Читать книгу Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 50
7. Die Behauptungs- und Beweislast für negative Tatsachen
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Die Behauptungs- und Beweislast macht auch vor negativen Tatsachen nicht halt. Man kann sie zwar nur schwer beweisen, aber unbeweisbar sind sie nicht. Enthält der Tatbestand der Anspruchsgrundlage ein negatives Merkmal, muss der Anspruchsteller auch dafür geeignete Tatsachen behaupten und im Streitfall beweisen. Die gleiche Last trägt der Anspruchsgegner, wenn zur Einwendung oder Einrede eine negative Tatsache gehört.
Beispiele
Negative Anspruchsvoraussetzung:
- | das Fehlen einer Vereinbarung über die Höhe der Vergütung für den Anspruch auf die übliche Vergütung nach §§ 612 II, 632 II, 653 II (BGH 80, 257, NJW 83, 1782; 88, 495; 96, 952); |
- | das Fehlen eines rechtlichen Grundes für den Bereicherungsanspruch aus § 812 I (BGH NJW 95, 662; 99, 2887; 2014, 2275; 2015, 3025); |
- | das Fehlen eines Eigenbedarfs des Vermieters für den Schadensersatzanspruch des zu Unrecht gekündigten Wohnungsmieters nach § 280 I 1 (BGH NJW 2005, 2395); |
- | die unterlassene wirtschaftliche Betriebsführung des Unternehmers nach einer Stundenlohnvereinbarung (BGH NJW 2009, 2199); |
- | die unterlassene Aufklärung oder Warnung durch den Rechtsanwalt oder einen anderen Berater für den Schadensersatzanspruch des Auftraggebers aus § 280 I 1 (BGH NJW 85, 264; 87, 1322, 2006, 1429); |
- | die Unwahrheit der ehrverletzenden Tatsachenbehauptung für den Widerrufsanspruch analog § 1004 I 1 (BGH 37, 187); |
Negative Voraussetzung einer Einwendung:
- | das arglistige Verschweigen eines Mangels durch den Verkäufer nach § 444 für die Unwirksamkeit des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses (BGH NJW 2011, 1280); |
- | Tatsachen dafür, dass der Schuldner seine Pflichtverletzung nach § 280 I 2 oder § 286 IV nicht zu vertreten habe (BGH 116, 334; NJW 2012, 2793); |
- | die Nichtausübung eines Rechts für die Verwirkung nach § 242 (BGH NJW 58, 1188); |
- | die unterlassene Schadensminderung für ein Mitverschulden des Geschädigten nach § 254 II (BGH NJW 2007, 64; 2010, 2725, 2727). |
Eine negative Tatsache lässt sich zwar leicht und locker behaupten, aber nur schwer beweisen. Damit sie überhaupt beweisbar wird, darf der Prozessgegner sie nicht einfach verneinen, sondern muss sie „substantiiert“ bestreiten und eine bestimmte Preisabsprache (§ 632 II), einen bestimmten Rechtsgrund (§ 812 I) oder eine bestimmte Maßnahme der Schadensminderung (§ 254 II) darlegen. Beweisen muss er dergleichen nicht, der Beweislastträger muss es widerlegen[40]. Die Beweislast wird nicht etwa auf den Gegner abgewälzt, sondern verbleibt demjenigen, dem das Gesetz sie auflädt.
Der BGH verschärft das Bestreiten schon dann, wenn die beweisbelastete Partei den maßgeblichen Sachverhalt nicht kennt und auch nicht ermitteln kann, während dies dem Prozessgegner leicht möglich und auch zumutbar ist[41].