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FÜNF
ОглавлениеTrotz des dritten Katers in ebenso vielen Tagen trat Matt Egan um sieben Uhr morgens durch die Tür, die zu den Büroräumen des OSPA führte. Kelly Braith, die Rezeptionistin, nahm gerade einen Anruf entgegen, winkte ihm aber zu, als er an ihr vorbei zum Kopierraum ging, um sich Kaffee zu besorgen.
Nachdem er seine Thermo-Kaffeetasse gefüllt hatte, die irgendein Witzbold aus dem Büro mit Elise-Egan-Stickern beklebt hatte, ging er den leeren Korridor hinunter, wobei er feststellen musste, dass Hillel Strand bereits im Haus war und sich hinter dem schalldichten Glas des Konferenzraums mit seiner Assistentin unterhielt. Er redete heftig auf sie ein, und Egan versuchte, unbemerkt in sein Büro zu gelangen. Er hatte bei weitem noch nicht genug Koffein in seiner Blutbahn, um sich mit etwas Anspruchsvollerem als seiner Post zu beschäftigen.
Egan war schon fast an der breiten Glaswand vorbei, als das unverwechselbare Geräusch von Fingerknöcheln auf Glas ihn aufhielt. Er drehte sich um und sah, dass Strand ihn zu sich winkte.
Großartig.
»Guten Morgen«, sagte Egan, während er durch die Tür trat und sie hinter sich zumachte.
Auf Strands Gesicht lag ein selbstgefälliger Ausdruck, und Lauren wich seinem Blick aus. Kein gutes Zeichen.
»Wir haben etwas über al Fayed gefunden, das Sie interessieren dürfte«, sagte Strand. Er wies auf einen Stuhl und gab Lauren ein Zeichen.
Sie fing langsam an zu sprechen und starrte dabei den Stapel Papier an, der auf ihrem Schoß lag. »Es war nicht ganz einfach, aber schließlich ist es mir gelungen, den Zusammenhang herzustellen. Nachdem al Fayed bei der CIA gekündigt hatte, ist er nach Bogotá gegangen. Dort hat er dann für das Vela-Kartell gearbeitet. Möglicherweise hatte er aber schon vorher Verbindungen zu dem Kartell.« Ihr war, als würde ihr Mund plötzlich austrocknen, und sie trank einen Schluck Wasser aus dem Glas vor sich. »Es deutet alles daraufhin, dass er ein paar von Velas einheimischen Konkurrenten liquidiert und den anderen eine Heidenangst eingejagt hat. Vermutlich dürfte es zum großen Teil ihm und Castel Velas Geschäftssinn zu verdanken sein, dass das Kartell so erfolgreich war. Nach etwa einem Jahr scheint al Fayed in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt zu sein.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Castel Vela ihn einfach so hat gehen lassen«, bemerkte Strand.
»Ich habe mit einem Beamten der Drogenfahndung gesprochen, der damals unten war, und er hat gesagt, dass niemand so genau weiß, was tatsächlich passiert ist. Die eine Hälfte sagt, dass Vela Angst vor ihm hatte, die andere Hälfte, dass er ihn wie einen Sohn geliebt hat. Wie Sie vermutlich wissen, ist Vela vor sechs Monaten gestorben, daher werden wir die Wahrheit wohl nie erfahren.«
»Warum wurde das bei der ersten Sicherheitsüberprüfung von al Fayed, die Sie durchgeführt haben, übersehen?«, fragte Strand in einem Ton, der ahnen ließ, dass er die Antwort bereits kannte.
Lauren rutschte verlegen auf ihrem Stuhl herum, sagte aber nichts.
»Ich bin ganz Ohr«, meinte Egan schließlich. »Spannen Sie mich nicht länger auf die Folter.«
»Weil die Informationen absichtlich verschleiert worden sind.«
»Wirklich? Von wem?«
»Von Ihnen.«
Egan sah Strands Assistentin an. »Sehr gut, Lauren. Ich habe Monate gebraucht, um es verschwinden zu lassen, aber Sie haben es innerhalb von drei Tagen ausgegraben. Eins mit Sternchen.«
Strand wies auf die Tür. Lauren flüchtete, bevor er es sich anders überlegen konnte. »Matt, Sie können sich wohl vorstellen, dass ich etwas überrascht war, als ich Laurens Bericht auf dem Schreibtisch hatte.«
»Fade hat kolumbianische Drogendealer auf kolumbianischem Boden getötet. So, wie ich das sehe, ist das kein amerikanisches Problem. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass wir Leute dort unten bezahlen, damit sie genau das tun.«
»Das sind offizielle Operationen – geplant und ausgeführt von der amerikanischen Regierung, um den Drogenhandel zu stören. Was al Fayed getan hat, können Sie wohl kaum damit vergleichen. Er hat systematisch schwächere Drogenorganisationen ausgeschaltet, damit Castel Vela es einfacher hat, amerikanische Kinder drogenabhängig zu machen.«
Egan nickte, aber es war klar, dass er Strand nicht zustimmte. »Hillel, in dieses Land kommt jede Woche so viel Kokain, dass man damit ein Schlachtschiff versenken könnte. Fade hat es nur getan, um ...«
»Wie viel Kokain in dieses Land geschmuggelt wird oder welche Beweggründe al Fayed hatte, tut nichts zur Sache. Sie haben nicht die Befugnis, so etwas verschwinden zu lassen. Und Sie wissen verdammt gut, dass ...«
»Fade hat es nur getan«, wiederholte Egan, der seinen Satz zu Ende bringen wollte, »um die medizinische Behandlung zu bekommen, die wir ihm hätten bezahlen sollen. Aber als er das Geld dafür hatte und wieder in den Staaten war, hatte sich bereits Narbengewebe gebildet, und es war zu spät für eine Operation. Wir sind schuld daran, dass er dort unten war.«
Strand schien das nicht im Mindesten zu interessieren. »Wie Sie meinen, Matt. Das ist alles.«
Egan stand auf, stützte sich auf den Tisch und sah seinem Chef direkt in die Augen. »Das ist noch nicht alles, Hillel. Lassen Sie die Finger von der Sache. Es wird nichts Gutes dabei herauskommen.«
Strand schwieg einen Moment, als überlegte er, ob er antworten oder Egan hinauswerfen sollte. »Ich kann nicht nachvollziehen, wie Sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen sind. Wir sind kurz davor, einen sehr talentierten, hervorragend ausgebildeten Agenten einzustellen, der fließend arabisch spricht. Das ist das Gute, das dabei herauskommen wird.«
Egan nahm die Handflächen von der kalten Tischplatte und ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen. Wenn es überhaupt eine Möglichkeit gab, Hillel Strand zur Vernunft zu bringen, dann jetzt. »Ich will es Ihnen erklären ... Der Fade, den Sie gestern gesehen haben, ist nicht mehr der Mann, den ich einmal gekannt habe. Sie können mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dass er kurz vor einem Zusammenbruch steht. Es gibt eine ganze Menge über ihn, die Sie nicht in seiner Akte lesen können.«
»Vielleicht wäre es das Beste für ihn, in ein strukturiertes Umfeld zurückzukehren, in dem er die Möglichkeit hat, das einzubringen, was er gut kann? Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht?«
»Er braucht kein verdammtes strukturiertes Umfeld!«, brüllte Egan, der die Fassung verlor. Er hob die Hand und brachte Strand zum Schweigen, bevor dieser zurückschreien konnte. Als er weitersprach, hatte er sich wieder in der Gewalt. »Es tut mir Leid. Ich habe schlecht geschlafen. Ich will es Ihnen aus einem anderen Blickwinkel erklären: Sie sagen, er sei gut. Das ist, genau genommen, eine Untertreibung. Fade gehört zu den wenigen Menschen, die besser sind als alle anderen. Eine Art Michael Jordan, aber mit einem Gewehr in der Hand anstelle eines Basketballs. Zurzeit sitzt er in seiner Scheune herum und nagelt Quiltrahmen zusammen. Und das ist etwas sehr Positives. Es gibt keinen Grund, zu ihm zu fahren und ihn zu provozieren. Man weiß nicht, wie er reagieren wird.«
Auf Strands Gesicht breitete sich ein ungläubiges Lächeln aus. »Sie fürchten sich vor ihm, nicht wahr?«
»Hillel, ich habe panische Angst vor ihm.«