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HALLO, ZWEITES ICH!

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»Weißt du, was das Problem mit den Lügen ist?«, fragte er.

»Nein«, sagte ich.

»Eine Lüge ist unwiderruflich. Sie schwebt wie eine Wolke über dir und wartet auf den richtigen Moment.«

»Und der wäre?«

»Der Moment, in dem es regnet und die Vergangenheit dich nass macht.«

»Von welcher Vergangenheit sprichst du?«

»Von deiner, mein Freund.«

»Wie bitte?«

»Ich rede von gestern, vorgestern, von letzter Woche, letztem Monat, dem ganzen letzten halben …«

»Ja, ja, schon gut«, unterbrach ich ihn. Das war ja nicht auszuhalten. Wie gerne hätte ich den Mistkerl zum Mond geschossen. Er saß auf einer Brücke, unter der ein kleiner Bach floss, schaukelte mit den Beinen und grinste mich an.

»Was willst du von mir?«, schrie ich.

»Die Frage müsste lauten: Was willst du von mir?«

»Und was will ich deiner Meinung nach von dir?«

»Du willst, dass es zu regnen aufhört. Du willst nicht mehr jeden Tag mit diesem Gefühl aufwachen. Du willst dich nicht mehr selbst belügen. Du willst frei sein. Du willst, dass die Sonne wieder scheint.«

»Kannst du dich nicht von dieser verdammten Brücke stürzen und tot umfallen? Lass mich in Ruhe. Ich will meinen Frieden!«

Ich war wütend und kurz davor auszurasten. Der Klugscheißer hatte recht, und zwar mit jedem verdammten Wort, das er sagte, und ich hasste ihn dafür. Ich hasste ihn so sehr.

»Die gute Nachricht ist«, klatschte er freudig in die Hände, »es ist vollkommen unwichtig, wer du gestern warst. Es zählt nur, wer du heute bist oder sein willst. Du musst dich nicht mehr belügen. Hör einfach auf damit. Lass es sein.«

»Hmm«, brummte ich vor mich hin. Langsam beruhigte ich mich wieder. »Darf ich dich was fragen?«

»Dafür bin ich hier.«

»Ist es okay, sich manchmal verloren zu fühlen?«

»Natürlich.«

»Und wie lange hält das an?«

»Das hängt davon ab, wie sehr du es wirklich willst. Es ist ganz allein deine Entscheidung.«

»Aber warum finde ich dann den Ausweg nicht? Ich will ja, dass es aufhört, aber … es ist … Warum ist es nur so schwer?«

Er gähnte mich gelangweilt an. Ich war fassungslos.

»Hey Arschloch, ich schütte dir mein Herz aus und du gähnst?«

»Kleiner, dir wäre schon mal sehr geholfen, wenn du endlich aufhören würdest, dich selbst zu bemitleiden. Das ist ziemlich erbärmlich. Okay, vielleicht liegt es auch an mir. Vielleicht habe ich mich in der Vergangenheit zu undeutlich ausgedrückt. Du willst ein sorgenfreies Leben führen, stimmt’s?«

»Schon, aber …«

»Nein, kein Aber!«, fiel er mir barsch ins Wort. »Menschen, die zuerst etwas bejahen, um im nächsten Augenblick mit einem Aber wieder alles zu relativieren, sind schwach und dumm und können keine klaren Entscheidungen treffen. Willst du so jemand sein?«

Wieso stellte er mir diese Frage, wenn er doch wusste, in was für einem furchtbaren mentalen Zustand ich mich befand? Mein Seelenleben war ein einziges Durcheinander. Ihm schien das allerdings große Freude zu bereiten, denn er hatte nichts Besseres zu tun, als Tag und Nacht bei mir aufzutauchen und mir ständig diese unangenehmen Fragen zu stellen.

Bei seinem ersten Besuch stellte er sich mit »Brainfucker« vor und er machte seinem Namen wirklich sofort alle Ehre.

Als ich wieder zur Brücke sah, sprang er direkt ans Steuer eines heranfliegenden blutroten Maybach Cabrio. Er nickte im Takt zu Drake, sah mir tief in die Augen und pustete eine Million Ein-Dollar-Scheine, auf denen seine grinsende Visage abgedruckt war, durch die Luft, die wenige Sekunden später mit einem lauten Knall über mir explodierten, um dann wie Goldstaub auf mich herunterzurieseln. »Hör gut zu«, rief er mir noch zu, bevor er am glühenden Horizont verschwand. »Deine drei großen Schwachpunkte sind schnell aufgezählt: Ego, Ego, Ego! Aber bevor du dir jetzt in die Hosen machst, lass dir gesagt sein, dass es im Prinzip allen Menschen so geht. Denk einfach mal darüber nach. Mein Tipp: Du bist nicht dein Ego! Also, bis morgen.«

Dann wachte ich auf. Mit Kopfschmerzen. Wie jeden Tag.

Why not?

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