Читать книгу Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 316
1. Die freie Wahl des Vermieters und die vertragliche oder gesetzliche Beschränkung
Оглавление187
In der Wahl seines Mieters war der Vermieter lange Zeit frei. Zum Abschluss eines Mietvertrags verpflichteten ihn nur der Mietvorvertrag[148] und die Nachfolgeklausel im Mietvertrag: Der Vermieter verspricht, an einen geeigneten Nachmieter, den der Mieter beibringt, zu vermieten[149]. Ohne Nachfolgeabrede musste der Vermieter keinen Nachmieter akzeptieren, den der Mieter ihm brachte, und den Mieter auch nicht vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen[150].
Seit dem 18.8.2006 jedoch schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch den Mietinteressenten vor diskriminierender Ungleichbehandlung und beschränkt massiv die Vertragsfreiheit des Vermieters[151], je nach Mietsache und Mietangebot in unterschiedlichem Maße (RN 1896 ff.).
- | Unzulässig ist nach § 19 I Nr. 1 AGG eine Benachteiligung wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder der sexuellen Identität, der Behinderung oder des Alters bei der Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Schuldverhältnisses, wenn es sich um ein Massengeschäft oder ähnliches Geschäft handelt, bei dem das Ansehen der Person keine oder nur eine nachrangige Rolle spielt. Ein derartiges Massengeschäft ist die gewerbliche Vermietung beweglicher Sachen wie Baumaschinen, Kraftfahrzeuge, Fahrräder oder Videokassetten[152], die Vermietung von Geschäfts- oder Wohnraum hingegen nur, wenn sie sich auf einen vorübergehenden Gebrauch (Hotelzimmer, Ferienwohnung oder Ferienhaus) beschränkt[153], oder wenn der Vermieter eine große Zahl von Wohnungen anbietet. Die Vermietung von bis zu 50 Wohnungen ist nach § 19 V 3 AGG in der Regel noch kein Massengeschäft nach § 19 I Nr. 1 AGG. |
- | Ausnahmslos unzulässig ist nach § 19 II mit § 2 I Nr. 8 AGG für alle Mietverhältnisse eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft, wenn die Mietsache durch Zeitungsinserat, durch Makler oder im Internet öffentlich angeboten wird, mag es sich auch um die einzige Wohnung des Anbieters handeln[154]. |
- | § 19 III AGG erlaubt eine unterschiedliche Behandlung, wenn sie im Zuge einer Städteplanung sozial stabile Bewohner- und ausgewogene Siedlungsstrukturen schaffen oder erhalten soll, was auf Großvermieter gemünzt ist. |
- | § 19 V 1, 2 AGG gestattet die freie Mieterwahl, wenn das Mietverhältnis ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet, etwa weil die Parteien oder ihre Angehörigen auf demselben Grundstück wohnen. |
Eine unterschiedliche Behandlung kann der Vermieter nach § 20 I AGG durch den Nachweis eines sachlichen Grundes rechtfertigen; dazu liefert das Gesetz vier Beispiele. Ausnahmslos unzulässig ist jedoch die Benachteiligung aus rassischen oder ethnischen Gründen.
Gegen eine unzulässige Benachteiligung wehrt sich der Mietinteressent nach § 21 I, II AGG mit Ansprüchen auf Beseitigung, Unterlassung und Schadenersatz (RN 1898), die er nach § 21 V AGG binnen 2 Monaten geltend machen muss, wenn er sie nicht verlieren will. Ob der abgewiesene Mietinteressent auch den Abschluss des verweigerten Mietvertrags verlangen könne, ist streitig.
Vereinbarungen, die vom AGG abweichen, sind nach § 21 IV AGG unwirksam, der restliche Vertrag bleibt jedoch bestehen, denn § 139 BGB ist nicht anwendbar.