Читать книгу Das Virus in uns - Kurt Langbein - Страница 18
Lockdown ins Chaos
ОглавлениеErst am Freitag, dem 13. März, reagierten die Gesundheitsbehörden und die Landesregierung. Sie verhängten eine Quarantäne über das Paznauntal, in dem Ischgl liegt, und St. Anton am Arlberg. »Ausländische Urlauber dürfen die Gebiete noch verlassen, müssen aber an den Kontrollpunkten ein Formular mit den wesentlichen Kontaktdaten vorweisen«, wurde verlautbart, »Personal der Tourismusbetriebe und Gäste aus Österreich dürfen die Gebiete nicht mehr verlassen.« Die Benutzung von Seilbahnanlagen wurde ebenfalls verboten.
Doch die Seilbahnen liefen weiter. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz gab Freitagmittag eine Pressekonferenz. Er verkündete höchstpersönlich die Quarantäne über die Skiorte. Und während die Behörden den ausländischen Gästen lediglich die Möglichkeit einräumten, nach Bekanntgabe ihrer persönlichen Daten auszureisen, forderte Kurz diese via TV auf, die Urlaubsorte zu verlassen. Dass diese Gäste genauso unter Quarantäne gestellt werden müssten, sagte er nicht. Die Folge waren hektische Stunden. Auswertungen von Mobilfunkdaten zeigen es deutlich: Nachdem das Land Tirol am 13. März die Quarantäne über das Paznauntal verhängt hatte, verließen Massen an Urlaubern die Skigebiete Richtung Heimat. Viele von ihnen brachten das Virus mit nach Hause.
Wäre es besser gewesen, die Touristen vorher zu testen oder für zwei Wochen zu isolieren? Dominik Oberhofer, Abgeordneter zum Tiroler Landtag (NEOS) und selbst Hotelier, vermutet finanzielle Interessen hinter der verordneten Massenausreise: »Die wollten natürlich nicht die Logie und die Verpflegung der Urlauber für 14 Tage Quarantäne zahlen.« Etwa 7000 Gäste reisten in dicht gedrängten Bussen, Pkws, Taxis ab, aus der vorgesehenen Registrierung wurde meist nichts.
Statt wie vorgeschrieben die potenziell Infizierten unter Quarantäne zu stellen, wurden die Nicht-Österreicher in einen höchst infektiösen Massen-Exodus geschickt. Der österreichische Verbraucherschutzverein, der inzwischen im Namen von 6000 Geschädigten agiert, die sich in den Tiroler Bergdörfern das Virus geholt hatten, listet die weiteren Folgen auf:
57 Prozent der in Österreich aufgetretenen Corona-Fälle lassen sich auf Ischgl zurückführen, mehr als zwei Drittel der im Ausland infizierten Deutschen haben sich in Österreich angesteckt, 90 Prozent davon in Tirol. Dazu kommen jeweils Hunderte Infizierte in Norwegen, Schweden, Island, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz.