Читать книгу Die letzte Mission - Kyle Mills - Страница 5
EINS
Оглавление»Roy Buckner.«
»Nein.«
Hillel Strand starrte sein Gegenüber mit gerunzelter Stirn an, während er die Akte in seiner Hand hin- und herschwenkte. »Herrgott noch mal, Matt. Was haben Sie gegen ihn? Der Mann war früher bei der Delta Force der Army und hat mehrere erfolgreiche Operationen in feindlichem Gebiet hinter sich. Seine Personalakte ist halbwegs sauber ...«
»Ich kenne Roy«, sagte Matt Egan. »Wir suchen nach einem Skalpell, aber dieser Kerl ist ein Vorschlaghammer. Ein gewalttätiger, arroganter, bornierter Vorschlaghammer.«
»Wenn das so weitergeht, wird unser Team nur aus Ihnen und den Sekretärinnen bestehen. Könnte es sein, dass Sie Ihre Maßstäbe etwas zu hoch angesetzt haben? Die Männer gehören nun mal Spezialeinheiten an. Arroganz und ein kleines bisschen Gewalt kann man in einem solchen Fall wohl erwarten.«
»Bis zu einem gewissen Grad ja«, stimmte Egan zu. »Aber Roy neigt leider dazu, sich und seine Fähigkeiten – die, wie ich zugeben muss, zahlreich sind – zu überschätzen. Außerdem tötet er mir etwas zu gern. Ich will Ihnen mal etwas über Roy erzählen: Vor ein paar Jahren hatte man ihn und ein Mitglied einer SEAL-Einheit zu einer Operation nach Syrien geschickt. Ich habe damals mit dem SEAL zusammengearbeitet, und er war der beste Soldat, mit dem ich je zu tun hatte. Roy hat während der gesamten Operation den großen Mann gespielt. Er wollte unbedingt beweisen, dass er der Beste ist, und um ein Haar hätte er damit den Einsatz vermasselt. Er weiß es bis heute nicht, aber der SEAL hätte ihm damals fast eine Kugel in den Kopf gejagt. Und wenn er es getan hätte, hätte ich ihm Rückendeckung gegeben.«
Strand warf die Akte auf den wachsenden Stapel der potenziellen Kandidaten und kramte in dem Packen Papier herum, den er sich noch nicht angesehen hatte. Schließlich zog er eine Akte von sehr weit unten heraus.
»Ihr SEAL«, sagte er, während er die Akte aufschlug. »Salam al Fayed. Ich nehme an, dass keine Diskussion notwendig ist? Wir wollen ihn haben, stimmt’s?«
Egan seufzte leise und lehnte sich zurück, während er auf das Foto starrte, das an die Akte in Strands Hand geheftet war. Es war schon lange her, seit er das Gesicht zum letzten Mal gesehen hatte. Aber bei weitem nicht lange genug.
Das Heimatschutzministerium hatte es endlich geschafft, die Struktur der Behörde festzulegen, und Egan sollte jetzt eine Abteilung aufbauen, die sich etwas handfester um die Sicherheit der amerikanischen Bürger kümmerte. Welche Aufgaben die neu gegründete Organisation mit der leicht euphemistischen Bezeichnung Office of Strategie Planning and Acquisition – kurz OSPA – hatte, war immer noch nicht ganz klar. Im Grunde genommen ging es darum, dass die Regierung einen Kurs eingeschlagen hatte, der von Politikern sehr diskret als »chirurgischer Ansatz« umschrieben wurde.
Offenbar war man inzwischen zu dem recht nahe liegenden Schluss gekommen, dass die Vereinigten Staaten nicht mit jedem Land einen Krieg anzetteln konnten, das etwas gegen sie hatte oder ein Nuklearwaffenprogramm startete. Und das OSPA war die Lösung dafür.
Egan war als Hillel Strands Stellvertreter für das OSPA vorgeschlagen worden. Während des Einstellungsgesprächs hatte Darren Crenshaw, der neue Direktor des Heimatschutzes, die Abteilung als eine Art zweiten Mossad beschrieben. Um ein Haar hätte Egan gesagt, was er davon hielt – im Wesentlichen, dass der Mossad den Israelis nicht viel gebracht habe. Aber da er sich damit wohl sämtliche Chancen auf die Stellung zunichte gemacht hätte, hatte er geschwiegen. Später stellte sich allerdings heraus, dass genau das Gegenteil der Fall war. General Crenshaw hatte für einen immer paranoider und reaktionärer werdenden Chor die Stimme der Vernunft gesucht.
»Ich glaube, es wäre am besten, wenn wir uns von al Fayed fern halten würden.«
Wie zu erwarten, knallte Strand die Akte auf den Schreibtisch. »Wofür werden wir hier eigentlich bezahlt? Ich sage es Ihnen besser noch einmal: Wir sollen ein schlagkräftiges Team zusammenstellen. Es geht nicht darum, jeden möglichen Kandidaten mit Dreck zu bewerfen.« Er wies auf den Aktenstapel auf seinem Schreibtisch. »Diese Männer können wir haben. Wir brauchen mindestens acht. Bis jetzt haben wir noch keinen Einzigen.«
Das OSPA hatte Zugang zu den Personalakten von aktiven und ehemaligen Elitesoldaten verschiedener Spezialeinheiten, doch selbst damit war die Teamzusammensetzung eine heikle Angelegenheit. Erschwerend kam hinzu, dass Strand, der von Politikern auf seinen Posten gehievt worden war, keinerlei Einsatzerfahrung besaß und von der komplexen Aufgabe völlig überfordert schien.
»Vor einigen Jahren war er nach einem Einsatz auf dem Weg zum Treffpunkt ...«
»Ich habe die Akte gelesen. Er wurde auf der Straße in ein Handgemenge verwickelt und angeschossen.«
Egan nickte. »Er wäre fast dabei gestorben. Eigentlich ist es ein Wunder, dass er überlebt hat. Ein radikaler Muslim hat ihn gefunden, mit nach Hause genommen und ihm das Leben gerettet. Wir haben sechs Monate gebraucht, um ihn zu finden und herauszuholen.«
»Und was wollen Sie damit sagen? Dass er sich auf ihre Seite geschlagen hat? Dass er jetzt ein Sympathisant von Terroristen ist, weil ihm ein Muslim geholfen hat?«
Egan überlegte, ob er nicht einfach ja sagen und die Diskussion beenden sollte, aber er wollte nicht riskieren, dass etwas Negatives den Weg in al Fayeds Personalakte fand. »Sie wissen, was passiert ist. Als er wieder in den Staaten war, stellte man fest, dass eine Kugel neben seiner Wirbelsäule sitzt. In Kalifornien gab es einen Arzt, der der Meinung war, er könnte sie herausholen, aber die Operation war teuer und noch in der Versuchsphase. Und da der Arzt ein neues Verfahren benutzen wollte, war auf keinem Formular der Regierung ein Kästchen dafür zu finden. Also hat man entschieden, dass die Kosten für die Operation nicht übernommen werden. Die Kugel wird ihn eines Tages lähmen, aber wir haben keinen Finger gerührt, um ihm zu helfen. Ich glaube, wir können getrost davon ausgehen, dass er nicht gerade mit freundschaftlichen Gefühlen gegangen ist.«
Strand saß einen Moment lang reglos da, dann öffnete er die Akte und fasste die Angaben darin zusammen: »Als Sohn einer arabischen Immigrantenfamilie christlichen Glaubens in New York geboren. Er sieht wie ein Araber aus, sein Arabisch ist fast perfekt – er hat kein Problem damit, als Araber durchzugehen. Keine Geschwister. Eltern verstorben. Unverheiratet, keine Verwandten in den Staaten. Nach seinem Abschied von der Navy hat er für die CIA gearbeitet.« Strand sah auf. »Von Ihnen persönlich rekrutiert.«
»Das ist eine Ewigkeit her«, erwiderte Egan.
»Ich habe den Mann überprüfen lassen. Zurzeit hat er keinen richtigen Job. Kein Geld. Keine Freunde. Es sieht nicht gerade gut aus für Mr al Fayed. Vielleicht ist er ja inzwischen so weit, dass er in den Schoß der Familie zurückkehren will?«
»Hillel ... Ich kenne al Fayed schon seit Jahren – genau genommen war er einmal einer meiner besten Freunde. Sie können mir glauben, wenn ich sage, dass das hier eine Sackgasse ist. Noch bevor wir ihn im Stich gelassen haben, hat er angefangen, sich einen wüsten Mischmasch aus Geschichte, Politik und Darwin zurechtzulegen ... Sagen wir einfach, dass er sowieso schon dabei war, seinen Abschied zu nehmen. Außerdem ist sein Gesundheitszustand so schlecht, dass er nicht mehr einsatzfähig ist.«
»Matt, Ihre negative Einstellung gefällt mir ganz und gar nicht. Sie scheinen sich eher auf das Warum als auf das Wie zu konzentrieren. Wenn wir etwas aus diesem Prozess lernen, dann doch, dass kein Kandidat perfekt ist. Aber al Fayed kommt unserem Ziel verdammt nah. Es gibt niemanden, der so gut ist wie er. Wir brauchen arabischstämmige Leute, und bis auf al Fayed gibt es keinen einzigen Kandidaten, der unbemerkt in einem arabischen Land operieren könnte. Al Fayed könnte in einem solchen Land innerhalb einer Woche einsatzbereit sein. Ganz zu schweigen davon, wie nützlich er uns als Ausbilder wäre.«
»Hillel ...«
»Matt, was soll das? Sie wissen doch, was man von mir erwartet. Die Schwachköpfe im Kongress bestehen darauf, dass die Nachrichtendienste kein Risiko eingehen, aber uns ist allen klar, was damit gemeint ist: Wir sollen den Kopf hinhalten und jedes Mal gewinnen. Und wenn etwas schief geht, werden sie die Ersten sein, die uns ans Kreuz nageln. Wir brauchen die Besten, und so, wie ich das sehe, ist dieser al Fayed trotz einiger kleiner Nachteile noch um Längen besser als jeder andere.«
»Aber ...«
Strand hob abwehrend die Hand. »Ich möchte keine Gründe dafür hören, warum wir ihn nicht haben können. Sagen Sie mir lieber, wie wir ihn kriegen.«