer vom Bahnhof Sülmertor - Klaus Keilbach - Страница 7

Оглавление

LEGOGITARRE

Es gibt Farben und Gerüche, die uns auch nach Jahrzehnten in die Vergangenheit katapultieren können. Ebenso wie das Anhören eines alten Liedes. Meine Erinnerungen reichen zurück bis zum Ende der fünfziger Jahre. “Sugar Baby“ von Peter Kraus, „Ein Schiff wird kommen“, oder „Marina“ sind die Lieder, die mich an meine Kindergartenzeit erinnern. Harry Belafonte löst noch immer dieses eigentümliche Gefühl aus, in einer ganz besonderen Farbe zu leuchten, weil er irgendetwas in mir zum Schwingen bringt. Der erste Song, der in mir den Wunsch auslöste ein Musiker zu werden, war die auf deutsch gesungene Fassung des Schlagers „Lucky Lips“ von Cliff Richard. Auf die Idee, bei meinen gespielten Auftritten ein Instrument in der Hand zu halten, brachte mich mein erster Lehrer der Grundschule: Wollenkamp. Um bei einer Faschingsfeier in unserem Klassenzimmer für Stimmung zu sorgen, hatte er sich eine Gitarre um den Hals gehängt um Lieder wie „Wir lagen vor Madagaskar“ zum Besten zu geben. Bisher hatten mich immer die schmetternden Trompeten oder das ohrenbetäubende Getrommel bei den regelmäßigen Umzügen der „Salzberg-Kapelle“ oder eines Fanfarenzuges begeistert. Der Klang der Gitarre unseres Lehrers aber, war etwas ganz Besonderes und haute mich um. Von diesem Tag an war mir klar, dass ich diesen Klang selbst erzeugen wollte.

Das erste Instrument baute ich mir aus den Elementen eines Spielzeug-Holzbaukastens. Damit stellte ich mich vor den großen Spiegel in unserem Flur und beobachtete mich bei meinem „Auftritt“. Bald darauf stieg ich auf Lego Steine um und es brachte mich fast an den Rand des Wahnsinns, wenn die Gitarre „mitten im Konzert“ auseinanderfiel, obwohl ich die Bauklötzchen irgendwann mit Unmengen von „UHU“ aneinandergeklebt hatte. Langwierige Reparaturarbeiten zwangen mich so immer wieder dazu, meine Karriere zu unterbrechen. Immerhin hatte dieses Instrument schon eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Gitarre. Vor allem auch, weil ich damit begonnen hatte, Gummis als Gitarrensaiten aufzuziehen. Da ich immer wieder Nachschub brauchte, meldete ich mich freiwillig zum „Zeitung kaufen“, da der Kioskbesitzer die Illustrierte zusammenrollte und einen Gummiring über die Rolle streifte. Der ständige Kampf mit meiner Lego - Gitarre endete erst, als mein griechischer Freund Dimitri eine Spielzeug Gitarre aus Plastik mit Nylon Saiten darauf anschleppte. Er lieh mir das Instrument großzügiger weise für einige Wochen aus, und nun gab es endgültig kein Zurück mehr. Es verging kein Tag, an dem ich meinen armen Eltern nicht in den Ohren lag und mir eine Gitarre von ihnen wünschte. Natürlich war es mir damals nicht bewusst, was für eine unsichere finanzielle Ausgabe ich von ihnen einforderte. Mein Vater arbeitete in einer Firma die Kolben für Kraftfahrzeuge herstellte. Meine Mutter schuftete in einer Konservenfabrik, nur wenige Minuten von unserem Zuhause entfernt. In den Sommer- und Herbstmonaten während der Erntezeit war es nicht ungewöhnlich, dass meine Mutter erst nach Einbruch der Dunkelheit von der Arbeit nach Hause kam. Die Anschaffung einer Gitarre mit dem Risiko, dass sie vielleicht schnell wieder mein Interesse verliert, war unter diesen Voraussetzungen doch eher ein Luxus. Außerdem befürchteten meine Eltern, dass ich wegen meiner Flausen im Kopf die Schule vernachlässigen könnte. Dies versuchte ich durch die Tatsache zu entkräften, dass mein Nebensitzer und Klassenbester Uli Szabo (Zapf) gerade selbst Besitzer einer Gitarre geworden war.

Wir Hawaiianer vom Bahnhof Sülmertor

Подняться наверх